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Angeklagt - Dr. Bruckner

Titel: Angeklagt - Dr. Bruckner
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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der Hand über sein fettes schwarzes Haar. »Warum ich das Kloster verlassen habe?« Seine Blicke gingen an Dr. Wagner vorbei in die Ferne. Ein verzückter Ausdruck trat auf sein Gesicht. »Weil ich Kranke pflegen wollte. Von Kindheit an war es mein Ziel, anderen zu dienen, das Leid aus der Welt zu schaffen. Dazu hatte ich im Kloster keine Gelegenheit. Erst als ich mich entschloß. Krankenpfleger zu werden, ist mir dieses große Glück zuteil worden.«
    »Haben Sie denn schon im Kloster eine Ausbildung als Krankenpfleger genossen?«
    »Ja – ich war dort auf der Krankenstation tätig. Aber die Brüder wurden zu wenig krank. Unsere Betten waren eigentlich immer leer. Das mönchische Leben hat sie bei einer allzu guten Gesundheit gehalten. Die Bücher da drüben auch?« fragte er unvermittelt und deutete auf einen Stapel, der auf dem Sofa lag.
    Dr. Wagner schüttelte den Kopf. »Die bitte nicht. Das sind meine privaten Bücher. Wie kommen Sie übrigens mit der Kollegin Pellenz aus?«
    »Mit Barbara Pellenz?« ergänzte der Pfleger den Namen der angehenden Ärztin. »Sehr gut – wir alle kommen gut mit ihr aus. Sie ist ein reizender Mensch. Nur«, er hob seinen Finger, »hat sie einen Nachteil.« Er pausierte und blickte mit einem seltsam fanatischen Blick Oberarzt Wagner an. »Sie verwirrt die Sinne der Männer! Ich muß gestehen, daß sie auch mich zu verwirren beginnt, obwohl ich längst gegen derartige Gefühle gefeit zu sein glaubte. Ich muß meine ganze Kraft anwenden, um dagegen anzukämpfen. Sie sollten ein bißchen aufpassen, daß nichts Schlimmeres geschieht. Ich beobachte, daß alle jüngeren Ärzte verrückt nach ihr sind. Das ist schließlich für eine Klinik demoralisierend.«
    Er ging zur Tür. »Ich werde jetzt meinen Schubkarren holen, damit ich die Bücher rüberbringen kann. Sie wissen, wenn Sie irgendeinen Wunsch haben, können Sie sich immer an mich wenden, Herr Oberarzt.«
    Dr. Wagner trat zu ihm und klopfte ihm auf die Schulter. »Ich weiß, daß ich mich auf Sie verlassen kann. Übrigens –«, er hielt den Pfleger noch einmal auf, »wenn Sie irgend etwas beobachten sollten, was die Frau Pellenz betrifft, so sagen Sie es mir. Sie haben vollkommen recht, man muß aufpassen, daß hier nichts passiert. Wir haben schon genug an unseren drei Toten zu knabbern.«
    Der Pfleger kam noch einmal zurück. »Wieso haben Sie an den drei Toten zu knabbern? Die sind doch alle in Frieden entschlafen. Keine von ihnen hat gelitten. Und was hätten sie leiden müssen, wenn sie weitergelebt hätten! Manchmal habe ich das Gefühl, daß die moderne Medizin etwas recht Unchristliches ist. Sie verlängert Leben, die der liebe Gott eigentlich schon für beendet erklärt hat. Und was sind die Folgen?« Seine Stimme nahm wieder jenen fanatischen Ton an, den sie schon mehrmals in der Unterhaltung gezeigt hatte. »Unsägliches Leid, unerträgliche Schmerzen! Alles Dinge, die Gott niemals gewollt hat …«
    Oberarzt Wagner wurde der Mann unheimlich. Er ging zur Tür und öffnete sie. »Kommen Sie mit Ihrem Schubkarren, und holen Sie die Bücher ab. Und nochmals vielen Dank für Ihre Mühe.«
    Der Taxifahrer fluchte, als er durch die vernebelten Straßen Kölns fuhr. »Man sieht nichts«, schimpfte er. »Es macht keinen Spaß, bei dem Wetter zu fahren. Schauen Sie nur –«, er deutete nach vorn. Aus der grauen Masse ragte plötzlich ein hohes Gebäude empor. »Das soll nun der Dom sein. Man sieht nicht einmal die Türme.«
    Das Taxi fuhr in die Nebenstraße und hielt. »Da drüben ist die Weinstube am Dom.«
    Barbara Pellenz zahlte dem Fahrer die Summe, die das Taxameter anzeigte, stieg aus, überquerte den Fahrdamm und sah sich suchend um. Ein Schild deutete darauf hin, daß sich die Weinstube im Keller befand.
    Barbara war noch nicht hier gewesen. Peter Schnell hatte vorgeschlagen, sich hier zu treffen. Zögernd stieg sie die Treppe hinunter und blieb im Eingang zur Weinstube stehen. Im Hintergrund saß Peter Schnell. Er hatte sich so gesetzt, daß er den Eingang im Blickfeld hatte. Als Barbara jetzt den Raum betrat, stand er sofort auf und kam auf sie zu. »Wie schön, daß Sie gekommen sind. Ich habe dort hinten Plätze. Da sitzen wir am gemütlichsten.«
    Er schritt Barbara voraus und deutete auf einen Tisch in der Ecke.
    Barbara sah sich um. »Es ist recht gemütlich hier«, erklärte sie, als sie sich setzte.
    »Deswegen kehre ich auch oft hier ein.« Er deutete auf das Glas, das vor ihm stand: »Sie sehen, ich
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