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Analog 5

Analog 5

Titel: Analog 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Konferenz mit unseren Augen ab. Das war ein Fehler.
    In der Aufregung hatten wir Ssaroth vergessen.
    Eines muß man ihm lassen: Wenn er irgendwelche Fehler hatte, so gehörte Unentschlossenheit nicht zu ihnen. Er brauchte gerade zwei Sekunden dazu, zu der Entscheidung zu kommen, daß er kaum jemals eine bessere Chance für eine Flucht bekommen würde. Bevor uns richtig klar wurde, was passierte, hatte er die Leine mit den Zähnen gepackt und sie Jouniel aus der Hand gerissen. Im gleichen Augenblick war er aufgesprungen und rannte los. Hindernissen wich er ungeschickt aus, denn seine Hände waren noch immer gefesselt.
    „Halt!“ brüllte ich und benutzte dabei in meiner Aufregung die englische Sprache. Ssaroth war schon drei Bäume weit von uns entfernt und suchte eine Deckung. Ich riß fast ohne Überlegung meinen Strahler hoch.
    Der erste Schuß ging daneben – das Resultat einer lebenslangen Angewohnheit, das Ziel vorzuverlegen –, aber der zweite traf genau. Ssaroth war nicht weiter als fünfzehn Fuß entfernt, als der Strahl ihn voll in den Rücken traf. Er taumelte zu Boden und rutschte auf Gesicht und Bauch über die Flechten.
    Ich sprang auf und rannte geduckt dorthin, wo er lag. Als ich ihn erreichte, lebte er noch, aber ein Blick verriet mir, daß er nicht mehr lange hatte. Ich drehte ihn um. Seine verhängten Augen waren glasig vor Schmerzen. Es gab kein Anzeichen dafür, daß er mich wahrnehmen konnte.
    „Sie verdammter Narr! Warum haben Sie das getan?“ fluchte ich.
    Plötzlich wurden seine Augen klar, und er sah mich an.
    Er öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, aber er verkrampfte sich und starb, bevor er seine Stimme fand.
     
    „Ist er tot?“ fragte Felira, nachdem ich dorthin zurückgestolpert war, wo sie und Jouniel lagen.
    Ich gab ihr keine Antwort. Wenn man unter Druck steht, hat jeder eine dumme Frage gut. Statt dessen hob ich das Frettchen von der Stelle auf, wo ich es fallen gelassen hatte, und rannte geduckt in die Richtung los, aus der wir gekommen waren. „Verschwinden wir hier.“
    „Wohin?“ fragte Jouniel atemlos, während sie zügig hinter mir herrannte.
    „Eine halbe Meile zurück gibt es eine Stelle, die wir verteidigen können“, sagte ich und sah über meine Schulter, um sicherzugehen, daß Felira uns den Rücken deckte.
    Wir rannten buchstäblich die gesamte halbe Meile und hielten erst an, als wir mit dem Bauch nach unten in eine Senke in dem ebenen Waldboden stolperten, die gerade groß genug für uns drei war. Ich schnappte nach Luft und überprüfte zur gleichen Zeit den Ladungsindikator des Strahlers.
    „Munitionsüberprüfung“, rief ich. „Felira?“
    „Neun Schuß.“
    „Jouniel?“
    „Sieben.“
    „Und mir bleiben auch noch sieben. Das sind insgesamt dreiundzwanzig Schuß. Vielleicht reicht es. Machen wir das Beste aus ihnen.“
    „Jouniel und ich werden unsere Waffen leer schießen“, sagte Felira. „Sieh du zu, daß du auf jeden Fall drei Strahlerschüsse übrigbehältst, Duncan.“
    Ich öffnete den Mund, um sie nach dem Grund dafür zu fragen, schloß ihn aber dann wieder. Ich wußte, woran Felira dachte – ein Strahler ist sicherer als eine Kugel in den Mund. Die Situation entbehrte nicht einer gewissen Ironie. Ich hatte mich über Wildwestfilme aus Hollywood immer lustig gemacht und sie für übertrieben melodramatisch gehalten, wenn dem Helden während eines Indianerangriffs die Munition ausging und er dann eine einzige Patrone für sich und eine für die Heldin aufhob. Nun aber, da ich mich in einer ähnlichen Situation befand, kam mir das als der einzig logische Ausweg vor.
    Wenn man sich überlegte, daß Veck aufständische Städte immer in ihre einzelnen Atome zerlegte – was würden sie dann wohl mit uns anfangen, die wir einen Dalgiri-Botschafter und Hral Ssaroth umgebracht hatten?
    Wir lagen eine lange Zeit schweigend auf dem Boden, bis ich meinen Arm ausstreckte und Felira bei der Hand nahm.
    „Tut mir leid“, sagte ich.
    „Was?“ fragte sie.
    „Daß sich die Dinge so entwickelt haben.“
    Sie sah mich einige Sekunden lang prüfend an und lächelte dann halb. „Ich würde lieber weiterleben, Duncan, aber wenn es anders kommen sollte, bin ich froh, daß ich unter Freunden sterben werde.“
    Ich beugte mich zu ihr herüber und küßte sie. Wir wurden von Jouniels Zischen gestört.
    „Psst, ich sehe etwas.“
    „Wie viele?“ fragte ich und folgte Jouniels Blick.
    „Das kann ich nicht erkennen. Ich kann nur ausmachen,

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