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Anna und Anna (German Edition)

Anna und Anna (German Edition)

Titel: Anna und Anna (German Edition)
Autoren: Charlotte Inden
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Schwester auf.«
    Benni sitzt neben mir und schaut mir zu, wie ich schreibe. Mein Bett ist groß genug für uns beide, meinen Block und seinen Kuscheltiger, den er aus dem Exil geholt hat, dem obersten Regalbrett. Es ist gut, dass Benni da ist. Aber es ist auch schwer, die große Schwester zu sein, denn ich muss ja für ihn mit stark sein, darf also eben nicht zusammenbrechen, ausflippen oder laut rumheulen.
    Dabei hilft, dass ich durch und durch taub bin. Ungefähr so wie ein eingeschlafenes Bein fühle ich mich. Ich glaube, ich könnte gegen die Wand laufen und es täte nicht weh.
    Benni glaubt das nicht, er sagt, ich soll es ausprobieren …
     
    … es tut weh.
    Benni hat so gelacht, als ich auf einem Fuß durch mein Zimmer gehopst bin, dass er fast vom Bett gefallen ist. Darüber musste ich wieder lachen, leider ist das Lachen plötzlich zu einem Weinen geworden. Das hat Benni erschreckt, aber er hat gewusst, was zu tun ist, er hat seinen Kuscheltiger mit mir geteilt.
    Hier sitzen wir drei nun und schmiegen uns aneinander. Der Tiger macht es zugegebenermaßen am besten. Er ist weich und warm und ruhig, wir dagegen sind nach wie vor ziemlich zittrig, vielleicht merkst du es an meiner Schrift.
    Henri hat Mama gesagt, sie wollen im Krankenhaus herausfinden, ob Oma einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall hatte. Wir wissen bis jetzt nur sicher, dass Oma umgekippt ist. Das ist hier ja nun schon öfter passiert, erinnerst du dich an die Geschichte mit der Kastanie? Da hat sie doch erzählt, sie sei nicht schwindelfrei und deshalb abgestürzt. Aber wenn es nun schon damals etwas viel Schlimmeres war?
    Oh Gott, das Telefon! …
     
    … Es geht ihr gut, es geht ihr gut.
     
    Anna
     
    PS
    Was wäre die Welt nur ohne Kapitän Hook?
    »Hook«
     

     
    Bloom,
     
    verdammt, jetzt habe ich fast einen Herzinfarkt gekriegt!
    Ehrlich, mach das bitte nicht noch mal. Ja, die Warnung war gut (sonst wäre mir wahrscheinlich wirklich das Herz stehen geblieben), aber könnten wir beim nächsten Notfall (von dem ich natürlich inständig hoffe, dass es ihn nicht geben wird) vielleicht einmal die Briefe Briefe sein lassen und einfach das Telefon benutzen? Ich meine sofort?
    Ich habe ja angerufen. Hat dein Bruder das erzählt? Du warst gerade nicht da, doch Benni hat mir versichert, dass die Oma wieder gesund würde. Hätte die Oma gesagt.
    Helen, James und ich sind alle sehr froh. Ich drücke ihr aber weiter ganz fest die Daumen. Nur für alle Fälle. Denn obwohl deine Oma die stärkste Oma der Welt ist, kann man Glück doch immer brauchen. Meinst du nicht?
     
    Herzlich, wirklich,
    dein Jan
     
    PS
    Noch einmal, Freunde, trieb es mich hinaus auf See.
    »Die siebente Reise Sindbad des Seefahrers«
     

     
    Lieber Jan,
     
    danke für deinen Brief. Ich übe jetzt jeden Tag das Telefonieren mit Marie-Luise.
    Sindbad gefällt mir. Der lässt sich nicht unterkriegen, nein? Der ist immer wieder hinaus aufs Meer, obwohl er da doch von einem Schiffbruch in den nächsten geriet. Da ist er tatsächlich wie Oma. Und genau wie Sindbad übersteht Oma auch immer alles. Sogar ihr schwaches Herz! So eines hat sie nämlich wohl. Kann man kriegen, wenn man schlimmen Zucker hat.
    Eigentlich dachte ich ja immer, Oma B. wäre eher Long John Silver (wegen des Beins und weil er so einen tollen Namen hat) oder eben Kapitän Ahab (wieder wegen des Beins, aber vor allem wegen unserer österreichischen »Moby Dick«).
    Ich persönlich sympathisiere ja nach wie vor am meisten mit der Seeräuber-Jenny. Wie sie lebe ich unter lauter normalen Menschen, die nicht ahnen, dass in mir ein Pirat schlummert. Wenn mir zum Beispiel einer meine Oma wegnehmen wollte, würde ich wild werden. Richtig wild!
    Das ist inzwischen auch meine Theorie zur Jenny: Sie ist nicht so gnadenlos und lässt alle töten, weil sie böse ist, sondern weil sie Rache nimmt. Das muss so sein! Wo nähme sie sonst ihre Kaltblütigkeit her?
    Diese hier: »Und wenn dann der Kopf fällt, sage ich: Hoppla!«
     
    Gegen alle Feinde gut gerüstet
    Anna
     
    PS
    Und an diesem Mittag wird es still sein am Hafen
    Wenn man fragt, wer wohl sterben muss.
    »Die Seeräuber-Jenny«
     

     
    Lieber Jan,
     
    ja, wir haben Oma aus dem Krankenhaus geholt. Gestern. Der Himmel war von grauestem Novembergrau, der Wind eisig, aber ich fand es trotzdem einen unfassbar schönen Tag. Ich war glücklich.
    Bis wir das Krankenhaus betraten.
    Obwohl Krankenhäuser die Menschen gesund machen sollen, machen sie mir Angst.
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