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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris
Autoren: A Golon
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gesehen. Hoffentlich hat ihn jemand in einer Ecke abgemurkst. Schade eigentlich. Ich hätte ihm und seinem verfluchten Hund gern selbst das Fell abgezogen.«
    »Oh, der Hund, der Hund«, stieß Prudent hervor und riss die Augen auf. »Da hatte er mich gepackt…«
    Und er hob die Hand an die Kehle.
    »Der Mann mit dem Hund«, murmelte Calembredaine mit halb geschlossenen Augen. »Aber ich glaube, ich habe dich einmal mit ihm gesehen, in der Nähe des Petit Pont. Kennst du ihn …?«
     
    Er trat auf Angélique zu und betrachtete sie nachdenklich, um dann erneut dieses Furcht einflößende Lächeln aufzusetzen.
    »Du kennst ihn!«, wiederholte er. »Und das ist gut so. Jetzt gehörst du nämlich zu uns, da hilfst du uns doch sicher, ihn zu kriegen, oder?«
    »Er hat Paris verlassen. Ich weiß genau, dass er nicht wiederkommen wird«, erklärte Angélique mit ausdrucksloser Stimme.
    »O doch, der kommt immer wieder …«
    Calembredaine nickte, und die anderen taten es ihm nach.

    »Der Mann mit dem Hund kommt immer zurück«, brummte La Pivoine düster.
    »Du hilfst uns doch, oder?«, fragte Nicolas noch einmal.
    Er nahm die Goldkette vom Tisch.
    »Nimm sie doch, meine Hübsche. Hast sie dir redlich verdient.«
    »Nein!«
    »Warum?«
    »Ich mag das Gold nicht«, entgegnete Angélique, die mit einem Mal von einem krampfartigen Zittern ergriffen wurde. »Dieses Gold ekelt mich an.«
    Und sie lief hinaus. Keinen Moment länger ertrug sie diese infernalische Umgebung.
     
    Der Polizist war nicht mehr zu sehen. Angélique ging am Ufer entlang. In dem schiefergrauen Nebel leuchteten die Laternen, die am Bug der Lastkähne hingen, wie gelbe Punkte. Sie hörte, wie ein Schiffer seine Gitarre stimmte und zu singen begann. Sie ging immer weiter bis zum Rand der Vorstadt, wo ihr ein ländlicher Duft entgegenwehte. Als sie schließlich stehen blieb, hatten die Nacht und der Nebel jedes Geräusch erstickt. Sie hörte nur noch das Wasser leise murmeln, das weiter unten im Schilf plätscherte und gegen die vertäuten Boote schlug.
    »Desgrez«, murmelte sie halblaut wie ein Kind, das sich vor allzu tiefer Stille fürchtet.
     
    Ihr war, als höre sie aus dem Inneren der Nacht und des Wassers heraus eine Stimme flüstern:
    »Wenn es Abend wird in Paris, gehen wir beide auf die Jagd. Ich lasse ihn an einem alten Mantelfetzen Witterung aufnehmen oder an einem Gegenstand, der dem Verbrecher gehört, dem ich auf den Fersen bin. Und dann ziehen wir
los; wir gehen an die Ufer der Seine hinab, wir streifen unter den Brücken und zwischen den Stützpfosten unter den Häusern herum, wir wandern durch die Vororte und über die alten Stadtmauern, wir gehen in die Höfe und tauchen ein in die Löcher, die bis obenhin voll sind mit diesem Ungeziefer aus Bettlern und Räubern …«
    Der Mann mit dem Hund wird wiederkommen … Der Mann mit dem Hund kehrt immer zurück …
    Und nun, Messieurs, ist die Stunde gekommen, einer großartigen Stimme Gehör zu verschaffen, deren unwürdiger Mittler ich bin, einer Stimme, die, über alle menschliche Schändlichkeit erhaben, stets bemüht war, ihre Getreuen mit Umsicht aufzuklären …
    Der Mann mit dem Hund kommt zurück… Der Mann mit dem Hund kehrt immer wieder …
    Mit beiden Händen umfasste sie ihre Schultern, um den Schrei, der ihr die Brust anschwellen ließ, zu unterdrücken.
    »Desgrez!«, rief sie noch einmal leise.
    Aber nur Stille antwortete ihr, eine Stille, die so tief war wie die eisige Einsamkeit, in der Desgrez sie zurückgelassen hatte.
    Sie tat ein paar Schritte auf den Fluss zu, und ihre Füße versanken im Schlamm. Dann stieg ihr das Wasser bis zu den Knöcheln. Ihr war kalt …
    Arme Marquise der Engel, würde Barcarole sagen. Sie hat das heiße Wasser so geliebt; da hat es ihr bestimmt nicht gefallen, im kalten Fluss zu sterben!
    Im Schilf bewegte sich ein Tier, bestimmt eine Ratte. Eine feuchte Fellkugel streifte Angéliques Waden. Sie stieß einen Schrei des Ekels aus und stieg hastig wieder das Ufer hinauf. Doch die krallenbewehrten Pfoten klammerten sich an ihrem Rock fest. Die Ratte kletterte an ihr hoch. Angélique schlug um sich, um sie loszuwerden. Da begann das Tier
schrille Schreie auszustoßen, und plötzlich fühlte Angélique, wie sich zwei eiskalte Ärmchen um ihren Hals legten.
    »Was ist das denn?«, rief sie verblüfft aus. »Das ist doch keine Ratte!«
     
    Auf dem Leinpfad gingen zwei Schiffer mit einer Laterne vorüber. Angélique rief sie an.
    »He, Schiffer!
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