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Anthologie - Das Lotterbett

Anthologie - Das Lotterbett

Titel: Anthologie - Das Lotterbett
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daß sie so etwas sagen würde und war zugleich sehr sicher, daß sie es täte, so daß mir der ganze Plan plötzlich gar nicht mehr so recht gefiel.
    »Ich will für mich selbst bezahlen. Ihr armen Kerle habt es ja nicht allzu gut.«
    Im Bus saßen wir nebeneinander und unterhielten uns recht lange, und am Abend sahen wir uns eine Wiederaufführung des Filmlustspiels »Rosemarie« an. Während der gesamten Vorstellung hielt ich ihre Hand. An den Film erinnere ich mich überhaupt nicht.
    Nach dem Kino stromerten wir sehr lange durch die Straßen Gävles, und ich erinnere mich noch daran, wie sie ständig darauf achtete, daß wir nicht zu nahe an den Marktplatz kamen. Das war sehr vernünftig von ihr, denn die Jungs aus der Stadt sahen es nicht gern, wenn Wehrpflichtige mit »ihren« Mädchen durch die Gegend zogen. Alle jüngeren Männer der Stadt waren abends am Markt zu finden. Entweder wollten sie Mädchen aufreißen oder aber saufen.
    Ich weiß noch, daß ich vorschlug, wir sollten in eine Konditorei gehen und Kaffee trinken.
    »Nein«, sagte sie. »Ich will auf keinen Fall in eine Konditorei. Ich hasse Cafes. Das bleibt wohl nicht aus, wenn man selbst jeden Tag in einer Kantine arbeitet. Gehen wir lieber zu mir nach Hause.«
    Das taten wir dann auch. Sie wohnte unten am Kanal in der Nähe des Islandsplan. Das Haus war alt und baufällig, es sollte bald abgerissen werden, aber sie sagte, daß sie sich trotzdem dort wohl fühle. Sie hatte einen separaten Eingang und bewohnte ein winziges Zimmer mit Kochnische.
    In ihrer kleinen Behausung war es warm und gemütlich. Die Einrichtung war karg: ein Sofa, ein Sessel und ein kleiner brauner Tisch. Ein großes Radio bedeckte fast das gesamte Oberteil einer Kommode, die an einer Wand stand.
    Britt, ja, so hieß sie, ging in die kleine Küche und setzte den Kaffeekessel auf. Ich hörte, wie sie mit Tassen und Tellern hantierte. Ich setzte mich aufs Sofa. In einem Zeitungskorb neben dem Sofa lag unter all den Zeitungen und Illustrierten ein Fotoalbum. Ich holte es heraus und fing an, darin zu blättern. Ich entdeckte die normalen, steifen Familienfotos. Mutter, Vater, Schwester und Bruder, Katze und Hund vor der Haustür. Oder in der Laube oder vor dem Gartenzaun. Britt war offensichtlich auf dem Lande aufgewachsen. Ich blätterte weiter und sah mir etwas gelangweilt die unscharfen Amateurfotos an.
    Aber plötzlich fuhr ich zusammen. Auf einem Bild, das etwas größer war als die anderen, lag Britt splitternackt auf einer Wolldecke. Zwar zeigte sie dem Betrachter nur den Popo, aber immerhin. Ihr schlanker Körper räkelte sich lässig auf der Decke, und sie sah mit einem Blick zur Seite, der deutlich zeigte, daß sie von der Existenz des Fotografen nicht die leiseste Ahnung hatte.
    Ich blätterte weiter und entdeckte noch ein Bild dieser Art. Jetzt hatte Britt sich umgedreht und den Fotografen offenbar erkannt. Sie sah erschrocken aus. Die Brüste ragten kiebig und frech in die Luft, und Britts Hüften und Schenkel, mit schwarzem Haarwuchs dazwischen, sahen sehr lebendig aus, sogar auf einem Foto.
    Ich saß lange still da und betrachtete dieses Bild. Ich merkte nicht einmal, daß Britt mit dem Kaffeetablett ins Zimmer kam und es auf dem Tisch abstellte.
    »Ach so, du hast das Album gefunden«, sagte sie.
    Ihre Stimme klang ein wenig resigniert, und ich muß große, fragende Augen gemacht haben.
    »Willst du dich jetzt auch schnell aus dem Staub machen, weil du findest, ich sei ein leichtes Mädchen?« Sie sah mich ernst an. »Das Bild, das du dir gerade ansiehst, ist der Grund, warum ich jetzt in dieser Stadt lebe«, sagte sie. Ihre Stimme hatte einen eisenharten Unterton.
    »Ich habe durchaus nicht die Absicht, mich aus dem Staub zu machen, und außerdem verstehe ich nicht, wie ein paar Fotos aus dir ein schlechtes Mädchen machen können«, sagte ich. Ich meinte wirklich, was ich sagte.
    »Meine Familie war jedenfalls dieser Meinung.«
    »Wie konnten zwei harmlose Fotos solchen Wirbel verursachen?«
    »Das ist leicht erklärt! Ich hatte einmal einen Verlobten oder, besser gesagt, ich kannte mal einen Knaben, der mein Verlobter sein wollte. Er rannte uns die Tür ins Haus, schmeichelte sich bei meinen Eltern ein und saß mir dauernd auf den Fersen. Er hieß Äke, und überall sprachen die Leute von uns als von ›Ake und Britt‹, als wäre eine Verbindung zwischen uns die natürlichste Sache der Welt. Alle glaubten, daß aus uns ein Paar werden würde. Aber ich
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