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Angeklagt - Dr. Bruckner

Titel: Angeklagt - Dr. Bruckner
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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beruhigen.
    Sie wußte nicht, wie lange sie hatte schellen lassen. Es meldete sich niemand. Er nahm den Hörer nicht ab.
    Sie fühlte sich mit einemmal leer und hohl. Sie wußte nicht, wie sie sich verhalten sollte. Alle Gedanken, alle Pläne, die ihr einfielen, waren im Grunde genommen kindisch und absurd, waren ihrer nicht würdig.
    Aber ein Plan wurde immer stärker in ihr. Zwar kam sie sich vor wie ein kleines dummes Mädchen, das einem Geliebten nachläuft, aber es war die einzige Möglichkeit, Gewißheit zu bekommen. Sie mußte zu ihm. Wenn sie bei ihm klingelte, würde er sicherlich die Wohnungstür öffnen.
    Eigentlich hatte sie Dienst. Sie durfte die Klinik nicht ohne Dr. Bruckners Genehmigung verlassen.
    Sie überlegte noch einen Augenblick, aber je länger sie darüber nachdachte, desto sicherer war sie, daß dies der einzige Weg war. Sie zog ihren weißen Mantel aus, schlüpfte in ihr Straßenjackett und verließ das Zimmer.
    Sie warf einen scheuen Blick in das Zimmer der Beschließerin. Sie fürchtete, daß das ältliche Fräulein herauskommen und sie in ein Gespräch verwickeln würde, wie sie es so gern tat. Aber glücklicherweise war niemand in dem Raum. Wahrscheinlich hatte Marthe Schwertlein ihren Lauscherposten verlassen, weil um diese Zeit kaum jemals ein Arzt in das Ärztehaus kam. Sie waren alle in der Klinik beschäftigt.
    Barbara ging so rasch durch den Garten, daß es aussah, als liefe sie davon. Eine Schwester blieb stehen und schaute ihr kopfschüttelnd nach. Auch der alte Pförtner kam ans Fenster und blickte ihr nach, als sie im Dauerlauf vorbeilief.
    Sie lief zum Taxistand an der Ecke, sprang in den ersten Wagen und gab dem Fahrer ihr Ziel an.
    Der Fahrer stellte die Uhr ein und fuhr los. Unterwegs versuchte Barbara sich eine Art Konzept für das, was sie sagen wollte, auszuarbeiten, aber es fiel ihr nichts Rechtes ein. Am besten war wohl, alles dem Zufall zu überlassen.
    Der Fahrer fuhr ihr viel zu langsam. Sie hatte sich vorgebeugt. Der Fahrer beobachtete sie und grinste. »So kommen wir auch nicht schneller vorwärts«, erklärte er ihr. »Legen Sie sich ruhig zurück. Sie machen mir sonst nur noch die Mechanik meines Gurtes kaputt.«
    Barbara lehnte sich in den Sitz zurück und schloß die Augen. Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis das Taxi hielt. Sie stieg aus und bezahlte den Fahrer. Als sie sich dem Eingang der Wohnung näherte, in der Peter Schnell wohnte, klopfte ihr das Herz bis in den Hals. Am liebsten wäre sie zurückgegangen, doch als sie sich umdrehte, sah sie, daß der Fahrer gerade davonfuhr.
    Sie mußte alle Kraft zusammennehmen, um auf den Klingelknopf neben der Wohnungstür zu drücken. Ein melodiöses Geläute erklang. Es hörte sich an, als ob eine Orgel spielte. Ein Hund kläffte, aber der war wohl in einer anderen Wohnung. Barbara konnte sich nicht entsinnen, daß Peter einen Hund besaß …
    Sie klingelte noch einmal und wartete. Es blieb alles ruhig. Der Hund hatte aufgehört zu kläffen. Nur das Quietschen einer Straßenbahn, die wohl in eine Kurve fuhr, hörte man in der Ferne.
    »Wenn man Dr. Bruckner und Frau Pellenz sieht, könnte man meinen, die wären beide vom gleichen Bazillus infiziert worden. Die gleichen mißmutigen Gesichter, der gleiche, unausgeschlafene Gesichtsausdruck …« Dr. Phisto saß mit Dr. Heidmann im Dienstzimmer. »Was mit Dr. Bruckner los ist, wissen wir. Was aber hat Fräulein Pellenz?«
    »Wahrscheinlich Liebeskummer. Das hat man in dem Alter noch!« meinte Johann Heidmann altklug.
    Schwester Angelika kam hinter ihrem Schreibtisch hervor. Sie lachte laut. »Das müssen Sie gerade sagen!«
    Dr. Heidmann protestierte: »Ein paar Jahre machen in dem Lebensabschnitt schon eine ganze Menge aus.«
    »Wann wird Dr. Bruckner uns nun verlassen?« fragte Schwester Angelika, das Thema wechselnd.
    »Er will erst noch alles hier abwickeln. Ich habe das Gefühl, daß er den Tag seines Abschieds so weit wie möglich hinausschiebt.«
    »Das kann ich verstehen. Und ich hoffe nur, er wird ihn so weit hinausschieben, daß er ihn vergißt. Es ist nicht auszudenken, was alles geschehen könnte, wenn Oberarzt Wagner hier alleiniger Herrscher würde.«
    »Dann wollen wir mal gehen!« Dr. Phisto glitt von der Tischplatte herunter, auf der er gesessen hatte, und ging zur Tür. »Kommen Sie mit?«
    »Wohin?«
    »Ins Ärztehaus. Der Dienst ist lange vorbei.«
    »Sie haben recht. Irgendwie wartet man, daß Dr. Bruckner wie in alter Zeit kommt und mit uns
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