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Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen

Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen

Titel: Anna Strong Chronicles 05 - Blutrotes Verlangen
Autoren: Jeanne C. Stein
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schützen. Ich habe von dir nichts zu befürchten.«
    Selbst als ich dicht an ihr Bett trete, ändern sich ihre Miene und ihr Tonfall nicht. Sie ist unbekümmert und voller Verachtung. »Du bist ein dummes Mädchen. Wie meine Schwester. Es war ein Fehler, mir hierher zu folgen. Ein Fehler, den du bald bereuen wirst. Ich werde mich hier ein wenig ausruhen, und dann kehre ich zurück. Ihr werdet es nicht kommen sehen. Keine von euch beiden.«
    Ich bewege mich, ohne nachzudenken, ohne zu zaudern. Der Dolch fährt ganz leicht hinein. Unter der linken Brust. Die Klinge trifft auf keinerlei Widerstand. Ich beuge mich dicht über Burke und flüstere ihr ins Ohr: » Du hast den Fehler gemacht, alte Frau. Du verwechselst Menschlichkeit mit Schwäche. Ich werde die, die ich liebe, immer beschützen. Immer.«
    Ich beobachte, wie die Überraschung in ihren Augen erblüht und erlischt, wie das Leben verrinnt. Ich halte den Druck auf der Klinge, bis ich das letzte schwache Flattern ihres Herzens spüre, und sehe zu, wie ihre Brust langsam und tief herabsinkt, als sie ihren letzten Atemzug tut. Als ich den Dolch herausziehe, vermischt sich der Kupfergeruch ihres Blutes mit den Ausscheidungen eines Körpers, der bereits zu verfaulen beginnt.
    Es ist der Geruch des Sieges. Der Dolch in meiner Hand ist plötzlich schwerelos. Das Amulett beginnt wieder zu glühen, doch diesmal aus einem anderen Grund. Ich verstehe die Botschaft. Meine Zeit ist fast um. Wieder sagt mir der Instinkt, was ich tun muss. Ich umfange den Talisman mit der Hand. Der Raum verschwimmt mir vor den Augen, die Nacht senkt sich herab. Dann rieche ich Rauch, einen bestimmten Geruch, Weihrauch. Ein Geräusch, der Singsang der Hexen.
    Ich blinzele und bin zurück. Der Hexengesang bricht ab. Sie drängen sich um mich, begierig zu erfahren, was geschehen ist und wie die Reise war. Ich finde keine Worte. Es ist, als gehörten die letzten zehn Minuten jemand anderem. Als ich sie in Gedanken noch einmal durchlebe, empfinde ich nur eines – Erleichterung. Dass ich wieder da bin.
    Dass Burke tot ist. Dass Sophie und ich in Sicherheit sind. Susan runzelt die Stirn. »Fehlt dir etwas?«
    Ich schüttele den Kopf, aber nicht als Antwort, sondern um ganz zu mir zu kommen. »Ich glaube nicht.«
    Min nimmt mir sanft den Dolch aus der Hand. Bis zu diesem Augenblick habe ich gar nicht gemerkt, dass ich ihn noch festgehalten habe. Burkes Blut klebt an der Klinge. »Ist sie tot?«
    »Ja.« Von meiner Hand gestorben. Ich blicke an mir herab. Da ist kein Blut.
    Als ich wieder aufschaue, sehe ich, wie dringend die drei alle Einzelheiten hören wollen. Ihre Gesichter leuchten vor Aufregung. Dies war ebenso sehr ihre Reise wie meine. Sie haben es verdient, von mir zu hören, wie ihr Zauber gewirkt hat. Aber ich kann es nicht, nicht jetzt. Meine Gedanken und Gefühle kreisen nur um eines – ich muss Sophie sagen, dass ihre Schwester tot ist.
    Ehe ich die drei verlasse, bedanke ich mich für ihre Hilfe und verspreche, bald wiederzukommen. Die Sorge um mich, die ich in ihren Augen erkenne, ist wie ein Umhang, der mir während des gesamten Heimwegs schwer auf den Schultern liegt.
    Kapitel 58
    Als ich zu Hause ankomme, wartet Sophie schon auf mich. Sie sitzt unten im Dunkeln und zittert.
    Sie hat sich fest in eine Decke gewickelt, zum Schutz gegen eine Kälte, die nur sie fühlt. Ihre Augen glitzern in dem bisschen Licht, das durch die Fenster hereinfällt. Tränen stehen darin, die schimmern und funkeln wie Edelsteine und das Mondlicht so hell spiegeln, dass es die Nacht zum Tage machen könnte.
    Ihr stockt der Atem, als sie mich sieht. Ich bleibe an der Tür stehen. Sie weiß Bescheid. Als ich das Licht einschalten will, sagt sie mit einer Stimme wie ein geisterhaftes Echo: »Nicht.«
    Ich lasse die Hand sinken. »Es tut mir leid.«
    »Das ist nicht wahr«, entgegnet sie.
    »Ich bedauere es nicht, dass ich Belinda getötet habe. Es musste sein. Aber für dich tut es mir leid.«
    Sophies Stimme klingt erstickt. »Zumindest bist du ehrlich. Aber Belinda hätte dir nichts tun können. Sehr lange nicht. Das musst du doch gesehen haben.«
    Gesehen habe ich eine bösartige alte Frau, die bereits Pläne geschmiedet hat, wie sie sich an mir rächen wollte – und an Sophie. Doch was ich jetzt vor mir sehe, ist eine Frau, die um ihre tote Schwester trauert. Ich frage mich, woher sie es wusste. Ich presse die Handballen auf die Augen. Ich habe mal gehört, dass Zwillinge eine Art übernatürlicher
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