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Animal Tropical

Animal Tropical

Titel: Animal Tropical
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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Perversen. Darum schreibe ich Romane. Ich schreibe auf, was ich im wirklichen Leben gern tun würde: Gloria zu Mittag im Ofen schmoren.«
    »Mein Gott, wie entsetzlich! Ich muss mich wirklich von dir trennen, du Dreckskerl, aber jeden Tag mag ich dich mehr.«

5
    Ich gewann achtzig Pesos mit der Neunundvierzig. Humphrey Bogart brachte mir Glück. Die anderen Nummern waren keine Treffer. Um das Geld zu kassieren, musste ich zum Haus des Bankhalters in eine Gasse hinter der Universität. Er ließ mich eine ganze Zeit lang warten, stehend, an der Tür. Die Leute tun sich immer schwer, ihr Geld herauszurücken. In einer Ecke standen zwei riesige Werbetafeln. Auf einer davon stand in Riesenbuchstaben: »Wir müssen eine Partei aus Stahl errichten.« Auf der anderen waren ein paar tanzende Mulattinnen, und es verkündete: »Havanna-Night. World Tour 1999-2000«. Auf den Mulattinnen stand in roten Buchstaben: »Made in Cuba – Made in Cuba – Made in Cuba – Made in«. Als ich endlich meine achtzig Pesos kassiert hatte, kehrte ich nach Hause zurück. Ich hatte nichts zu tun, wie immer. Es wurde Abend, und die Ecke San Lázaro und Perseverancia war dunkel und ruhig. Es mochte etwa acht Uhr sein. Polizisten an jeder Ecke. Ruhe und Frieden.
    Plötzlich taucht eine keifende Negerin auf. Sie hat einen Mulatten aus Oriente bei sich, dünn, unterernährt und betrunken bis zum Gehtnichtmehr. Mit verschränkten Armen und ohne den Mund aufzumachen lehnt sich der Typ an die Wand, um nicht hinzufallen. Und die Schwarze in ihrer Empörung: »Komm schon, los, los, bleib da nicht stehen! Komm, komm, weiter geht’s, weiter geht’s!«
    Der Kerl sah sie an, hatte aber bestimmt vier schwarze Weiber vor Augen. Er hatte so viel Alkohol getrunken, dass er nichts hörte. Drei Polizisten sahen alldem aus der Entfernung zu. Die Schwarze sah sie aus den Augenwinkeln und keifte weiter, als wollte man ihr das Fell abziehen:
    »Los jetzt, komm schon, komm schon, bleib nicht stehen!«
    Sie gestikulierte vor seinem Gesicht herum und stieß ihn. Der Mulatte ließ die Arme sinken und sagte mit matter Stimme zu ihr:
    »Geh! Lass mich in Ruhe.«
    Es war wie eine Explosion. Die Schwarze begann ihn noch mehr zu stoßen und anzuschreien, als wäre sie von Sinnen. Völlig hysterisch wollte sie ihn zu Boden werfen. Ein Polizist kam näher.
    »Bürger, was ist hier los?«
    Der Kerl sieht den Polizisten und reißt erschrocken die Augen weit auf. Unter großen Anstrengungen schafft er es, noch einen Satz zu artikulieren:
    »Sie soll mich in Ruhe lassen.«
    Unter Stößen schreit die Frau weiter auf ihn ein:
    »Komm jetzt, komm jetzt, du kannst hier nicht bleiben, du kannst hier nicht bleiben!«
    Der Polizist bleibt hartnäckig:
    »Bürger, ich wiederhole, was ist hier los?«
    Der Typ ist betäubt. Er antwortet nicht. Die Frau hebt ihre Stimme noch mehr.
    »Sehen Sie? Er ist ein Problem. Er sucht den Konflikt. Wie konnte ich mir nur einen solchen Mann zulegen? Ich lerne es nie! Ich lerne es nie!«
    Der Polizist, ganz gelassen:
    »Bürger, zum dritten Mal, was ist los? Geben Sie mir Ihren Ausweis.«
    Der betäubte Mann sieht den Polizisten mit glasigen Augen an. Er sucht in der Tasche seines Hemdes, reicht ihm den Ausweis und verschränkt wieder die Arme. Der Polizist nimmt den Ausweis, geht ein paar Schritte zur Seite und ruft über Sprechfunk die Zentrale. Die beiden anderen Polizisten sehen aus vier Meter Entfernung zu. Die Frau kreischt immer weiter:
    »Sehen Sie? Immer ist er auf Arger aus!«
    Der Polizist fragt sie: »Ist er Ihr Ehemann?«
    »Immer auf Arger aus. Sehen Sie? Immer dasselbe. Nichts als Probleme.«
    Mit verschränkten Armen an die Hauswand gelehnt, schweigt der Mulatte weiter. Ein Streifenwagen fährt heran und bleibt stehen. Der Polizist schiebt den Mann in den Wagen, und sie nehmen ihn mit. Ruhig geht die Schwarze weiter und sagt zu dem Polizisten:
    »Genau das hat er verdient. Gut gemacht. Soll er doch in der Zelle schlafen. Er will immer nur Ärger, nichts als Ärger!«
    Der Polizist geht wieder zu den anderen beiden zurück, und leise diskutieren sie unter sich. Vier, fünf Leute sind noch stehen geblieben, um der Szene zuzusehen, und wir alle gehen jetzt weiter. Ich betrete mein Haus und steige die Treppen hoch. Immer geht mir dasselbe durch den Kopf, während ich Stufe für Stufe erklimme: »Immer schön positiv, Pedrito, das ist gut fürs Herz. Los, immer schön nach oben wie ein echter Mann.« Acht Stockwerke. Ich komme zum
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