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Anders. Und schwul. (German Edition)

Anders. Und schwul. (German Edition)

Titel: Anders. Und schwul. (German Edition)
Autoren: Daniel Hus
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mir neue Freunde gesucht. Diesmal sollten es ganz tolle sein: Erfolgreich, nett und immer für mich da. Und das waren sie auch. Die vielen Namen kann ich jetzt gar nicht aufzählen. Zum Teil habe ich sie vergessen. Viele dieser Freunde von damals sehe ich aber auch heute noch: auf dem „Love Boat“, im „General Hospital“, bei den „Nachbarn“ oder auf dem „Traumschiff“. Ich wurde TV-Junkie und fand das toll. Dank Kabelanschluss war ich nie alleine. Ich kannte die Programmschemen von RTL plus und SAT.1 auswendig, wusste schon vier Wochen im voraus, dass „Die Glückliche Familie“ ihre Mutter Maria Schell wegen eines Hirntumors verlieren wurde.
    Irgendwann haben sich wohl meine Eltern einmal eingeschaltet und mit meinem besten Freund und dessen Eltern gesprochen. Nach einem halben Jahr fand nämlich irgendwie wieder eine soziale Integration von mir in meine direkte Umwelt statt. Ich durfte ab und zu wieder mitspielen oder Geburtstag feiern. John und ich spielten beste Freunde – hassten uns aber abgrundtief. Eine enge Freundschaft zu den anderen kam aber nicht mehr zustande. Das mag auch daran gelegen haben, dass wir fast alle gleichzeitig in die fünfte Klasse kamen und uns auf verschiede Gymnasien verstreut haben. Dort entstanden neue Freundschaften und die „Clique“ in der Siedlung zerbrach. Hatte ich gerade von neuen Freundschaften auf dem Gymnasium gesprochen? Das galt natürlich nicht für mich. Die Enttäuschung die ich durch meine „Freunde“ in der Siedlung erlebt hatte, lehrte mich, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Jeder der sich mir näherte, wurde einem Sicherheitscheck unterzogen – ist er nett? Ist er zu cool? Ist er fair? Gut, durch dieses Raster fielen viele, ich war und bin ja kein Psychologe. Ich spürte in mir eine natürliche Angst vor anderen und suchte daher immer etwas an der Person, was mir nicht gefiel. Und das klappte immer.
     

4.
     
    Müsste man mit 20 nicht eigentlich wissen, wie man sexuell orientiert ist? Ich nicht. Aber ich bin ja auch anders, dachte ich mir. Ich habe keine Freunde, habe einige Pfunde am Bauch zu viel und je nach Schokoladen-Konsum die zugehörige Portion Pickel im Gesicht. Seit ich denken kann, fand ich Männer attraktiv. Seit ich meine Sexualität entdeckt habe. Mädchen, ob in Grundschule oder Gymnasium haben mich nie interessiert. Ich kam mit ihnen aber wesentlich besser aus, als mit Jungs. Aber bin ich deswegen schwul? Und habe mir immer die passende Ausrede parat gelegt: Spätpubertät. Die ist mit 20 zwar sehr spät, aber Launen der Natur soll es ja geben. Ich konnte gar nicht schwul sein. Schließlich wollte ich mit spätestens mit dreißig mit einer netten Frau und zwei Kindern in einem Reiheneckhaus wohnen und einen Volvo-Kombi fahren.
     
    „Na Daniel, hast du denn schon ein nettes Mädchen kennen gelernt?“, fragte mein Großvater.
    „Och nö, das hat doch noch Zeit. Ich muss mich doch jetzt auf das Abitur konzentrieren!“. Diese Antwort saß. Mein Opa war zufrieden und wendete sich wieder meiner Mutter zu, die heute Geburtstag feierte. Die Frage nach einer Freundin stellte er fast immer, wenn wir uns sahen. Zum Glück war das nur alle paar Monate. Meine Eltern haben mich nie nach meinen Kontakten zu Mädchen befragt. Die Frage konnten sie schließlich selbst beantworten, denn sie kannten mich. Ich war entweder in der Schule oder beim Fernsehen jobben. Oder zu Hause. Da war ich meistens, denn was hätte ich sonst tun sollen. Ohne einen einzigen Freund stellt sich die Freizeitgestaltung ziemlich schwer da. Wirklich gestört hat mich mein ödes Leben nicht, ich hatte mich über die Jahre damit abgefunden. Ich war TV-Junkie und entdeckte gerade die Welt von Computer-Mailboxen und BTX. Das machte mich verhältnismäßig glücklich.
    Die Geburtstagsrunde ging zum Kaffee und Kuchen nahtlos zum Abendessen über. Ich hatte mich längst in mein Zimmer verzogen und kämpfte mit der Installation der neuen Windows-Version. Das Telefax klingelte. Wir empfingen selten unangekündigte Faxe. Ich lief die Treppen herunter mit wartete gespannt auf den Ausdruck. Zwei Seiten waren bereits ausgedruckt, ganz oben stand mein Name. Nachdem die dritte Seite fertig war, schnappte ich das Fax und rannte wieder nach oben.
    „Hallo Daniel, wir gehen gleich zum Italiener an der Autobahn essen. Komm doch mit! Ruf an.“, stand in großen Lettern handschriftlich darauf. Die Nachricht war von Maria, eine Studentin, die ebenfalls beim Sender arbeitete. Wir hatten
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