Anruf aus Nizza
nicht mehr auf.«
Als jetzt das Telefon auf seinem Nachttisch gedämpft schnurrte, er hatte die Glocke voll Seidenpapier gestopft, da griff er wütend nach dem Hörer.
»Was ist denn los?« rief er.
Als er die Frauenstimme erkannte, glättete sich sein Gesicht, er setzte sich auf, klemmte den Hörer mit der Schulter ein und angelte sich eine Zigarette.
»Ah, Gitta, wie geht’s euch denn? Wie fühlt sich Monika?«
»Weiß ich nicht, hoffentlich aber gut. Gestern abend ist sie mit Giulio nach Sardinien abgefahren, jetzt schwimmt sie sicherlich schon zur Insel hinüber, wenn sie nicht gar schon angekommen ist. Ich bin so schrecklich neugierig und aufgeregt.«
»Na schön, aber das hättest du mir vielleicht auch eine Stunde später sagen können, oder?«
»Nein, eben nicht. Ich mußte mit jemandem sprechen, sonst wäre ich geplatzt.«
Wolfgang gähnte. »Laß von jetzt an diese Telefoniererei. Ich habe mich von Monika in Nizza getrennt, als sie mit der YPSILON losfuhr, mehr weiß ich nicht und mehr will ich nicht wissen. Schließlich kann es sein, daß ich das beeiden muß, kapierst du endlich?«
»Ach so«, sagte sie kleinlaut. »Ja, ich glaube schon. Aber sie ist unterwegs.«
»Schön, Schluß jetzt. Ach, wer ist denn dieser Giulio Torrini? Kenne ich ihn?«
»Ich glaube nicht. Ein großartiger Bursche. Hat ein eigenes Schiff und will drüben alles für Moni managen. Wird doch ein toller Presserummel werden, und das könnte Moni allein doch nicht durchhalten, nicht?«
»Wie alt ist denn der Kerl?«
»Noch nicht ganz fünfzig.«
»Geld?«
»Eine Menge.«
»Verdammt noch mal, hättest du keinen anderen finden können? Irgendeinen soliden Fischer oder so was?«
»Giulio ist solide. Was hast du gesagt?«
»Nichts. Gegähnt. Sonst noch was?«
»Monika wollte noch wissen, was mit dem Mädchen ist.«
»Nichts ist. Alles glatt gegangen.«
» Ist sie noch in Roberts Klinik?«
»Keine Ahnung.«
»Na schön, also dann Servus.«
»Servus.«
Er hängte ein und kletterte aus dem Bett. Während er in der Badewanne saß, dachte er an dieses Mädchen in der Klinik. Vielleicht sollte er sich doch mal, wenigstens zum Schein, ein wenig drum kümmern. Sie konnte sich womöglich seine Autonummer gemerkt haben. Außerdem hatte sie doch wirklich sehr gut ausgesehen.
Er rasierte sich, frühstückte ausgiebig, sagte telefonisch einige Termine ab und machte sich auf den Weg zur Klinik. Es würde keinesfalls schaden, wenn er ihr nochmals ausdrücklich versicherte, er selbst habe sie von der Straße aufgelesen, sicher war sicher.
Waren ihre Augen eigentlich blau oder...
Er wußte es nicht mehr, aber er war in bester Laune, als er vor der Klinik hielt.
*
Am Montagabend hatte Paul Clarisch mit seinen Telefonanrufen nirgends mehr Glück gehabt, überall bekam er etwa die gleiche Antwort. Die Verwaltungen hatten schon geschlossen, er solle es doch am Dienstag früh nochmals versuchen.
Das tat er auch. Unverdrossen wählte er eine Nummer nach der anderen, und bei der achten hatte er es geschafft. Es war die Privatklinik von Dr. Berckheim, und fast überrascht hörte er die Frauenstimme sagen:
»Jawohl, ein Fräulein Irene Keltens liegt bei uns. Unfall. In der Nacht von Sonnabend auf Sonntag.«
»Unfall?« rief er. »Ist sie schwer verletzt?«
»Bedaure, am Telefon kann ich keine Auskunft geben.« Aber dann fügte sie doch hinzu: »Sie brauchen sich nicht aufzuregen, es geht ihr wieder recht gut.«
»Ich komme gleich mal vorbei, man darf sie doch besuchen?«
»Selbstverständlich.«
Er ging los und besorgte einen großen Strauß weißen Flieder, den er sorgfältig in Cellophan einpacken ließ.
Na schön, ein kleiner Unfall also. Und da er kein Telefon besaß, hatte man ihn ja auch nicht anrufen können.
Kurz vor der Klinik überholte ihn ein roter Sportwagen, ein Coupé, und hielt an der Freitreppe der Klinik.
Ein auffallend elegant gekleideter, sehr sportlich wirkender Mann stieg aus, beugte sich noch einmal in den niedrigen Wagen, holte eine große Bonbonniere heraus und stieg die Treppe hinauf. Fast gleichzeitig mit Paul kam er oben an.
Paul kam dicht hinter ihm herein, dicht genug, um ihn zu der Schwester des Empfangs sagen zu hören:
»Ich möchte Fräulein Irene Keltens besuchen. Sie ist doch noch auf Zimmer achtzehn?« Die Schwester antwortete etwas, lächelte, und Paul hörte den Fremden sagen: »Ach ja, ganz richtig! Sie waren... Sie hatten ja Nachtdienst. Verlobt?« Nun lachte der Fremde. »Nein,
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