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Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain

Titel: Anastasija 01 - Auf fremdem Terrain
Autoren: Alexandra Marinina
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lernen, sogar sehr. Vielleicht geben Sie doch Ihr Einverständnis . . .«
    »Nein, meine Liebe, ich quäle Kinder nicht gerne. Ihr Mädchen ist sehr brav, sie will Sie nicht verärgern und übt deshalb so fleißig. Aber sie will das nicht. Ich irre mich niemals in diesen Dingen. Ich habe völlig untalentierte Schüler, aber sie lieben die Musik und sind bereit, ihr zu dienen, und das ist für mich die Hauptsache.«
    »Regina Arkadjewna, sie träumt davon, bei Ihnen zu lernen. Ich bitte Sie, seien Sie so gut. . . Ich weiß, Sie nehmen kein Geld für Ihren Unterricht, aber vielleicht machen Sie eine Ausnahme? . . . Ich flehe Sie an. Ich werde für meine Tochter zahlen, aber nehmen Sie sie.«
    »Ich bedauere sehr.« Man konnte hören, wie die Alte seufzte. »Sie sind vergeblich gekommen. Seien Sie nicht gekränkt. Leben Sie wohl.«
    * * *
    Gegen fünf meldete sich bei Nastja der Hunger. Bis zum Abendessen waren es noch zwei Stunden, so lange würde sie es nicht mehr aushalten. Sie zog sich an und ging in die Bar hinunter in der Hoffnung, ihren Hunger mit Kuchen stillen zu können. Sie hatte Glück, außer Kuchen gab es in der Bar auch belegte Brote. Die Räucherwurst sah nicht mehr frisch aus, aber der Käse war durchaus genießbar.
    Die für gewöhnlich schwach besuchte Bar war heute ganz leer, außer dem Barmann war niemand im Raum.
    »Ist heute Gesundheitstag im Sanatorium? Niemand ißt was Süßes oder trinkt was Scharfes?« witzelte Nastja, während sie auf den Kaffee wartete, der in der türkischen Kanne auf heißem Sand stand.
    »Wissen Sie nicht Bescheid? Bei uns liest heute ein bekannter Schriftsteller, der Kinosaal ist rammelvoll, sogar aus der STADT sind Leute da. Wann kann man schon mal Rudakow live erleben!«
    Während er redete, bediente er die Kaffeekanne, schob sie von Zeit zu Zeit auf dem Sand hin und her, schnitt Käse und holte Kuchen aus dem Kühlschrank.
    Weil keine Besucher im Cafe waren, hatte man nicht einmal die Musik angemacht. Nastja wurde von dem süßen Zeug ganz schlapp. Nichts lenkte sie ab, und sie versank in Gedanken, ohne zu merken, wie die Zeit verging.
    Nach sechs Uhr füllte sich die Bar langsam mit Menschen. Die Veranstaltung war zu Ende. Jetzt wird es hier laut, dachte Nastja, man wird die Musik einschalten, und Denken wird nicht mehr möglich sein. Ich muß auf mein Zimmer gehen und versuchen, etwas zu übersetzen, meinen McBaine habe ich völlig vergessen.
    Der Masseur Usdetschkin bewegte sich von der Bar in ihre Richtung, eine Flasche Bier und zwei Gläser in der Hand. Hinter ihm trippelte ein Mädchen in einem sehr engen Rock. Als sein Blick Nastjas kreuzte, blieb er stehen.
    »Sie haben heute die Massage ausfallen lassen«, bemerkte er. »Macht Ihnen der Rücken Kummer?«
    »Wie gewöhnlich.«
    Sie bemühte sich, möglichst ruhig zu antworten.
    »Wenn Sie nicht kommen wollen, sagen Sie rechtzeitig ab. Ich bestelle dann jemand anderen für den Termin. Heute habe ich vierzig Minuten umsonst gewartet.«
    »Ich werde wieder kommen«, sagte Nastja schuldbewußt. »Entschuldigen Sie. Ich habe verschlafen.«
    Als sie auf ihr Zimmer ging, stellte sie sich vor, wie sie zu Usdetschkin kommen und ihm erlauben würde, ihren Rücken zu massieren und zu kneten. Ein Mörder. . . So ein gutmütiger Teddybär, und so ein zärtlicher Spitzname – Kotik. Vielleicht hatte sie sich getäuscht? In den letzten Tagen war das bei ihr oft vorgekommen. Der analytische Mechanismus hatte offensichtlich versagt. Es war ein Fehler gewesen, sich dieser Sache anzunehmen. Nichts kam dabei heraus. Denissow hatte sie überschätzt.
    Im Zimmer erwartete sie ein dicker Umschlag auf dem Tisch. (Schachnowitsch hatte Schlüssel zu allen Zimmern, worauf er sie freundlicherweise hingewiesen hatte). Sie öffnete den Umschlag und fand darin eine lange Liste mit Informationen über die Vermietung oder den Erwerb von Gebäuden in der STADT, die nicht Wohnzwecken dienten. Sie hatte Starkow gebeten, diese Informationen zu besorgen, denn irgendwo mußte man ja mit der Suche nach dem Ort beginnen, an dem diese unheimlichen Videofilme gedreht wurden. Die Liste war beeindruckend, aber Nastja fand nur wenige verdächtige Punkte. Neben den meisten Eintragungen standen Anmerkungen, die darauf hinwiesen, daß die Gebäude von Firmen und Organisationen belegt waren, die zum Unternehmerverband gehörten, das heißt, unter Denissows Kontrolle standen. Etwa hundert Gebäude waren nicht gekennzeichnet, davon befanden sich etwa achtzig
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