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Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Titel: Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)
Autoren: Nikolaus Blome
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Trickkiste« zu lösen. Solche Töne kannte man bis dahin nur von notorischen EU-Skeptikern.
    Nicht ohne Grund monieren ihre Kritiker in der eigenen wie den anderen Parteien vor allem, dass sie die Euro-Krise zur nationalstaatlichen (Schulden-)Krise erklärt hat – und damit der Renationalisierung der Europa-Politik die Tür absichtsvoll geöffnet hat. Mit der Prämisse, die Probleme seien in den Nationalstaaten entstanden, von Griechenland bis Frankreich, habe Merkel alle weiteren Debatten an der supra-nationalen Ebene in Brüssel vorbei in den Kreis der nationalen Regierungschefs gelenkt – da, wo sie selber sitzt und führen kann. Das muss gerade altgedienten Profi-Europäern nicht schmecken, aber eine Alternative gab es nicht. Mehrere Hundert Milliarden Euro Steuergeld für die Euro-Rettung ließen sich nun einmal nicht von der Brüsseler EU-Kommission mobilisieren – und vor allem nicht legitimieren.
    Anhaltend überhöht hat die Kanzlerin ihren Kurs mit dem Satz »Scheitert der Euro, scheitert Europa«. Über den gigantischen Anspruch dieses Satzes kann man sich ärgern, so wie man sich über Politiker ärgern muss, die ihre Politik »alternativlos« nennen. Und man kann es in der Sache zumindest theoretisch auch ganz anders sehen wie etwa Thilo Sarrazin in seinem Euro-Buch: Denn was immer Europa für jeden Einzelnen ist, es ist geografisch größer als die Euro-Zone und eine Idee weit über gemeinsames Geld hinaus. Aber worum es Merkel in Wahrheit geht (und woran Sarrazin vorbeiargumentiert) – das ist das deutsch-französische Verhältnis, das seit Jahrhunderten aus Europa entweder einen blutigen oder einen friedvollen Kontinent macht; einen, der gedeiht, oder einen, der leidet. Präzise muss der Satz Merkels also heißen: Scheitert der Euro, scheitert die deutsch-französische Freundschaft. Das könnte Helmut Kohl ganz genauso formuliert haben, der bundesdeutsche Groß-Meister für nachkriegs-historisch aufgeladene Politik. So gesehen war im Dezember 2012 der Friedens-Nobelpreis für die Europäische Union nur allzu folgerichtig, und gewiss »gehört« er auch Helmut Kohl zu einem guten Teil – aber seiner Nach-Nachfolgerin Angela Merkel ebenfalls. Freilich mit dem kardinalen Unterschied, dass Helmut Kohl zu seiner Zeit auf ein Frankreich als Partner in Augenhöhe zählen konnte, derweil Angela Merkel für das Jahr 2013 einräumen muss: Der Euro wird nur zu retten sein, wenn sich Frankreich rettet. Aus dem eigenen Reformstau; aus der Wirtschaftsfeindlichkeit der politischen und gesellschaftlichen Elite; aus den eigenen Selbstzweifeln, die so gar nicht zu einer »Grande Nation« passen wollen. Auf den neuen französischen Staatspräsidenten François Hollande hat sich Angela Merkel noch keinen rechten Reim gemacht. Sie weiß vorerst zweierlei: Dass sie jedem Land in Europa mehr oder minder freundlich die Leviten lesen kann – nur Frankreich nicht. Und zweitens, dass es gegen François Hollande nicht gehen wird, weil es auch für das stärkste Deutschland kein Europa und keinen Euro gegen Frankreich geben kann.
    Zurück zum Anfang: Glauben Sie keinem Politiker, der nur der Gegenwart zu dienen vorgibt und auf den Nachruhm pfeife. Das ist nur Gerede. Das sind Schutzbehauptungen, weil das immerfort schizophrene Publikum natürlich in keinem Fall akzeptieren würde, sagte ein Politiker: »Für diese oder diese Leistung habe ich verdient, dass die deutsche Nachwelt meiner lobend gedenkt.« Offen wird man das also von ihr nicht hören, trotzdem: Angela Merkel hat ihr Feld für den Nachruhm. Sie muss es niemandem mehr streitig machen – und niemand kann es ihr noch streitig machen. In Berlin wie in Brüssel bei den EU-Gipfeln hat sie eine ganz klare Wahrnehmung der eigenen Rolle entwickelt, die in ihren eigenen, am Rande eines Gipfels hingeworfenen Worten schon wie die Rohfassung eines Eintrages im Geschichtsbuch klingt: »Ich muss mich irgendwie um alles kümmern. Macht doch sonst keiner.« Oder wie der renommierte Historiker Timothy Garton Ash auf einem der vielen Höhepunkte der griechischen Euro-Krise sagte: »Wir haben die einmalige Situation, dass die Weltgeschichte von Frau Merkel abhängt.«

Wie lange will sie eigentlich noch regieren?
    Ihren 56. Geburtstag feierte Angela Merkel auf einer Dienstreise in China. Morgens an diesem 17. Juli 2010 sangen ihre wichtigsten Mitarbeiter vor der Hotelzimmertür ein Ständchen, dann brach der ganze Tross im Bus auf zu den riesigen Ausgrabungen der
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