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Andalusisches Feuer

Andalusisches Feuer

Titel: Andalusisches Feuer
Autoren: Lynne Graham
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steuerte Gordon sie in die Diele. „Ich hole deinen Mantel.“
    Ihr war eiskalt. Sie nahm sich vor, ihre Freundin morgen anzurufen. Vermutlich würde diese ohnehin nicht bemerken, dass sie ohne Abschied gegangen waren. Doch wie auf Befehl tauchte Karen in diesem Augenblick auf und eilte zu ihr.
    „Kann mir bitte jemand erklären, was hier eigentlich los ist“, zischte sie.
    „Tut mir leid, ich …“
    „Gordon und Rafael Alejandro. Sie sind im Wohnzimmer aufeinandergetroffen, und einen Moment lang sah es so aus, als würden sie sich gleich prügeln. Aber Gordon hat sich diplomatisch für Rückzug entschieden. So viel zum Thema Hass auf den ersten Blick! Und dabei haben die beiden nicht einmal ein einziges Wort gewechselt.“ Karen kicherte. „Und jetzt sag bloß nicht, du hättest nicht bemerkt, wie die Männer ihre Muskeln spielen ließen. Du bist blind, Sarah.“
    Noch während sie sprach, erschien Gordon. Er erklärte seiner Gastgeberin ihren zeitigen Aufbruch mit einem Termin früh am nächsten Morgen und äußerte gerade ausreichend Bedauern darüber, um nicht unhöflich zu wirken.
    „Ruf mich an, wenn du zu Hause bist“, forderte Karen ihre Freundin gänzlich unbeeindruckt auf, bevor sie sie gehen ließ.
    Den ganzen Weg von Karens Wohnung bis zum Auto, das vor dem Apartmenthaus geparkt war, herrschte Schweigen. Lediglich Sarahs Absätze klapperten laut. Gordon entriegelte die Türen seines Porsches. Ihre Hände zitterten, als sie einstieg, sie verschränkte sie, sobald sie saßen. Gordon fuhr flott los. Als ein Taxi ihn schnitt, fluchte er, was sonst gar nicht seine Art war.
    „Du warst in Paris mit Alejandro zusammen, nicht Margo“, stieß er abrupt aus.
    Sarah schloss die Augen. „Ja.“
    Stille breitete sich aus, doch im Geist hörte Sarah das laute Poltern, mit dem ihr makelloses Abbild von dem Podest fiel, auf das er es gestellt hatte.
    „Nur ‚ja‘?“, bohrte Gordon nach. Als er die Schaltung brutal betätigte, offenbarte er eine neue Seite seines Charakters. „Es geht mich zwar nichts an, aber er hat dich ziemlich aus der Fassung gebracht.“
    Sie löste ihre ineinander verkrampften Finger, streckte sie und legte die Hände zurück in den Schoß. „Mir fällt es schwer, mit zufälligen Begegnungen umzugehen. Ich hatte geglaubt, ihn nie wiederzusehen.“
    „Du warst damals doch noch Schülerin! Was hat er sich bloß gedacht …?“ Seine Stimme verstummte.
    Früher oder später würden Gordon und Karen zwei und zwei zusammenzählen und auf vier kommen. Sie hatte sich mit achtzehn verliebt. Die Liebe hatte sie aus der Bahn geworfen und vorübergehend unzurechnungsfähig gemacht. Gefühle, die sie weder verstehen noch kontrollieren konnte, hatten sie beherrscht.
    Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte ein anderer mehr Macht über sie besessen als ihre Eltern. Die Southcotts waren auf einen Starrkopf getroffen, der seinen Besitz eifersüchtig verteidigte – wie sie selbst ein Meister in rücksichtsloser Manipulation und ihnen mindestens ebenbürtig. Der Kampf hatte mit aller Härte begonnen. Sarah war zwischen die Fronten geraten und völlig zerbrochen worden.
    Rafael, der reuelose Ehebrecher und verlassene Mann, hatte schließlich noch die unglaubliche Frechheit besessen, ihr die Scheidung zu verweigern. Vergeblich hatte sich der dynamische Anwalt, den ihr Vater engagiert hatte, bemüht, dieses Problem zu lösen. Wäre Sarah bereit gewesen, Rafaels Ehebruch vor Gericht zu beweisen, hätte sie seine Einwilligung zur Scheidung nicht benötigt. Doch sie hatte sich nicht zu diesem letzten Mittel durchringen können. Ihr hatte vor dem öffentlichen Interesse gegraut, den ein solcher Prozess mit sich gebracht hätte. In drei Monaten, von heute an gerechnet, war die fünfjährige Wartezeit ohnehin um. Auch in juristischer Hinsicht wäre sie dann wieder frei.
    Würde sich dadurch etwas für sie ändern? Sarah fühlte sich nicht mehr verheiratet, seit sie gefangen gewesen war zwischen den weißen Wänden einer luxuriösen Privatklinik und gewartet hatte … gewartet auf einen Mann, der nie kam, auf den Vater der Kinder, die sie bald zur Welt bringen sollte. Was geschah mit einer Frau, wenn sie Verständnis, ja sogar Vergebung anbot und noch nicht einmal das Verständnis akzeptiert wurde? Warum hatte sie sich überhaupt die Mühe gemacht, ihm zu schreiben? Immer wieder hatte sie sich diese Frage gestellt. In ihrer dunkelsten Stunde hatte sie ihm den Olivenzweig gereicht … mit ihrem Brief hatte sie
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