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Andromeda

Andromeda

Titel: Andromeda
Autoren: Arne Sjöberg
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von den ersten, allerersten primitiven Steinwerkzeugen hinaufgeschwungen hatte zum modernen Homo sapiens und dem Zeitalter der Raumfahrt. Und die Entwicklung einer Kultur verlief ja progressiv bis zu ihrem Höhepunkt. Jahrmillionen hatte es gedauert, bis Bronze den Stein verdrängte, Jahrtausende dann noch, bis Eisen sich an Stelle der Bronze setzte, Jahrhunderte dann bis zur Dampfmaschine und Jahrzehnte von da nur noch bis zur Luftfahrt und Raumtechnik. So also sah das aus! Und nun zwei Millionen zweihundertfünfzigtausend Jahre dazu! Und noch einmal soviel, falls ich jemals zurückkehren sollte auf die ferne, ach, so heiß herbeigesehnte Erde!
    Vielleicht gab es die Menschheit dann gar nicht mehr? Vielleicht war alles vorbei und zu Ende, wie alles einmal vorbei und zu Ende geht? Und ich dann ein lebendes Fossil aus einer längst verschollenen Zeit? Oder auch die irdische Sonne war geborsten in einer gigantischen Nova-Explosion, hatte auch ihrerseits ihr Schicksal erfüllt, wie es das Schicksal jeder Sonne war, einmal dieses Stadium zu durchlaufen? Eine Nova also! Ein einziger, ungeheurer Glutball, das eigene Planetensystem verschlingend bis weit hinaus über die Bahn des Saturn. Und jegliches Leben erlosch im Jahrtausende währenden Atomfeuer der Sonne. Und dann abgesprengt die überflüssige Masse, in glühenden Schleiern und Wirbeln hinausgejagt in den Raum, und zurück blieb ein weißer Zwerg, kaum marsgroß, hoch verdichtet, funkelnd und gleißend in der Einsamkeit des wieder leblos gewordenen Raumes.
    Ich lag still und ohne Bewegung und versuchte zu fassen, was da auf mich eindrang.
    Ein fernes, gedämpftes Geräusch erregte mein Interesse. Ich wandte den Kopf nach links und konnte gerade noch sehen, wie weit hinten am Horizont einer der flachen, in Terrassen aufsteigenden Tafelberge auseinanderbrach. Ein Lichtfaden, zart und ungefährlich bei dieser Distanz und kaum auszumachen auf dem Hintergrund des vornächtlich erglühenden Himmels, leckte steil in die Höhe hinauf, ein dünner, schwächlicher Aschepilz quoll hinterdrein, und dann war der Tafelberg verschwunden, offensichtlich in sich zusammengebrochen, eingestürzt wie ein Haus, dem die Fundamente weggerissen wurden.
    Das war anders als auf Tantalus, doch es schien mir nicht minder bedrohlich zu sein. Sollte ich die Hölle mit dem Fegefeuer vertauscht haben?
    Spät erst lief ein schwaches Zittern über meine Plattform hin. Ich spürte es wohl auf meinem schwebenden Lagerplatz. Also war dieses merkwürdige Bett doch auf irgendeine Weise mit dem Boden verbunden, hatte Kontakt mit dem Gebäude, dem Untergrund, der festen Oberfläche des Planeten. Nein, zaubern konnten auch sie nicht, die Tantaliden. Ich zweifelte keinen Augenblick mehr daran, daß ich mich hier in ihrer Obhut befand.
    Dieses eine Wort Obhut , zunächst nur unbewußt gedacht, ergriff stärker und stärker Besitz von mir und erfüllte mich schließlich mit dem tröstlichen Gefühl der Geborgenheit. Fegefeuer hin und Hölle her! Ich war hier, und ich lebte! Das war die Hauptsache. Sie würden mich kaum heimgeholt haben in ihr Reich, wenn sie mich hier so ohne weiteres hätten umkommen lassen wollen. Die zweieinviertel Millionen Jahre, die mich von den Menschen trennten, mußte ich nun vergessen, koste es, was es wolle.
    Vielleicht war es dann ein Zeichen der Gesundung und der zurückkehrenden Lebenskraft, daß ich begann, mir Gedanken über diesen verschwundenen Tafelberg zu machen. Ich hatte einem tektonischen Ereignis beigewohnt, daran bestand kein Zweifel. Meine Augen hatten mich nicht getrogen, und die seismischen Wellen, welche die Terrasse erschüttert hatten, auch nicht. Aber es war ein merkwürdiges tektonisches Ereignis gewesen. Auf Erden hatte man für derartiges wohl nur das Wort Vulkanausbruch. Doch das dort hätte man damit wohl kaum exakt bezeichnen können. Dafür hatte es nicht lange genug gedauert, und vor allem war eigentlich genau das Gegenteil dessen geschehen, was einen Vulkanausbruch charakterisiert: Ausstoß von Materie nämlich, viel Materie, Aufwölbung eines Vulkankegels oder Wegsprengung einer ganzen Bergspitze, Lavaströme und alles, was dazu gehört. Das bißchen Licht und das bißchen Rauch dort hinten am Himmelsrand – das zählte gar nicht. Nein, es hatte sich kein Berg aufgeworfen oder auch nur aufgetan, es war ein Berg verschwunden. Verschwunden, ja! Nicht etwa explodiert und in den Himmel hinaufgejagt, sondern in sich zusammengebrochen. Dergleichen hatte ich
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