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Angst auf der Autobahn

Angst auf der Autobahn

Titel: Angst auf der Autobahn
Autoren: Stefan Wolf
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Gefieder bunte Tupfer in das vielfältige
Grün.
    Spelter und Willert hatten den
Mercedes an einer nahen Straße zurückgelassen. Er war hinter Büschen geparkt
und würde nicht auffallen.
    Willert hatte einen Rucksack
geschultert. Der enthielt das Wäscheseil. Angeblich sollte damit der Junge
hochgezogen und dann gefesselt werden, um ihn zum Wagen zu schleppen.
    Sie redeten wenig. Spelter
schwitzte. Er war Fußmärsche nicht mehr gewöhnt und fühlte sich ausgelaugt.
    Endlich erreichten sie die
Lichtung. Sie verharrten. In der Vormittagssonne wirkten die verfallenen
Gebäude des Ruffiedler-Hofs malerisch. Wie die Kulisse zu einem bäuerlichen
Film — eine Kulisse, die einen Schlußpunkt setzt hinter Generationen aufrechter
Landwirte, Mädge und Großknechte — einschließlich edler Gäule und grunzender
Schweine.
    „Und wo ist der Brunnen?“
fragte Spelter.
    Er widerstand dem Puddinggefühl
in seinen Knien und dem Wunsch, sich ins feuchte Gras niederzulassen.
    „Dort!“ Willert streckte den
Arm aus.
    Dann standen sie am Rande des
ausgetrockneten, 13 Meter tiefen Wasserschachtes.
    Willert begann, die abdeckenden
Bretter beiseite zu schieben.

    Spelter rührte sich nicht.
    „Hilf mal!“
    „Hat da wer geschrien?“
    „Na, wer wohl! Der Bengel,
natürlich!“ meinte der Ausbrecher ungerührt.
    Jetzt drang Jörgs dünnes und
vom Rufen heiseres Stimmchen herauf.
    „Hilfe! Hilfe! Ich bin hier
unten. Helft mir! Ich will raus. Holt mich raus! Oh! Gott sei Dank!“
    Willert beugte sich über den
Rand und grinste hinunter ins Dunkel. Erkannte ihn der Junge? Er war verstummt.
    „Guck mal runter“, forderte
Willert seinen Komplicen auf.
    Auch Spelter beugte sich über
den Rand. Willert trat einen Schritt zurück, griff sich ein kurzes Brett und
schlug damit zu. Spelter wurde am Hinterkopf getroffen, war augenblicklich
bewußtlos und hing schlaff über dem Rand.
    „...ist nur wegen deiner 80 000
Piepen“, murmelte Willert und schlang das Wäscheseil um ihn.
    Spelter wurde über den Rand
geschoben und baumelte jetzt im Brunnen. Der Bewußtlose wurde Hand über Hand
hinuntergelassen.
    Der Ex-Häftling hing in einer
weiten Schlinge.
    Als er etwa ein Drittel der 13
Meter zurückgelegt hatte, wobei sich sein Körper um sich selbst drehte —
rutschte er aus dem Seil.
    Jörg, der noch nicht begriffen
hatte, was da von oben auf ihn zukam, konnte beiseite springen und preßte sich
an die Brunnenwand.
    Hart schlug der Verbrecher
neben ihm auf, ohne aber den Jungen zu berühren.
    Jörg schrie. Willert lachte
dröhnend, und jetzt erkannte ihn der Junge. Spelter kippte gegen ihn. Jörg
stieß den Bewußtlosen weg. Und schrie und schrie und schrie.
    Später würde sich
heraussteilen: Spelters Beine waren beide gebrochen, ebenfalls das rechte
Hüftgelenk. Außerdem war der untere Teil seines Rückgrats so erheblich
verletzt, daß der Verbrecher den Rest seines Lebens im Rollstuhl verbringen
würde.
    Willert deckte die Bretter
wieder über den Brunnen.
    Wie friedvoll die Landschaft
war.
    Er lief zum Wagen zurück. Den
Autoschlüssel und auch den Schlüssel zu Spelters Wohnung hatte er dem
ehemaligen Komplicen abgenommen.
    Willert fuhr mit dem Mercedes
zu seinem Schlupfwinkel.
    Als er in die Straße einbog,
stockte ihm der Atem.
    Vor dem Haus hatten sich Leute
versammelt, mindestens ein Dutzend. Sie redeten aufgeregt. Man zeigte zu dem
Bungalow. Eben kamen zwei Männer von der Rückfront nach vorn.
    Kein Zweifel! Man hatte den
Einbruch entdeckt.
    Willert biß sich auf die
Lippen, fuhr rasch an der Gruppe vorbei und begann wieder zu grinsen.
    Na und? Er büßte die Gewehre
ein. Sonst nichts. Das nahm ihm zwar die Möglichkeit zu weiteren Anschlägen an
der Autobahn. Aber er hatte immer noch die Pistole.
    Jetzt würde er sich erst mal
die 80 000 aus Spelters Bude holen und dann... ja, warum eigentlich nicht! ...
Es war doch gar nicht so dumm, wenn er sich wenigstens für heute bei seiner
Mutter verkroch. Dort hatten die Bullen schon rumgeschüffelt. Diese Adresse war
nicht mehr heiß.

23. Im Vollrausch verhaftet
     
    Tim, Karl, Klößchen und Gaby
legten die weite Strecke zum Ruffiedler-Einöd-Hof mit den Bikes zurück, trafen
also — von Karl geführt — erst am späten Vormittag ein. Für Oskar war die
Strecke zu weit. Er mußte zu Hause bleiben, zumal es heute sehr schwül war.
    Am Ziel, wo der
landwirtschaftliche — und inzwischen mit Gras überwucherte — Weg endete,
schoben sie ihre Stahlrosse.
    „Idyllisch!“ rief
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