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An den Rändern der Zeit (German Edition)

An den Rändern der Zeit (German Edition)

Titel: An den Rändern der Zeit (German Edition)
Autoren: Antje Ippensen
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liebt?“
    „Hah!“ Mufty lachte schnarrend. „Sie ist Realistin.
Wage es nicht, sie schlechtzumachen, du Stinkbeutel von einem Bullen.“
    Weißt du denn, wie du selber riechst?, dachte
der Amtmann und überlegte sich, dem Alten die vereinbarte Belohnung
vorzuenthalten.
     
    B.C. hatte ursprünglich nicht vorgehabt, auch noch zu
Mufty zu gehen. Aber der wusste immer genau, wo Fa Pa seine mobile Drogenhöhle
gerade unterhielt. Sie schlenderte also zu seiner feuchten Ecke hinüber. Seine
Augen waren heute auch feucht, stellte sie fest.
    „Bin heute zweimal angegriffen worden, Mufty“, sagte
sie zu der zusammengekauerten Lumpengestalt. Geistesabwesend ging sie in die
Hocke und wischte mit einigen Vorhangfetzen um ihn herum auf.
    „Komisch, oder? Dabei genügt doch normalerweise meine
Ausstrahlung, um Idioten fernzuhalten.“
    Der Alte reagierte nicht, und so fügte sie im besten
Slang hinzu: „No light Beute-chips von mir, yallah-capito?!“ Sie warf die
vollgesogenen Fetzen schwungvoll in die Gosse. Mufty schaute zum ersten Mal
auf; Tränenspuren glitzerten auf seinen schmutzigen, eingefallenen Wangen. Er
sagte nichts. Nur seine Hand kroch verstohlen auf B.C.s Hand zu, knetete sie.
    Der Alte wird langsam wunderlich, dachte sie,
war aber zu abwesend, um sich näher mit seinem psychischen Zustand zu
beschäftigen. Was sie ohnehin vermied, so oft sie nur konnte. Es hatte eines
langen und harten Trainings bedurft, bis sie ihre Empathie im Griff hatte und
diese sich nicht mehr selbständig machte (Empathie und mehr, denn sie besaß den
vollen Access). Reichlich cool fragte sie Mufty, ob er einen Chip wolle, und
als er mit einer tonlosen Silbe ablehnte, war sie nicht allzu erstaunt, denn
seinen Stolz kannte und achtete sie. Er lehnte öfter mal ab. Dann fragte sie
ihn, ob er wisse, wo Fa Pa im Moment residiere.
    „Nein!“, rief er brüchig. „Keine Ahnung! Don’t know nothing or anything!“ Gleichzeitig jedoch
kritzelte seine Hand rasch etwas auf ein bräunliches Stück Pappe. Dieses Verhalten
fand B.C. nun vollends seltsam. Vor allem Muftys übermäßigen Gebrauch von
Slang. Da er zu den Alten gehörte, konnte er ebenso ordentlich reden wie
Meleda. „Please! 3 Y 7“, stand auf der Pappe, und plötzlich begriff sie.
    Ihre Hand fuhr hoch, zu den Augen, an die
Sonnenbrille, als wolle sie sie abreißen – aber das hatte sie noch nie einem
ihrer Treibgutfreunde angetan und sie hielt auch jetzt rechtzeitig inne.
    Stattdessen löste sie jene hart antrainierte Sperre im
Zentrum ihrer emotional intelligence; es war so, als würde sie eine Handbremse
lockern, sie tat es aus wildem Überlebensinstinkt, aus Furcht – und machte so
den FEIND ohne Weiteres aus.
     
    Mufty sah, wie ihre Lippen sich bewegten, erkannte die
Silben des Schreckens: DAS AMT, und im nächsten Moment war sie, schneller noch
als ein Gedanke, im Eingangsbereich von Kralics Haschisch-Manufaktur, und der
Amtmann, ehe er wusste, wie ihm geschah, fühlte sich von eisenharten
langfingrigen Händen gepackt und aus dem Hofeingang herausgezerrt.
    Ihm wurde schwarz vor Augen, denn eine dieser Hände
umklammerte seinen Hals.
    B.C. lockerte den Griff etwas und presste hervor: „You
fucking nothing! Yallah! Meine Freunde zu benutzen! Ich mach dich kalt, wenn du
nicht …!“
    „Bitte!“, stieß der Amtmann keuchend hervor. „Please!
Ich … äh … äh-äh-äh … es …“ Darauf hat mich niemand hingewiesen als ich den
Auftrag übernahm oh nein oh nein ich … OH! Habe mir die Beförderung echt
verdient wenn ich …
    Die Sonnenbrille war dicht vor ihm.
    „Beförderung, soso“, sagte B.C. sehr viel ruhiger.
„Kannst du gerne haben. Direkte Beförderung ins Nirvana, wie wär’s damit?“
    Er keuchte stärker. Seine Augen quollen hervor wie
Rosinen aus grauem Hefeteig.
    „Wieviel kriegt Mufty von dir?“
    Der Amtmann stotterte es hervor.
    „Gib ihm die Chips. Jetzt sofort.“ Und sie stieß ihn
auf Mufty zu.
    In ihrer eisigen Stimme lag etwas, das den Amtmann
bewog, augenblicklich ihrem Befehl Folge zu leisten. Sie liest meine
Gedanken oh nein nicht das sie liest meine Gedanken sie ist eine von DENEN …
    Während er mit zitternder Hand dem alten Penner, der
ebenso zitterte, die Chips überreichte, hörte er die durchdringende Stimme der
Zielperson dicht an seinem Ohr: „Ganz recht. Ich bin eine von DENEN. Und ich
lese sie, deine Amtsgedanken. Direkt und ganz, words and feelings. Und ich
würde alles andere lieber tun als das. Verdammte Scheiße. Was
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