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Angriff der Killerkekse. Unglaubliche Reportagen und atemlose Geschichten (German Edition)

Angriff der Killerkekse. Unglaubliche Reportagen und atemlose Geschichten (German Edition)

Titel: Angriff der Killerkekse. Unglaubliche Reportagen und atemlose Geschichten (German Edition)
Autoren: Wilhelm Ruprecht Frieling
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Show abzieht. Oder wähle ich gleich alle drei Modelle, weil der Virtuell Shopping 3000 den konkreten Vergleich doch ausdrücklich empfiehlt? Micha und seine Freunde würden total ausflippen. Und sollten die virtuellen Entkleidungskünstlerinnen nach ihrem atemberaubenden Auftritt nicht gleich wieder anspruchslos im Katalog versinken, dann werden sie von den anwesenden Herren bestimmt jederzeit gern adoptiert.
     
    Den Katalog verwahre ich vorerst besser in meinem Werkzeugschrank. Wegwerfen kann ich ihn später immer noch. –
     
    Pardon, erwähnte ich es schon? – Ich bin bekennender Anhänger des Versandhandels.
     

Der Gummibaum
     
    »Einen wunderschönen guten Tag!« Elegant öffnet der rundliche Herr die zweiflügelige Tür und betritt den Raum. Er lüftet den Hut, er grüßt in die Runde.
     
    Gleich neben der Eingangstür stehen ein in abgeschabtes Tannengrün gekleideter Sessel und ein dreibeiniger Beistelltisch, auf dem Zeitschriften liegen. Daneben thront eine barocke Vitrine, in der Sammeltassen und Souvenirs ausgestellt sind. Der Schlüssel ist abgezogen. An der gegenüber liegenden Wand des Raumes lehnt ein weiterer dunkel gebeizter Schrank mit Glasscheiben. Eine kleine Kristallgondel, bunte gläserne Bowlespieße sowie ein stilisierter Gondoliere aus schwarzem Plastikdraht mit Strohhut erzählen von Venedig.
     
    Der Besucher spaziert versonnen durch den weitläufigen Berliner Salon. Die Mitte der Wohnstube ziert ein gemusterter Teppich, dessen blaurotes Muster persische Herkunft vermuten lässt. Darauf ruht ein runder Tisch, dessen polierte Platte ein Häkeldeckchen vor Zeitschriftenstapeln, Büchern und Broschüren schützt. An dem mächtigen Tisch warten sechs lederbezogene Stühle auf Gäste. –
     
    »Schönen guten Tag!« Ein weiteres Mal grüßt er und schwenkt dazu den Hut. Altersschwach ächzt das betagte Parkett unter seinen Sohlen. Er schwimmt durch den Raum, er umgeht den Tisch, und er betritt am anderen Ende des Zimmers einen von Sonnenlicht durchfluteten Erker, in dem ein Gummibaum seine fleischigen Blätter ausstreckt.
     
    »Es ist eine Freude, Sie zu sehen, Herr Gummibaum!«, sagt der Besucher und reicht dem Baum zur Begrüßung die Hand. »Ihnen geht es heute offensichtlich gut!« Mit seiner Rechten nimmt er ein fleischiges Blatt der mannshohen Pflanze und schüttelt es herzlich. Er wirft einen kurzen Blick durch die Vorhänge. » Draußen wird es endlich wieder wärmer. Das wird Sie freuen.« Der Mann legt den Kopf ein wenig nach links und betrachtet die Grünpflanze durch die Flaschenböden seiner dicken Brille. »Ihre Blätter sehen gut aus: sie glänzen heute besonders prächtig!« Erneut drückt er das fleischige Blatt. »Sicher hat unser guter Doktor Sie heute früh gleich als erstes poliert!« Er kichert verschämt: »Tja, wenn wir ihn nicht hätten, wenn wir ihn nicht hätten!»
     
    Umständlich legt der Besucher seinen abgetragenen Trenchcoat ab. Mantel und Hut hängt er an einen Garderobenständer, der seit Jahrzehnten neben dem Baum Dienst tut. Er stäubt sich unsichtbare Schuppen vom Einreiher und streicht mit beiden Händen sein schütteres Haupthaar nach hinten. Der oberste Knopf der bejahrten Anzugsjacke spannt, er zieht die Jacke in Form und wendet sich wieder dem Gummibaum zu: »In der letzten Woche war es mir einfach unmöglich, hierher zu kommen. Ich hatte strengsten Hausarrest wegen der Birkenpollen, die mir wieder schrecklich zu schaffen machen.« Mechanisch zieht er ein gefaltetes Taschentuch hervor und betupft Nase und Stirn: »Sie wissen wohl, mit Allergien ist nicht zu spaßen!« Das Tuch verschwindet wieder in der Hosentasche, er zieht die Schultern hoch und dreht die Handflächen entschuldigend nach außen. »Ab sofort komme ich wieder regelmäßig her. Die Gesundheit doch ist unser höchstes Gut!«
     
    Schwitzend zerrt er an dem schmalen Knoten seiner Strickkrawatte und verschafft sich zusätzlich Luft, indem er den Kragen mit dem Zeigefinger lockert. »Ganz schön heiß hier drin!« Die dicken Blätter der Pflanze nicken zustimmend. Staubfäden taumeln in den Sonnenstahlen, die durch weiße Tüllgardinen leuchten. Der Mann streicht sich erneut mit den Händen über Haar und Ohr. »Na, ich nehme mal Platz und warte, bis ich an die Reihe komme .« Er verbeugt sich noch einmal leicht gegenüber der schweigsamen Pflanze und grüßt: »Man sieht sich, Herr Gummibaum!«
     
    Er geht zurück und setzt sich in den alten Sessel mit Blick zur Tür. Dies ist
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