Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Andromeda

Andromeda

Titel: Andromeda
Autoren: Michael Crichton
Vom Netzwerk:
muß kalt gewesen sein, und sein pelzgefütterter Anorak und die dicken Handschuhe behinderten ihn wohl. Außerdem beschlugen die Linsen von seinem Atem, der im Mondschein dampfte. Er war gezwungen, das Glas immer wieder mit einem Handschuhfinger abzuwischen.
    Er kann nicht gewußt haben, wie sinnlos das war, was er hier tat. Kein Feldstecher konnte in diesen kleinen Ort hineinsehen und seine Geheimnisse lüften. Leutnant Shawn wäre verblüfft gewesen zu hören, daß die Männer, denen das schließlich gelang, dazu Instrumente benutzten, die millionenfach stärker waren als sein Feldstecher. Wenn man sich vorstellt, wie Shawn seine Arme auf einen Felsblock stützte und das Glas an die Augen preßte, dann spürt man von diesem Bild etwas Trauriges ausgehen, etwas Lächerliches, Menschlich-Allzumenschliches. Der Umgang mit dem Feldstecher war zwar schwierig, doch fühlte der Leutnant ihn in seinen Händen wohl als etwas Beruhigendes und Vertrautes. Es sollte eine seiner letzten vertrauten Empfindungen vor seinem Tode sein.
    Was von diesem Augenblick an geschah, können wir nur versuchen uns vorzustellen und so die Ereignisse zu rekonstruieren.
    Leutnant Shawn suchte den Ort langsam und gründlich ab. Er sah, daß er nicht groß war und nur aus einem halben Dutzend hölzerner Gebäude bestand, aufgereiht an der einzigen Straße. Alles war sehr still – kein Licht, keine Bewegung; auch der schwache Wind trug keinen Laut an sein Ohr.
    Seine Aufmerksamkeit verlagerte sich von dem Ort auf die Hügel ringsum. Sie waren niedrig, staubbedeckt und kahl. Da und dort wuchsen ein paar karge Büsche, hin und wieder ragte eine einzelne, welke, schneeverkrustete Yukka-Staude auf. Dahinter lagen weitere Hügel, dann kam die endlose Weite der flachen, wegelosen Mojave-Wüste. Die Indianer nannten sie das Land der verlorenen Grenzen. Leutnant Shawn fröstelte im kalten Wind. Der Februar ist hier der kälteste Monat, und es war schon nach zehn Uhr abends. Er ging die Straße entlang, zurück zu dem Ford Econovan mit der großen rotierenden Antenne auf dem Dach. Das leise Brummen des Motors im Leerlauf war das einzige Geräusch, das er hörte. Shawn öffnete die Tür an der Rückseite des Wagens, kletterte hinein und schloß sie wieder hinter sich.
    Er wurde in tiefrotes Licht getaucht; die Nachtbeleuchtung war rot, damit er nicht geblendet wurde, wenn er ins Freie trat. Die Reihen der Instrumente und elektronischen Geräte schimmerten grünlich.
    Der Soldat Lewis Crane, sein Elektroniktechniker, saß, ebenfalls in einen Anorak gehüllt, über eine Landkarte gebeugt. Er stellte Berechnungen an und las dabei gelegentlich die Skalen der Geräte vor ihm ab.
    Shawn fragte Crane, ob er auch ganz sicher sei, daß sie den richtigen Ort vor sich hätten. Crane nickte. Die beiden Männer waren müde. Sie hatten auf ihrer Suche nach dem neuesten Scoop-Satelliten eine lange Fahrt von Vandenberg hierher hinter sich und waren den ganzen Tag unterwegs gewesen. Über die Scoop-Satelliten wußten sie beide nicht viel, nur daß es sich um geheime Raumkapseln handelte, die zur Erforschung der obersten Schichten der Atmosphäre dienten und dann zur Erde zurückkehrten. Shawn und Crane hatten die Aufgabe, die Kapseln nach ihrer Landung zu bergen.
    Zur Erleichterung der Bergung waren die Raumkapseln mit elektronisch gesteuerten Funkgeräten ausgerüstet, die automatisch Signale sendeten, sobald die Höhe von fünf Meilen unterschritten wurde.
    Das war auch der Grund, weshalb der Wagen mit den neuesten Funkortungsgeräten ausgerüstet und imstande war, eigene trigonometrische Messungen auszuführen. Im Jargon der Armee nannte man das »Einfahrzeug-Triangulation«. Dieses Verfahren war sehr zuverlässig, wenn auch zeitraubend, und im Grunde genommen ganz einfach: Der Wagen hielt an, bestimmte seinen Standort und verzeichnete Stärke sowie Richtung des vom Satelliten ausgestrahlten Funksignals. War das erledigt, fuhr man zwanzig Meilen weit in die Richtung, aus der das Signal kam. Dann hielt man abermals an, und die neuen Koordinaten wurden bestimmt. Auf diese Weise konnte auf der Karte eine ganze Serie trigonometrischer Messungen eingetragen werden: Das Fahrzeug näherte sich von zwanzig zu zwanzig Meilen im Zickzack dem gelandeten Satelliten, wobei jedesmal Fehler in der Richtungsbestimmung korrigiert werden konnten. Das erforderte zwar mehr Zeit als der Einsatz zweier Spezialfahrzeuge, war aber gleichzeitig weniger auffällig: Nach Ansicht der Heeresleitung
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher