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Angélique - Hochzeit wider Willen

Titel: Angélique - Hochzeit wider Willen
Autoren: A Golon
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Menschenmenge beiseitegeschoben, die dorthin lief, wo das Bankett stattgefunden hatte. Die Tänzer protestierten, doch dann wurde ein Ruf laut.
    »Er wird singen.«
    Andere fielen ein.
    »Die Goldene Stimme! Die Goldene Stimme des Königreichs!«
     
    In diesem Moment legte sich eine Hand diskret auf Angéliques bloßen Arm.
    »Madame«, flüsterte Marguerite, die Kammerfrau, »dies ist der Moment, in dem Ihr verschwinden solltet. Der Herr Graf hat mich beauftragt, Euch in sein Lustschlösschen an der Garonne zu geleiten, wo Ihr die Nacht verbringen sollt.«
    »Aber ich will nicht fort!«, widersprach Angélique. »Ich
möchte diesen Sänger hören, über den man so Großes berichtet und den ich noch nie gesehen habe.«
    »Er wird für Euch singen, Madame, er wird eigens für Euch singen, darum hat der Herr Graf sich bereits gekümmert«, versicherte die große, kräftige Frau. »Aber jetzt wartet die Sänfte auf Euch.«
    Noch während sie sprach, hatte sie ihrer Herrin einen Kapuzenumhang über die Schultern geworfen und reichte ihr eine Maske aus schwarzem Samt.
    »Haltet Euch die vors Gesicht«, flüsterte sie. »So wird man Euch nicht erkennen. Ansonsten ist diese lärmende Bande imstande, Euch bis zum Lustschlösschen nachzulaufen, und die jungen Leute werden Eure Hochzeitsnacht stören, indem sie auf ihren Kochtöpfen trommeln.«
    Die Dienerin lachte hinter vorgehaltener Hand.
    »So ist das in Toulouse«, fuhr sie fort. »Die Frischvermählten, denen es nicht gelingt, sich wie die Diebe davonzuschleichen, müssen sich mit viel Geld freikaufen oder sich das Spektakel dieser Teufel gefallen lassen. Monseigneur und die Polizei versuchen vergeblich, diesen Brauch zu verbieten... Daher ist es das Beste, die Stadt zu verlassen.«
    Sie schob Angélique in eine Sänfte, die zwei kräftige Diener sogleich auf ihre Schultern hoben. Mehrere Reiter kamen aus dem Dunkel hervor und bildeten eine Eskorte. Nachdem die kleine Gruppe das Straßenlabyrinth hinter sich gelassen hatte, erreichte sie das freie Feld.
     
    Das Lustschlösschen war ein bescheidenes Gebäude und von Gärten umgeben, die sich bis zum Fluss hinabzogen. Als Angélique die Sänfte verließ, war sie erstaunt über die Stille, die nur vom Zirpen der Grillen unterbrochen wurde.

    Marguerite, die bei einem der Reiter hinten aufgesessen war, glitt zu Boden und führte die junge Braut ins Innere des verlassenen Hauses und in die erste Etage. Die Augen der Kammerfrau strahlten, und auf ihren Lippen lag ein Lächeln: Offenbar kannte sie all diese Geheimnisse der Liebe.
     
    Angélique fand sich in einem Zimmer mit Mosaikboden wieder. Neben dem Alkoven brannte ein Nachtlicht, obwohl sein Schein gar nicht notwendig war, denn das Licht des Mondes fiel so weit in den Raum, dass die Spitzenlaken auf dem großen Bett schneeweiß leuchteten.
    Marguerite musterte die junge Frau ein letztes Mal kritisch und suchte dann in ihrer Tasche nach einem Flakon mit Myrtenwasser, um ihre Haut damit abzureiben.
    »Lasst mich«, protestierte Angélique ungeduldig.
    »Madame, Euer Gatte wird gleich kommen, und Ihr müsst …«
    »Ich muss gar nichts. Lasst mich in Ruhe.«
    »Sehr wohl, Madame.«
    Die Kammerfrau verneigte sich.
    »Ich wünsche Madame eine angenehme Nacht.«
    »Lasst mich!«, rief Angélique ein drittes Mal.
     
    Als sie allein war, war sie zornig, weil es ihr nicht gelungen war, sich vor einer Dienerin zu beherrschen. Aber über Maguerite ärgerte sie sich häufig. Sie fühlte sich eingeschüchtert von ihrer selbstbewussten, gewandten Art und fürchtete den spöttischen Blick ihrer schwarzen Augen.
    So stand sie lange reglos da, bis ihr die tiefe Stille im Raum unerträglich wurde. Erneut erwachte in ihr die Furcht, die durch die laute Betriebsamkeit und die Gespräche in den Hintergrund getreten war. Sie biss die Zähne zusammen.
    Ich habe keine Angst. Beinahe hätte sie es laut gesagt. Ich
weiß, was ich zu tun habe. Ehe er mich anrührt, werde ich sterben.
     
    Sie trat auf die Glastür zu, die auf die Terrasse führte. Nur auf Schloss Plessis hatte Angélique bisher diese eleganten Balkone gesehen, die durch die Architektur der Renaissance in Mode gekommen waren.
    Ein mit grünem Samt bezogenes Ruhebett lud ein, darauf Platz zu nehmen und die majestätische Landschaft zu betrachten. Von hier aus konnte man Toulouse, das hinter einer Flussbiegung verborgen lag, nicht mehr sehen, nur die Gärten und das glitzernde Wasser, und noch weiter in der Ferne Maisfelder und
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