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Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Titel: Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes
Autoren: Alexandra Marinina
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versuchen?
    Nikolaj traf eine Entscheidung. Vor ihm lagen zwei stark befahrene Kreuzungen und eine Brücke, auf der man meistens in einen Stau kam. Er wollte sehen, wie die Lage dort war. Sollte er nicht ungehindert durchkommen, würde er sofort nach einer Telefonzelle suchen. Etwa zweihundert Meter vor der ersten tückischen Kreuzung sah er, dass die Straße weitgehend frei war. Er trat aufs Gaspedal, um über die Kreuzung zu kommen, bevor die Ampel auf Rot umschaltete. Und er hätte es auch geschafft, wenn der Asphalt nicht so nass gewesen wäre . . .
    * * *
    Pünktlich um einundzwanzig Uhr klopfte es an der Tür zu Olschanskijs Büro.
    »Dürfen wir hereinkommen, Konstantin Michailowitsch?«
    »Ihr dürft.«
    Die Tür öffnete sich, und in Begleitung von drei Beamten betraten Sascha Strelnikow und seine Freundin den Raum. Nastja sah die beiden zum ersten Mal. Der junge Mann war wirklich klein und schmächtig, er hatte langes Haar und trug ein ledernes Stirnband. Natascha Sagrebina war einen halben Kopf größer als er, sie trug sackartige Jeans und einen weiten Pullover, der ihr bis zu den Knien reichte und ihre Figur gänzlich verdeckte.
    »Sascha?«, rief Strelnikow senior aus.
    »Natascha?«, flüsterte Derbyschew.
    In diesem Moment hatte Nastja alles begriffen. Aber es war zu spät. Dieses Treffen hätte niemals stattfinden dürfen! Wie sollte es jetzt weitergehen? Olschanskij betrachtete die Anwesenden schweigend, und an seinem angespannten Gesichtsausdruck sah Nastja, dass auch er zu begreifen begann. Das Opfer all dessen, was geschehen war, hatte also Viktor Derbyschew werden sollen und keineswegs Strelnikow. Mila Schirokowa war nur ein Mittel zum Zweck, das dem Mörder zufällig in die Hände gefallen war. Aber warum Sagrebina? Sie hieß doch Zukanowa . . .
    »Na, ihr alten Böcke?« Die Stimme der jungen Frau klang grob und spöttisch. »Habt ihr euch versammelt? Bei dieser Gelegenheit könnten wir doch herausfinden, wer von euch meine Mutter vergewaltigt hat.«
    Nastja fing den konsternierten Blick eines der drei Beamten auf und nickte rasch. Die Situation lief aus dem Ruder, jetzt war alles möglich, bis hin zu Handgreiflichkeiten und Herzanfällen. Für alle Fälle sollten die drei Beamten an der Tür warten.
    »Wir fahren fort«, sagte der Untersuchungsführer, der sich schnell wieder gefasst hatte. »Natascha Alexandrowna, Sascha Wladimirowitsch, nehmen Sie Platz. Auf den Stühlen dort bitte. Ich nehme an, Sie kennen die anderen im Raum, ich brauche Sie einander nicht vorzustellen.«
    Sascha Strelnikow setzte sich gehorsam auf einen der Stühle, Natascha blieb stehen und ließ ihren höhnischen Blick von Strelnikow senior zu Tomtschak und Leontjew schweifen.
    »Natascha Alexandrowna«, wiederholte Olschanskij geduldig, »seien Sie bitte so freundlich und nehmen Sie Platz.«
    »Ich bleibe lieber stehen«, erwiderte sie verächtlich.
    Ein kurzer Blick, den der Untersuchungsführer den Beamten an der Tür zuwarf, genügte. Einer von ihnen machte einen Schritt, packte die Sagrebina an der Schulter und stieß sie in Richtung Stuhl. Im nächsten Moment flog er zur Seite wie ein kleiner, aufdringlicher Hund. Nastja hatte den Eindruck, dass die Sagrebina sich nicht einmal gerührt hatte, so leicht und unauffällig war die Bewegung gewesen. Nastja schoss ein neuer Gedanke durch den Kopf, sie senkte die Augen und betrachtete die Schuhe der jungen Frau. Sie hatte tatsächlich einen kleinen, hübschen Fuß, bei einer Körpergröße von eins fünfundsiebzig waren die Füße meistens größer. Jetzt war klar, was am Fundort der erwürgten Mila Schirokowa geschehen war. Und Nastja hatte sich so lange den Kopf darüber zerbrochen, was für ein Gewicht Mila getragen hatte . . .
    »Natascha Alexandrowna«, fuhr der Untersuchungsführer so ruhig fort, als sei nichts geschehen, »in diesem Büro haben alle meinen Anweisungen zu folgen. Wenn Sie sich mit den Anwesenden auseinander setzen wollen, werde ich das nur begrüßen, aber ich bitte Sie, das im Sitzen zu tun. Andernfalls muss ich aufstehen, denn Sie sind schließlich eine Dame. Aber ich bin heute müde und außerdem nicht mehr der Jüngste. Darum bitte ich Sie, mir die Unbequemlichkeit zu ersparen.«
    Seltsamerweise gehorchte die Sagrebina und setzte sich, allerdings behielt sie ihren spöttischen, schadenfrohen Gesichtsausdruck.
    Einer der Beamten trat zum Untersuchungsführer heran und legte wortlos zwei Pässe auf seinen Schreibtisch. Olschanskij öffnete die
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