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Angst auf der Autobahn

Angst auf der Autobahn

Titel: Angst auf der Autobahn
Autoren: Stefan Wolf
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jagdbaren Wild zu entvölkern.
    Er hatte geladen und zog jetzt
das Gewehr an die Wange.
    Durchs Fernrohr beobachtete er
die Wagen auf der Autobahn.
    Es herrschte reger Verkehr — in
beiden Richtungen.
    Willert konnte auch die
Fahrzeuge auf der gegenüberliegenden Fahrbahn ins Visier nehmen. Aber diese
Zielscheiben überließ er seinem Komplicen. So war’s verabredet.
    Spelter, ausgerüstet mit einer
Remington78, hatte sich etwa 1500 Meter entfernt postiert: auf der anderen
Seite — Richtung Plessendorf. Er hatte zwei Sprechfunkgeräte gekauft, die jetzt
von den beiden benutzt wurden.
    Jeder hatte sich seinen
Kopfhörer übergestülpt. Und sie unterhielten sich, als gelte es Kontakt zu
halten während einer Wanderung durch unbekanntes Gebiet.

    „Wohin die nur alle wollen“,
meinte Willert.
    „Die Deutschen sind ein Volk
von Autofahrern“, erwiderte Spelter drahtlos aus der Ferne.
    „Aber nur wenige Laster sind zu
sehen.“
    „Eigentlich gar keine.“
    „Doch. Zwei sind
vorbeigerauscht.“
    „Auf meiner Seite war keiner.“
    „Wir beginnen punkt halb drei.“
    „In drei Minuten also“, meinte
Spelter. „Hoffentlich treffe ich noch gut.“
    „Du warst doch früher
Sportschütze.“
    „Ja, früher“, meinte Spelter
unfroh.
    „Egal, das verlernt man nicht.
Außerdem wird man uns ein paar Fehlschüsse nicht krummnehmen.“
    „Bestimmt nicht.“ Willert
feixte. „Eher die Treffer.“
    „Noch zwei Minuten.“
    „Wir zielen nur auf die
Reifen.“
    „Alles klar.“
    „Und jeder 20 Schüsse.“
    Danach — das hatten sie
verabredet — würden sie sich an der unbelebten Landstraße treffen, wo Spelters
Wagen parkte.
    „Jetzt noch eine Minute“,
verkündete der Ex-Häftling. „Nervös?“
    „Keine Spur.“
    „Es klingt so.“
    „Ich muß daran denken, ob mein
Säure-Anschlag gelaufen ist? Wahrscheinlich erfahre ich das erst am Montag aus
der Zeitung.“
    „Oder du kriegst Besuch von den
Bullen.“
    „Sollen sie kommen. Mir ist
nichts nachzuweisen.“
    „Jetzt, Horst! 14.30 Uhr. Es
ist soweit. Hast du einen im Visier?“
    „Einen weißen Opel. Ein
Insasse. Jüngerer Mann. Er grinst. Wahrscheinlich hört er Radio.“
    „Feuer frei!“
    Willerts Kugel peitschte heraus.
Das Projektil schlug in die Radkappe eines schwarzen VW, in dem ein Pärchen
saß. Der Wagen schlingerte, blieb aber auf der Fahrbahn.
    Willert sah noch für eine
Sekunde die entsetzten Gesichter — und wie die Radkappe über die Fahrbahn
trudelte.
    Dann zerschoß er einem BMW den
rechten Vorderreifen.
    Der Wagen, mit drei Männern
besetzt, scherte aus, preschte über die Standspur und den Hang hinauf, kippte
dann um und überschlug sich. Zweimal kugelte er seitlich, blieb dann stehen auf
den Rädern.
    Willert ,erlegte’ — wie er’s
bei sich nannte — einen zweiten BMW mit einer Frau und zwei Jungen, einen
Kleinbus mit vier ausgeflippten Typen, die sich ,Hell Devils’ nannten und sich
als Musikgruppe sahen, einen schwarzen Ford mit einem älteren Ehepaar, ein Taxi
samt Fahrer, einen Renault mit zwei Frauen und einen Lieferwagen, der frische
Landeier geladen hatte und auf dem Randstreifen umkippte.
    Willert hielt diese ,Ausbeute’
für ansehnlich, aber sein Komplice schaffte einen Wagen mehr.
    Insgesamt erlitten also 15
Fahrzeuge erheblichen Sachschaden, fünf davon Totalschaden.
    31 Personen wurden verletzt,
elf leicht, 20 mußten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Fünf — davon drei
Frauen — mußte sich einer sofortigen Operation unterziehen.
    Getötet wurde niemand. Auch die
Schwerverletzten befanden sich Stunden später nicht mehr in Lebensgefahr.
    Auf dem Autobahn-Abschnitt
brach Chaos aus. Es kam zu Auffahrunfällen. Rettungswagen mußten sich
durchquälen. Hubschrauber der Polizei und der Unfallrettung kreisten über dem
Gebiet und versuchten, in der Nähe zu landen.
    Unaufhörlich heulten
Unfallsirenen. Nach Schutz- und Verkehrspolizei erschien die Kripo vor Ort.
Zeugen wurden vernommen, Aussagen protokolliert. Der Polizeipräsident, der
eigentlich dienstfrei hatte an diesem Wochenende, traf ein. Wenig später der
Ministerpräsident, den man aus seinem Ferienhaus hatte herholen müssen.
    Schon nach kurzer Zeit stand
fest: Scharfschützen, mindestens zwei, hatten ein Schützenfest veranstaltet.
Suchhunde fanden Patronenhülsen. Anhand dieser ließ sich vermuten, daß es sich
um Langwaffen des Typs handelte, die in Wichtigmanns Jagdhütte gestohlen worden
waren.
    Keine weitere Spur von den
Tätern.
    Natürlich
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