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Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Titel: Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes
Autoren: Alexandra Marinina
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damit sagen, dass dieser Herr selbst nichts zur Sache tut und dass Sie ihn für völlig unschuldig halten?«
    »Im Moment halte ich ihn tatsächlich für völlig unschuldig«, erwiderte Olschanskij entschieden. »Ich kann Ihnen sagen, dass unser Verdacht gegen ihn am Anfang so stark war, dass wir ihn verhaftet und für drei Tage in Untersuchungshaft genommen haben. Aber genau in dieser Zeit wurde die Frau von Wjatscheslaw Petrowitsch ermordet, und uns wurde bekannt, dass sie einige Stunden vor ihrem gewaltsamen Tod einen Anruf von einem Mann erhalten, der sich als Viktor Derbyschew ausgab. Sie verstehen selbst, dass Viktor Alexandrowitsch nicht der Mörder gewesen sein kann. Deshalb bitte ich Sie, gründlich nachzudenken und mir zu sagen, wann, wo und in welchen Zusammenhängen sich Ihre Wege mit Herrn Derbyschew gekreuzt haben können.«
    »Ich sehe ihn heute zum ersten Mal«, erklärte Genadij Leontjew gereizt.
    »Wir sind uns nie begegnet«, sagte Strelnikow.
    Tomtschak schüttelte den Kopf.
    »Auch ich habe ihn noch nie gesehen. Das muss ein Irrtum sein.«
    »Nun gut«, sagte der Untersuchungsführer friedfertig. »Was sagen Sie dazu, Viktor Alexandrowitsch? Vor Ihnen sitzen vier Menschen. Einer von ihnen hat seine Freundin verloren, der andere seine Frau. Bei dem dritten ist bis jetzt zum Glück nichts passiert, aber sie alle sind seit über zwanzig Jahren miteinander befreundet, sie haben zusammen studiert und später zusammengearbeitet. In gewisser Weise könnte man sagen, dass sie ein Ganzes sind. Und in Ihrem Umfeld muss es jemanden geben, der diese Menschen kennt. Und er kann Ihnen nicht wohl gesonnen sein, da er Ihnen zwei Morde unterschieben will. Ich möchte nicht, dass Sie mich für pessimistisch halten, aber wenn wir heute zu keiner Klärung kommen und unverrichteter Dinge auseinander gehen müssen, kann das Unglück morgen die Leontjews ereilen. Und der Verdacht wird wahrscheinlich erneut auf Sie fallen, Viktor Alexandrowitsch.«
    »Das ist doch alles Unsinn«, sagte Strelnikow ärgerlich. »Ich verstehe überhaupt nichts. Wie kommen Sie darauf, dass wir Herrn Derbyschew kennen?«
    »Ich möchte nicht darüber diskutieren, wie begründet oder unbegründet Ihnen meine Annahmen erscheinen«, erwiderte Olschanskij kalt. »Ich habe Ihnen allen eine Frage gestellt, und ich werde so lange warten, bis ich eine Antwort bekomme. Und glauben Sie bitte nicht, dass ich Sie um dreiundzwanzig Uhr gehen lasse. Das Gesetz verbietet nächtliche Verhöre, aber ich werde dieses Gesetz brechen, wenn das zur Verhinderung eines erneuten Mordes nötig sein sollte. Niemand von Ihnen wird diesen Raum verlassen, solange ich nicht erfahren habe, welche Fäden alle hier Anwesenden miteinander verbinden.«
    Nastja, die nach wie vor in ihrem Sessel in der Ecke saß, musste innerlich lächeln. Eher wäre die Welt untergegangen, als dass Konstantin Michailowitsch Olschanskij ein Gesetz gebrochen hätte. Sicher hatte er nicht vor, diese Leute die ganze Nacht in der Staatsanwaltschaft festzuhalten, er war sich sicher, dass sich alles sehr viel schneller klären würde. Allerdings war bereits eine Dreiviertelstunde vergangen, und bis jetzt hatte sich noch nichts geklärt. Nach dem ersten Schock hatten die Anwesenden damit begonnen, die wesentlichen Stationen ihrer Biographien zu schildern, allerdings recht lustlos. Olschanskij steuerte gekonnt das Gespräch und flocht ständig Fragen ein.
    »Wo waren Sie im Urlaub?«
    »In welchen Krankenhäusern haben Sie gelegen?«
    »Welche Mitreisenden haben Sie in Zügen und Flugzeugen kennen gelernt?«
    »Wen haben Sie bei Freunden, auf Banketten, auf Geburtstagsfeiern und bei ähnlichen Anlässen getroffen?«
    Nastja hörte aufmerksam zu und dachte dabei an die Theorie, nach der zwischen zwei x-beliebigen Menschen auf diesem Planeten eine Verbindung bestand, die über höchstens fünf Glieder in der Kette reichte. Das hörte sich unwahrscheinlich an, aber bei näherem Hinsehen bestätigte sich diese Theorie fast immer. Nastjas Mutter, die Professorin Kamenskaja, hatte einige Jahre an einer der bedeutendsten schwedischen Universitäten gelehrt. Der Rektor dieser Universität kannte den schwedischen Premierminister, und dieser wiederum kannte den Präsidenten der USA. Also lagen zwischen Nastja und Bill Clinton nur drei Verbindungsglieder.
    Im Lauf des Gesprächs stellte sich heraus, dass die drei Freunde und Viktor Derbyschew sich auf ihren Lebenswegen oft sehr nah gekommen waren, so nah, dass
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