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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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Graves hoch. Ihr Verhalten änderte sich schlagartig.Sie legte die Ohren an, stellte das Nackenhaar auf und senkte den bisher grüßend aufgestellten Schwanz zu einen nervösen Wedeln; alles eindeutige Anzeichen von Furcht oder zumindest doch sehr großer Vorsicht. Jonathan Graves schien sich wirklich keiner allzu großen Beliebtheit zu erfreuen. Mogens’ unbestritten gehässige Schadenfreude hielt jedoch nur einen Augenblick, denn trotz ihrer eindeutigen Körpersprache bewegte sich die Katze weiter auf Graves zu; vorsichtig, aber trotzdem zielstrebig. Sie begann zu knurren, ein dunkler, grollender Laut, der eher an einen Hund erinnerte denn an eine Katze.
    »Cleopatra?«, wunderte sich Miss Preussler.
    Die Katze reagierte nicht auf ihre Stimme, obwohl sie das sonst stets tat, sondern ging weiter auf Graves zu und begann an seinen sorgsam polierten Schuhen zu schnüffeln. Graves blies eine übel riechende Qualmwolke in ihre Richtung, doch Cleopatra ließ sich nicht einmal davon verscheuchen. Sie blinzelte aus tränenden Augen zu Graves hoch, machte es sich mit gegrätschten Beinen auf seinen Füßen bequem – und verunzierte seine maßgeschneiderten Schuhe mit einer gewaltigen Portion übel riechender Katzenscheiße.
    Miss Preussler gab einen fast komisch wirkenden, quietschenden Laut von sich und hob die Hand an den Mund, um den Schrei zu unterdrücken, zu dem er eigentlich werden wollte, und auch Mogens riss vollkommen fassungslos Mund und Augen auf. Für die Dauer von einem oder zwei Herzschlägen war es ihm einfach nicht möglich zu glauben, was er sah. Wäre da nicht der bestialische, durchdringende Gestank von Katzenkot gewesen, der schlagartig das ganze Zimmer erfüllte, so hätte er sich ernsthaft eingeredet, die bizarre Szene nur zu halluzinieren.
    Miss Preussler entschlüpfte nun doch ein kleiner, keuchender Schrei. Statt auf den Mund presste sie die Hand nun auf das Herz, und ihr Gesicht verlor jedwede Farbe. Einzig Graves blieb vollkommen passiv. Nicht nur, dass er sich nicht rührte – Cleopatras Attacke entlockte ihm nicht einmal ein Stirnrunzeln oder auch nur einen missbilligenden Blick. Ersog gelassen ein weiteres Mal an seiner Zigarettenspitze, sabberte eine zähe Rauchwolke in die Luft und schnippte seine Zigarettenasche beiläufig auf die Katze. Cleopatra fauchte zornig, machte mit steifen Beinen einen Satz zur Seite und raste dann mit einem wütenden Miauen und Maunzen aus dem Zimmer. Miss Preussler stieß einen dritten, noch schrilleren Schrei aus und stürzte hinter ihr her.
    »Eine unmögliche Person«, sagte Graves. »Hat sie schon versucht, dich in ihr Bett zu kriegen?«
    Mogens hatte Mühe, ihm zu folgen. Er starrte weiter auf den braunen, übel riechenden Flatsch auf Graves’ Schuhen, der sich allmählich ausbreitete und auf den Teppich zu tropfen begann. Graves schien es nicht einmal zu bemerken. Er spielt eine Rolle, dachte Mogens. Es konnte keine andere Erklärung geben. Graves spielte eine sorgsam eingeübte Rolle, von der er sich durch nichts und niemanden abbringen lassen würde. Aber welche? Und wozu?
    »Was hast du gesagt?«, murmelte er benommen. Es kostete ihn alle Kraft, seinen Blick von Graves’ Schuhen zu lösen und ihm ins Gesicht zu sehen. Graves sonderte noch immer grauen Rauch ab. Ein Speichelfaden lief aus seinem linken Mundwinkel und zog eine glitzernde Spur über sein Kinn, aber er reagierte auch darauf nicht.
    »Unwichtig«, antwortete Graves. »Da du offensichtlich nicht in der Stimmung bist, mit mir in alten Erinnerungen zu schwelgen, reden wir über mein Angebot. Bist du interessiert oder nicht?«
    Es gelang Mogens mit einer neuerlichen, gewaltigen Kraftanstrengung, sich von dem immer heftiger werdenden Gefühl des Ekels zu lösen, das Graves in ihm auslöste, und sich auf den Grund seines Hierseins zu konzentrieren. »Wenn ich mich recht erinnere«, sagte er, »hast du mir bisher noch kein konkretes Angebot gemacht, das ich annehmen oder ablehnen könnte.«
    »Du favorisierst noch immer den komplizierten Weg, wie?«, fragte Graves kopfschüttelnd. »Gut, wie du willst. Ich bin hier, um dir eine höchst interessante und, nebenbei gesagt, auch äußerst lukrative Anstellung zu offerieren. Ich kann dir aus verschiedenen Gründen jetzt und hier keine Einzelheiten mitteilen, aber ich versichere dir, dass du zufrieden sein wirst. Es handelt sich um eine Aufgabe, die sowohl deinen Fähigkeiten als auch deinen Intentionen hundert Mal mehr entspricht als das, was du
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