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Anne in Windy Willows

Titel: Anne in Windy Willows
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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Grund beschlossen hätte, mich zu hassen, könnte sie fast eine »verwandte Seele« sein. Es wird eine ganze Weile dauern, bis Jen und ich gemeinsam über etwas lachen werden.
    Myra Pringle, Jens Cousine, gilt als die Schönheit der ganzen Schule - und ist dabei entsetzlich dumm. Sie leistet sich manchmal die tollsten Dinge. Heute im Geschichtsunterricht sagte sie zum Beispiel, »die Indianer dachten, Champlain und seine Männer seien Götter oder etwas ähnlich Unmenschliches«!
    Gesellschaftlich stellen die Pringles das dar, was Rebecca Dew die oberen Zehntausend von Summerside nennt. Es gehört zum Beispiel zum guten Ton der Pringles, einen neuen Lehrer zum Abendessen einzuladen, und folglich lernte ich schon zwei Familien aus dem Clan kennen. Gestern Abend war ich im Haus von James Pringle, dem Vater von Jen. Er sieht zwar aus wie ein College-Professor, ist aber in Wahrheit ziemlich dumm und ungebildet. Er ließ sich ausgiebig über das Thema »Disziplin« aus, wobei er mit einem unsauberen Finger auf dem Tisch herumtrommelte und ab und zu schreckliche Grammatikfehler machte. Die Summerside High-School hatte immer schon eine feste Hand gebraucht, erklärte er - einen erfahrenen Lehrer, vorzugsweise männlichen Geschlechts. Er fürchte, ich sei ein kleines bisschen zu jung, >ein Mangel, den die Zeit nur allzu bald behebt<, wie er noch freundlich betonte. Ich sagte dazu lieber nicht ein Wort zu viel. Stattdessen verhielt ich mich genauso gespielt freundlich und aalglatt wie jeder andere Pringle: Ich blickte ihn an wie ein Unschuldsengel und dachte bei mir: »Du knurriger, beschränkter Widerling!«
    Jen hat ihre Intelligenz also anscheinend von ihrer Mutter geerbt, die mir gut gefiel, in Anwesenheit ihrer Eltern war das Mädchen die Anständigkeit in Person, wenn auch der unverschämte Unterton in ihren höflichen Worten nicht zu überhören war, besonders, wenn sie »Miss Shirley« sagte. Jedes Mal, wenn sie mein Haar anstarrte, hatte ich das Gefühl, es sei noch nie so karottenrot gewesen. Kein Pringle würde jemals zustimmen, dass mein Haar kastanienbraun ist.
    Morton Pringle war mir dagegen viel sympathischer, obwohl er einem nie zuhört. Er sagte etwas zu dir, und während du etwas erwiderst, ist er in Gedanken schon mit seiner nächsten Äußerung beschäftigt. Die Witwe von Mr Stephen Pringle - in Summerside scheint es von Witwen nur so zu wimmeln -schrieb mir gestern einen netten, höflichen und zutiefst bösartigen Brief. Millie hätte zu viele Hausaufgaben. Millie sei ein empfindsames Kind, das man nicht überfordern dürfe. Mr Bell habe sie nie Hausaufgaben machen lassen. Sie sei so sensibel, ein Kind, das vollstes Verständnis braucht, so wie Mr Bell es ihr entgegengebracht hat. Sie - Mrs Stephen - sei sicher, dass auch mir das gelänge, wenn ich mich nur bemühte! Ich zweifle keinen Augenblick daran, dass Mrs Stephen mich für die Übeltäterin hielt, als Adam Pringle heute mit blutender Nase von der Schule nach Hause kam. Heute Nacht schreckte ich aus dem Schlaf hoch, als mir plötzlich einfiel, dass ich in einer Aufgabe, die ich an die Schultafel schrieb, ein »i« vergessen hatte. Mit Sicherheit hat Jen Pringle den Fehler bemerkt und die Nachricht wird jetzt im Clan die Runde machen.
    Rebecca Dew meint, bis auf die beiden alten Damen von Maplehurst würden mich alle Pringles nach und nach zum Essen einladen, um mich anschließend für immer zu ignorieren. Da sie »die oberen Zehntausend« seien, könne das bedeuten, dass ich damit aus der Gesellschaft Summersides ausgestoßen sei. Nun, wir werden ja sehen, noch ist die Schlacht unentschieden. Vorurteile lassen keine vernünftige Denkweise zu. Aber ich leide unter der Sache. Es geht mir heute noch so wie damals als Kind: Ich kann es nicht ertragen, wenn Leute mich nicht mögen. Und es ist wirklich keine erfreuliche Vorstellung, dass die Eltern der halben Klasse mich nicht leiden können, obwohl ich wirklich nichts dafür kann. Es ist diese Ungerechtigkeit, die mich quält!
    Die anderen Schüler mag ich sehr gerne. Es sind einige wirklich kluge und ehrgeizige dabei, die großen Wert auf eine gute Bildung legen. Lewis Allen zum Beispiel zahlt seine Miete ab, indem er in seiner Pension die Hausarbeit verrichtet, und er tut es ganz selbstverständlich. Und Sophy Sinclair reitet auf der alten grauen Stute ihres Vaters zur Schule, das sind immerhin jeden Tag sechs Meilen hin und sechs Meilen zurück. Es gehört ganz schön Mut dazu! Und ich denke mir, wenn
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