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Andromeda

Andromeda

Titel: Andromeda
Autoren: Michael Crichton
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Universitätsgelände für fünfzehn Ehepaare eine Party gegeben, und alle Gäste waren sehr lange geblieben. Mrs. Stone war verärgert. Sie war im offiziellen Washington aufgewachsen; wenn dort die zweite Tasse Kaffee serviert wurde, und zwar absichtlich ohne Cognac, so verstand das jedermann als zarten Wink, sich zu verabschieden. Leider, dachte sie, halten sich Akademiker nicht an diese Regel. Schon vor Stunden hatte sie diese bewußte zweite Tasse Kaffee serviert, und es waren immer noch alle Leute da.
    Kurz vor ein Uhr morgens klingelte es an der Tür. Sie öffnete und sah zu ihrer Überraschung zwei Männer in Militäruniformen nebeneinander im Dunkeln stehen. Sie machten einen verlegenen und nervösen Eindruck, als hätten sie sich verlaufen; in den Wohnvierteln verirren sich nachts oft Leute, die hier fremd sind. »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Verzeihen Sie die Störung, Madam«, sagte einer der Uniformierten höflich. »Aber wohnt hier ein Dr. Jeremy Stone?«
    »Ja, das stimmt«, bestätigte sie mit leichtem Stirnrunzeln. Sie sah an den beiden Männern vorbei zur Einfahrt. Eine blaue Militärlimousine stand dort geparkt. Neben dem Wagen wartete noch ein Mann. Er schien etwas in der Hand zu halten.
    »Hat der Mann dort eine Waffe in der Hand?« fragte sie. »Madam«, sagte der Uniformierte, »wir müssen Dr. Stone sofort sprechen – bitte.«
    Das alles kam ihr sehr seltsam vor. Ein wenig Angst überkam sie. Drüben an der Rasenfläche entdeckte sie einen vierten Soldaten, der auf das Haus zutrat und in die Fenster blickte. In dem fahlen Licht, das auf den Rasen herausfiel, sah sie ganz deutlich die Maschinenpistole in seiner Hand. »Was geht hier eigentlich vor?«
    »Madam, wir möchten Ihre Party nicht stören. Bitte, rufen Sie doch Dr. Stone an die Tür.«
    »Ich weiß nicht, ob …«
    »Ansonsten müssen wir ihn herausholen«, ergänzte der Mann.
    Sie zögerte einen Augenblick, dann sagte sie: »Warten Sie hier.«
    Sie trat zurück und wollte die Tür schließen, aber einer der Soldaten hatte sich bereits in den Flur geschoben. Stramm und höflich stand er neben dem Eingang, die Kopfbedeckung in der Hand. »Ich werde hier warten, Madam«, sagte er und lächelte sie an.
    Sie ging zu den anderen zurück und gab sich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Alle unterhielten sich und lachten. Lautes Stimmengewirr hing in der verräucherten Luft. Sie fand Jeremy in einer Ecke, in eine Diskussion über Protestaktionen und Unruhen verwickelt. Sie legte ihm leicht die Hand auf die Schulter; er entschuldigte sich bei seinen Gästen.
    »Ich weiß, es klingt sehr seltsam, was ich dir jetzt mitteile«, sagte sie, »aber da draußen auf dem Flur steht ein Uniformierter, und zwei andere mit Waffen in den Händen warten draußen auf dem Rasen. Sie wollten dich sprechen.« Stone wirkte im ersten Augenblick sehr überrascht, dann nickte er. »Ich kümmere mich darum«, murmelte er. Sein Verhalten ärgerte sie. Es war fast, als hätte er diesen seltsamen Besuch erwartet.
    »Wenn du Bescheid gewußt hast, dann hättest du …«
    »Ich wußte es nicht«, unterbrach er sie. »Ich erkläre dir alles später.«
    Er ging hinaus auf den Flur, wo der Offizier auf ihn wartete. Sie folgte ihm.
    »Ich bin Dr. Stone«, stellte er sich vor.
    »Captain Morton«, sagte der Offizier, ohne die Hand auszustrecken. »Es brennt, Sir.«
    »Gut«, sagte Stone und warf einen Blick auf sein Dinnerjackett. »Habe ich noch Zeit zum Umziehen?«
    »Ich fürchte nein, Sir.«
    Allison sah zu ihrer Verwunderung, daß ihr Mann nickte. »In Ordnung.«
    Er wandte sich zu ihr um und sagte: »Ich muß fort.« Sein Gesicht war dabei ganz leer und ausdruckslos. Dieses Gesicht war ihr fremd und unheimlich. Sie war verwirrt und hatte Angst.
    »Wann kommst du zurück?«
    »Das weiß ich nicht genau. In ein bis zwei Wochen. Vielleicht dauert’s länger.«
    Sie bemühte sich, ruhig zu sprechen, konnte aber ihre Bestürzung nicht meistern. »Was ist eigentlich los?« fragte sie. »Bist du verhaftet?«
    »Nein«, antwortete er mit leisem Lächeln. »Ganz und gar nicht. Bitte, entschuldige mich bei den anderen.«
    »Aber die Waffen …«
    Der Offizier unterbrach sie: »Mrs. Stone, es ist unsere Aufgabe, Ihren Mann zu schützen. Von diesem Augenblick an darf ihm nichts mehr zustoßen.«
    »Stimmt«, sagte Stone. »Wie du siehst, bin ich plötzlich zu einer wichtigen Persönlichkeit geworden.« Er lächelte wieder und gab ihr einen Kuß. Es war ein eigenartiges,
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