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Androidenträume

Titel: Androidenträume
Autoren: John Scalzi
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folgenden Töne aus der Lichtkugel kamen. Schließlich wurden Worte hörbar. »Welche Sippe bringt das Opfer dar?«, fragte sie in königlichem Hochniduanisch.
    Narf-win-Getag trat vor und atmete tief ein, um mit volltönender Stimme den Namen seiner Sippe auszusprechen und für immer die Schande auszulöschen, die die auf-Getag-Sippe über das Amt des Fehen gebracht hatte.
    »Die Baker-Sippe!«, verkündete dann eine helle, nervöse Stimme in akzentgefärbtem, aber durchaus verständlichem Niduanisch.
    Narf-win-Getag verschluckte sich an seinen beabsichtigten Worten und starrte auf Robin Baker, die, wie er mit einer gewissen Überraschung feststellte, immer noch neben ihm auf dem Podium stand. Narf-win-Getag bedachte sie mit einem finsteren Blick und revidierte seine Entscheidung, dass er sie am Leben lassen wollte. Dann holte er erneut Luft, um den Herrschaftsanspruch seiner Sippe zu verkünden.
    »Was wünscht die opfernde Sippe?«, fragte die tiefe und volle Stimme des Computers.
    »Die Kontrolle über das Computernetzwerk«, antwortete Robin Baker, wieder in Niduanisch. »Und Brian Javna soll die höchste Zugangsberechtigung erhalten.«

    »Hoppla, das bin ich«, sagte Brian und erhob sich vom Tisch, auf dem sein Bier stand. »Danke für den Drink, Andrea.«
    »Keine Ursache«, sagte Andrea Hayter-Ross und winkte ihm zu. »Vergiss mich nicht.«
    Brian trieb zu einem offenen Port des niduanischen Computernetzwerks hinüber, wo von ihm verlangt wurde, sich zu identifizieren.
    »Ich bin Brian Javna«, sagte er. »Ich glaube, du hast schon mal von mir gehört.« Eine automatische Subroutine von Brian übersetzte das in etwas, das das niduanische Netzwerk verstehen, bewerten, bestätigen und akzeptieren konnte. Dann erhielt Brian wie gefordert die höchste Zugangsberechtigung.
    Brian schlugen plötzlich vierzig Billionen Watt reines Wissen entgegen.
    So etwas ist für jemanden, der kein intelligenter Computer ist, nur schwer nachzuvollziehen. Aber man muss sich nur eine Stubenfliege vorstellen, die plötzlich Goethe ist. Genau das empfand Brian in diesem Moment. Schlagartig erweiterte sich sein Wissen, seine Macht, seine Intuition und sein Verständnis in einem Maß, wie es noch kein intelligentes Wesen in der gesamten Geschichte der Großen Konföderation je erlebt hatte. Er hatte nicht nur uneingeschränkten Zugang zum niduanischen Computersystem, das kraft seiner Orwell’schen Totalität bis in die winzigsten Winkel der niduanischen Verwaltung reichte und das komplexeste Computersystem darstellte, das jemals erschaffen worden war. Brian wurde zu diesem System, bewegte sich darin mit Lichtgeschwindigkeit umher und spürte mit einem unvorstellbaren Glücksgefühl, wie die Macht- und Informationsfülle zu seiner eigenen wurde. Es gab keine Worte für das, was Brian empfand, also erfand er eines dafür.
    Inforgasmus.
    Oh Mann!, dachte Brian. So etwas kann einen umbringen, wenn man es mehr als einmal macht. Brian genoss das Gefühl noch für ein paar Millisekunden, dann tat er das, weswegen er hier war.
    Im Orbit über Nidu und der Erde mussten sechs Captains von Glar- Zerstörern und ihre Besatzungen schockiert feststellen, dass sie plötzlich keinen Zugriff auf die Kontrollen mehr hatten und die Raumschiffe ein Eigenleben entwickelten.
    Im gesamten Einflussgebiet der Nidu ließ sich keine Defensiv- oder Offensivwaffe mehr benutzen. Sämtliche Nidu-Soldaten verloren die Kontrolle über ihre Fahrzeuge, ihre Fluggefährte und ihre Gewehre. Alles, was gerade unterwegs war, hielt an oder ging auf dem nächsten sicheren Landeplatz nieder.
    Auf jedem Planeten der GK mit einer niduanischen Botschaft schlugen Diplomaten und ihr Personal wütend auf ihre Terminals ein, als Bildschirme erloschen und jeder Datenfluss unterbrochen wurde. Überall wurden sämtliche Verwaltungsvorgänge gestoppt, die nicht unmittelbar damit zu tun hatten, Leute am Leben zu erhalten. Niduanische Schulen stellten den Unterricht ein. Die Nidu-Kinder machten vor Freude Luftsprünge.
    All das geschah innerhalb eines Zeitraums, in dem man gerade noch ein erstauntes »Oh!« keuchen konnte.
    »Mann, was für ein Spaß!«, sagte Brian und machte sich auf einen ganz besonderen Auftritt gefasst.
    Von ihrem Beobachtungsposten außerhalb des niduanischen Systems verfolgte Andrea Hayter-Ross, wie das Netzwerk eine Gestalt und Konfiguration annahm, in denen sich Brians Wesen widerspiegelte. Es bestand kein Zweifel, dass er es war.
    »Ich habe ihn gekannt, als er
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