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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey
Autoren: Die Kandidaten
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Bemerkung unablässig vor kriecherischen Verwandten und schmeichlerischen Angestellten, eingeleitet von den Worten: »Wie Mr Preston stets zu sagen pflegt …«
    Schon zwei Wochen nach ihrer Rückkehr übte Ruth Davenport wieder ihr Amt als Vorsitzende der Krankenhausstiftung aus und machte sich sofort daran, das Versprechen ihres Ehemannes einzulösen und eine neue Entbindungsstation für St Patrick zu bauen.
    In der Zwischenzeit nahm Miss Nichol jede Arbeit an, wie niedrig auch immer, solange es nur Ruth erlaubte, ihren Aktivitäten außerhalb des Hauses nachzugehen, während sie sich um Andrew kümmerte. Miss Nichol wurde die Kinderschwester des Jungen, seine Ratgeberin, Wächterin und Gouvernante. Doch kein Tag verging, an dem sie nicht fürchtete, dass die Wahrheit schlussendlich ans Licht kommen könnte.
    Richtig mit der Angst bekam es Miss Nichol zum ersten Mal zu tun, als Mrs Cartwright anrief und ihr mitteilte, dass sie eine Geburtstagsfeier für ihren Sohn ausrichtete und ob Andrew nicht daran teilnehmen wolle, wo er doch am selben Tag auf die Welt gekommen sei.
    »Wie freundlich von Ihnen«, erwiderte Miss Nichol, ohne mit der Wimper zu zucken, »aber Andrew feiert seine eigene Geburtstagsparty und ich bedauere sehr, dass Nat nicht zu uns kommen kann.«
    »Nun, richten Sie Mrs Davenport bitte meine Empfehlung aus und sagen Sie ihr, wie sehr wir es zu schätzen wissen, dass wir zur Eröffnung der neuen Entbindungsstation im nächsten Monat eingeladen wurden.« Eine Einladung, die Miss Nichol nicht annullieren konnte. Als Susan den Hörer einhängte, galt ihr einziger Gedanke der Frage, woher Miss Nichol den Namen ihres Sohnes kannte.
    Als Mrs Davenport an diesem Abend nach Hause kam, schlug Miss Nichol sofort vor, eine Party für Andrews ersten Geburtstag zu organisieren. Ruth hielt das für eine hervorragende Idee und überließ alle Vorkehrungen, einschließlich der Gästeliste, nur zu gern der Kinderschwester. Eine Geburtstagsparty auszurichten, bei der man kontrollieren kann, wer eingeladen wird und wer nicht, ist eine Sache; aber zu verhindern, dass sich ihre Arbeitgeberin und Mrs Cartwright auf der Eröffnung der neuen Preston-Entbindungsstation über den Weg liefen, war etwas völlig anderes.
    Genauer gesagt, war es Dr. Greenwood, der die beiden Frauen während seiner Führung durch die neue Station einander vorstellte. Er konnte nicht glauben, dass keiner bemerkte, wie ähnlich sich die zwei kleinen Jungen sahen. Miss Nichol wandte sich ab, als er in ihre Richtung blickte. Sie zog Andrew rasch eine Mütze über den Kopf, wodurch er wie ein kleines Mädchen aussah. Bevor Ruth etwas dazu sagen konnte, meinte sie: »Es wird doch recht kalt und ich will nicht, dass Andrew sich erkältet.«
    »Bleiben Sie auch nach Ihrer Pensionierung in Hartford, Dr. Greenwood?«, erkundigte sich Mrs Cartwright.
    »Nein. Meine Frau und ich wollen uns auf unseren Familiensitz in Ohio zurückziehen«, erwiderte der Arzt. »Aber bestimmt machen wir gelegentlich einen Besuch in Hartford.«
    Miss Nichol hätte am liebsten vor Erleichterung aufgeseufzt, hätte der Arzt sie nicht scharf angesehen. Nachdem Dr. Greenwood aus dem Weg war, fühlte sich Miss Nichol schon zuversichtlicher, dass ihr Geheimnis nicht entdeckt würde.
    Wann immer Andrew eingeladen wurde, sich für eine bestimmte Sache zu engagieren, sich einem Verein anzuschließen, an einem sportlichen Wettbewerb teilzunehmen oder sich für die Sommerparade einzutragen, achtete Miss Nichol stets sorgsam darauf, dass ihr Schützling nicht in Kontakt mit einem Mitglied der Familie Cartwright kam. Das bewerkstelligte sie in den prägenden Jahren des Kindes mit beträchtlichem Erfolg, ohne dabei den Verdacht von Mr oder Mrs Davenport zu erregen.
    * Zwei Briefe, die mit der Morgenpost kamen, überzeugten Miss Nichol vollends davon, dass sie keine Angst mehr zu haben brauchte. Der erste Brief war an Andrews Vater adressiert und bestätigte, dass der Junge in Hotchkiss, der ältesten Privatschule Connecticuts, zugelassen worden war. Der zweite Brief trug
    einen Poststempel von Ohio und wurde von Ruth geöffnet. »Wie traurig«, sagte sie und legte den handschriftlichen Brief
zur Seite. »Er war so ein großartiger Mann.«
»Wer?«, fragte Robert und sah von seinem New England
Journal of Medicine auf.
»Dr. Greenwood. Seine Frau hat mir geschrieben. Er ist letzten
Freitag gestorben. Mit 74 Jahren.«
»Er war ein großartiger Mann«, wiederholte Robert.
»Vielleicht solltest du
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