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Angst auf der Autobahn

Angst auf der Autobahn

Titel: Angst auf der Autobahn
Autoren: Stefan Wolf
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noch nicht.“ Er
strahlte.
    „Nein.“
    „Meine Freunde und ich“, er
wies zur Straße, „volontieren auf der staatlichen
Kriminalisten-Nachwuchs-Landes-Akademie. Kennen Sie, ja?“
    „Nein.“
    Kann sie auch nicht kennen,
dachte er, denn sowas gibt’s leider noch nicht. Aber er schwindelte weiter.
    „Zu unseren Hausaufgaben übers
Wochenende gehört ein Nachforschungs-Auftrag, der sich — leider muß ich es
sagen — mit Ihrem Sohn befaßt, der ja nun — törichterweise — ausgebrochen ist.“
    „Ja. Leider.“

    „Das wirkt sich nur scheinbar
strafverkürzend aus. Denn wenn er gefaßt wird, verlängert sich sein Einsitzen.“
    „Ja. Leider.“
    Sie bewegte sich etwas, so daß
Tim jetzt auch die andere Gesichtshälfte sah. Dort hing die Zigarette im
Mundwinkel.
    „Wir wollen Sie nicht lange
aufhalten“, sagte Tim, „sondern lediglich etwas fragen.“
    „Bitte!“
    „Hat sich Ihr Sohn schon bei
Ihnen gemeldet?“
    „Nein! Hat er nicht! Wird er
auch nicht. Weil er weiß: Ich würde die Polizei verständigen.“
    „Man kann Ihnen nur gratulieren
zu dieser gesetzestreuen Einstellung.“
    „Danke!“
    „Uns ist bekannt“, fuhrt Tim
fort, „daß Ihr Sohn früher mit einem gewissen Horst Spelter befreundet war. Der
war ebenfalls im Gefängnis, wurde aber ordnungsgemäß entlassen. Die
Freundschaft der beiden liegt zwar lange zurück. Aber sowas kann man ja wieder
auffrischen.“
    „Hm.“
    „Kennen Sie diesen Spelter,
Frau Willert?“
    „Nein.“
    „Dann war er auch nicht hier,
um nach Ihrem Sohn zu fragen?“
    „Nein. Niemand. Nur die Polizei
war hier.“
    „Vielen Dank, Frau Willert.
Mehr wollten wir nicht wissen. Gute Nacht!“
    Sie antwortete nicht, sondern
schloß lautlos die Tür.
    Tim ging zu seinen Freunden.
    „Wo kann man sich anmelden für
die Kriminalisten-Nachwuchs-Landes-Akademie?“ fragte Karl grinsend. „Kleine
Notlügen führen zum Ziel“, erwiderte Tim. „Nämlich?“
    „Die Willert lügt“, er dämpfte
die Stimme. „Das heißt, mit ihr kann man nicht rechnen. Sie ist sicherlich
verzweifelt wegen ihres Sohnes, aber sie verpfeift ihn nicht. Das bedeutet in
letzter Konsequenz, sie würde ihn auch in ihrem Hause verstecken. Und für uns
ist es gut, das zu wissen.“
    „Du glaubst, der ist hier?“
fragte Gaby erstaunt.
    „Noch nicht. Aber es könnte
dazu kommen.“ Tim grätschte mit dem linken Bein übers Rad. „So, Gaby. Jetzt
machen wir’s uns bei dir gemütlich — und ich stelle zur Diskussion, was mich
beunruhigt.“
    „Dich beunruhigt was?“
    Er nickte. „Meine Brunnologie.“
    Seine Freunde sahen ihn
verständnislos an.
    „Geht dir einer, der Bruno heißt,
auf den Keks?“ erkundigte sich Klößchen.
    „Es geht nicht um einen Bruno.
Es geht um Brunnen. Und es ist irgendwie mystisch. Aber das erzähle ich
nachher.“

21. Brunnologie
     
    Oskar begrüßte TKKG, als wären
sie tagelang weggewesen. Gaby hatte ihn vorhin mit seinem Fressen versorgt, und
die Schüssel war wie immer blankpoliert. Oskar, verfressen wie es nur
Cocker-Spaniel sind, leckte seine Schüssel aus bis zum letzten Krümel.
    Alle zogen die nassen
Turnschuhe aus. Die Jungs wechselten die Sweatshirts, Gaby zog sich total um
und trug bestickte Edeljeans mit dazu passender Bluse, als sie aus ihrem Zimmer
zurückkam.
    „Gehen wir noch in die Disko?“
fragte Karl lachend. „Wieso?“ meinte Tims Freundin. „Man kann sich doch auch zu
Hause hübsch machen. Ist alles eine Frage des Stils. Den hat man, oder man hat
ihn nicht.“
    „Ob zu Hause oder draußen“,
meinte Tim und rückte dicht neben seine Freundin, „du siehst immer bezaubernd
aus. Zum Anbeißen. Zum... ich könnte mich verlieben in dich.“
    „Brunnologie!“ erinnerte Karl
grinsend.
    „Ja“, meinte Klößchen. Er schob
sich ein Stück Schoko in den Mund. „Was ist damit?“
    Tim lehnte sich zurück, verzog
das Gesicht, bleckte die Zähne, schlug die langen Beine übereinander,
verschränkte die Arme und verengte die Augen zu Schlitzen.
    „Keine Pantomimik!“ sagte Gaby.
„Sondern sag bitte, was Sache ist.“
    „Tja“, begann der
TKKG-Häuptling. „Es könnte sein, ihr haltet mich für übergeschnappt.“
    „Das wäre nicht das erste Mal“,
meinte Klößchen.
    „Ich finde mich ja selbst etwas
sonderbar.“
    „Sowas ist manchmal“, wußte
Karl, „der erste Schritt zur Heilung.“

     
    Alle grinsten.
    „Spinne ich nun“, sagte Tim.
„Oder gibt uns die Vorsehung ein Zeichen? Die Brunnen häufen sich. Und das
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