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Annebelle - sTdH 2

Annebelle - sTdH 2

Titel: Annebelle - sTdH 2
Autoren: Marion Chesney
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für dich allein behalten
willst.«
    »Du bist
sehr unfreundlich«, sagte Minerva, »was ist nur in dich gefahren, Annabelle ?«
    »Tut mir
leid«, sagte Annabelle und brach in Tränen aus. »Aber ich möchte elegant aussehen.«
    Sie ist
noch ein richtiges Kind, dachte Minerva nachsichtig.
    »Also gut«,
sagte sie. »Trockne deine Tränen. Du kannst dir jedes Kleid aussuchen, das du
willst.«
    »Jedes?
Wirklich jedes?«
    »Jedes.«
    »Oh, danke«, rief Annabelle, deren Tränen wunderbarerweise sofort versiegten.
    »Dann komm
mit mir.«
    Eine Stunde
später war Annabelle bereit, die Treppe hinunterzugehen. Sie hatte ein
Tageskleid ausgewählt, das eine Schürze und ein eingesetztes, mit bunten
Bändern geschnürtes Mieder hatte. Es war aus indischem Musselin, weiß mit einem
kleinen, kirschroten Muster und kirschroten Seidenbändern.
    Ihr blondes
Haar hatte sie zu einem losen Knoten auf dem Oberkopf hochgesteckt, von dem
aus eine Kaskade von Ringellocken auf ihre Schultern fiel. Minerva fand,
Annabelle habe nie hübscher ausgesehen und Annabelle selbst fand das auch. Mit
großer Erbitterung stellte sie allerdings kurz darauf fest, daß all diese
Schönheit völlig verschwendet war.
    Das
Mittagessen sollte im Gelben Salon im Erdgeschoß serviert werden, einem
hübschen Raum, der einen ausgezeichneten Ausblick auf den Park bot.
    Was
Annabelle so deprimierte, war der Anblick der Tischgesell schaft. Es waren
keine Herren anwesend und, was am schlimmsten war, auch kein Lord Sylvester.
    Die
Gesellschaft am Mittagstisch bestand nur aus der Herzogin von Allsbury und Lady
Godolphin.
    Die
Herzogin war eine kleine, dicke Dame mit schön frisiertem, weißem Haar und
großen, grünen Augen, die mit dem Alter zu einer Art Stachelbeerfarbe verblaßt
waren. Äußerlich gab sie sich umgänglich, verdeckte damit aber ein ziemlich
frostiges Inneres. In Wahrheit mißbilligte Ihre Gnaden im stillen die
bevorstehende Hochzeit ihres Sohnes mit Minerva Armitage. Sie war der Ansicht,
er werfe sich weg bei dieser Verbindung mit einem kleinen Niemand aus einem
Dorfpfarrhaus. Doch Minerva konnte auf ihre Art genauso einschüchternd wirken
wie Lord Sylvester, und so hatte die Herzogin ihre Gedanken für sich behalten.
Verständlich dagegen wäre es gewesen, wenn sie Lady Godolphin abgelehnt hätte.
Lady Godolphin aber entstammte einer sehr alten Familie, und daher hatte die
Herzogin gegen die schreckliche alte Spottdrossel nichts einzuwenden.
    Annabelle
war vor Lady Godolphin noch nicht gewarnt, da sie die Bemerkungen ihrer Mutter
nicht ganz verstanden hatte, und Minerva hätte es illoyal gefunden, die Dame zu
kritisieren, die sie in die Gesellschaft eingeführt hatte.
    Lady
Godolphin war eine gedrungene Person Ende Fünfzig mit einem Bulldoggengesicht
und wasserblauen Augen. Sie trug große Mengen Perlmuttpuder über einer Schicht
bleiweißer Schminke. Zwei runde Rougeflecken starrten von ihren welken Wangen,
und eine scharlachrote Perücke krönte in geradezu atemberaubendem Winkel ihren
Kopf.
    Sie trug
ein sehr tief ausgeschnittenes, giftgrünes Samtkleid, und das alternde Fleisch
ihrer Brüste erzitterte unter der weißen Schminkschicht bei jeder Bewegung,
wie das Wasser eines Teichs unter einer dünnen Eisschicht im Winter.
    Bei ihrem
Eintreten sprang Lady Godolphin auf, und ohne darauf zu warten, daß Annabelle
ihr vorgestellt wurde, hüllte sie sie in eine warme, muffig riechende Umarmung
ein. Annabelle entzog sich ihr, sobald sie das höflicherweise konnte, und
stellte dabei fest, daß etwas von der weißen Schminke der Lady an den
kirschroten Bändern ihres Mieders
zurückgeblieben war.
    »Bist du
aber hübsch!« krähte Lady Godolphin. »Du wirst ja die jungen Burschen zum
Zittern bringen wie Gallertpudding. Ich weiß nicht, wie Charles Armitage solche
Schönheiten zustande gebracht hat. Bei seiner Leidenschaft für die Jagd sollte
man erwarten, daß er eine Handvoll fuchsgesichtiger, langnasiger
Schreckgestalten bekommen hätte.«
    »Wo sind
die Herren, Mylady?« fragte Annabelle, betrachtete besorgt die vier Gedecke
auf dem Tisch und wünschte, es seien mehr, damit sie noch eine letzte Hoffnung
hätte.
    »Sie sind
mit den Damen ausgeritten«, sagte die Herzogin ruhig. »Bitte nehmen Sie Platz,
Miss Annabelle. Ich hoffe, Ihre Reise war nicht zu ermüdend? Nein? Gut. Was für
ein hübsches Kleid Sie tragen.«
    »Ich
erinnere mich gut daran«, sagte Lady Godolphin, während alle am Tisch Platz
nahmen. »Ich habe es für Minerva gekauft.
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