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Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Titel: Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Sicherheitsdienstes der KombiMontan-Station allerlei Mätzchen wagen; aber hier traute er sich bestimmt nichts anzustellen.
    An sich hatte der VMKP-Polizeipräsident keinen Grund, um noch in seinem Operativen Kommandozentrum herumzusitzen. Er hätte sich schon längst anderen Pflichten widmen können. Aber er schätzte zu sehr die Stille und das fast völlige Alleinsein. Allein mit Min Donner blieb er in der Abgeschiedenheit seines OKZ und sah zu, wie die Posaune – und mit ihr ein Teil seines Schicksals – aus seinem Einflußbereich entschwand.
    Nach seiner Überzeugung stand die Existenz der gesamten Menschheit auf dem Spiel. Andernfalls hätte er sich zu dem, was er tat, nicht durchzuringen vermocht.
    Warden Dios war ein starker Mann; er hatte einen breiten Brustkorb und kraftvolle Arme. Die Umrisse seines Gesichts und Kinns wirkten so hart, als wären sie aus Metall gegossen. Und dank seiner über die Augenprothese geklebten Augenklappe sowie der Hakennase wirkte er um so energischer. Manchmal brauchte er allerdings mehr als Kraft, um die Belastung seiner verborgenen Absichten zu ertragen. Er mußte sich die Folgen eines eventuellen Scheiterns verdeutlichen.
    Sollte er scheitern, wäre Holt Fasners Sieg das Ergebnis.
    Warden Dios war zu weitgehend daran beteiligt gewesen, dem Drachen zu seiner heutigen Macht zu verhelfen; nachdem er mittlerweile endlich die Gefährlichkeit dessen einsah, was er und Holt gemeinschaftlich betrieben hatten, konnte er unmöglich die Verantwortung einfach von sich weisen.
    Für einen Augenblick verschwamm das Radarecho des abgeflogenen Raumschiffs, als eine neue Signalbake die Funksteuerung übernahm. In einer Stunde sollte die Posaune die planmäßige Position für den Übergang ins Hyperspatium erreichen; die Koordinaten lagen erheblich näher an der Erde, als man sie anderen Raumschiffen gestattete, aber innerhalb der zur Nutzung durch die VMKP reservierten Prioritätszone. Danach war die Posaune fort; und Warden Dios mußte mit den Konsequenzen seines Tuns leben.
    Min Donner verlagerte geringfügig ihr Körpergewicht; ihre Finger strichen über den Griff der Schußwaffe, die sie stets mitführte. Warden mutmaßte, daß sie die Impacter-Pistole auch ins Bett mitnahm. »Glauben Sie wirklich«, fragte sie leise, ohne den Blick von den Sichtschirmen zu heben, »daß die Sache gutgeht?«
    Warden schaute sie an. Nie milderte sich der strenge Ausdruck ihres Munds; ihr pechschwarzes Haar wies, seit sie Wardens wertvollste Mitarbeiterin geworden war, genau dieselben grauen Strähnen auf. Sie hatte einen ausreichend hitzigen Blick, um Männern mit weniger eisenhartem Charakter – oder weniger Narbengewebe auf der Seele – das Gemüt zu versengen.
    Auf sonderbar unpersönliche Weise liebte er sie. Auf persönlichere Weise respektierte er sie für ihre moralische Klarheit, die Treue zu ihren Untergebenen in der Operativen Abteilung; wegen ihrer Hingabe ans Gesetz und an die Macht, die die unvollkommene Integrität des Human-Kosmos gewährleisteten. Vor Jahren hatten diese Eigenschaften ihm das Herz zum Schwellen gebracht. Jetzt gaben sie ihm Anlaß zu Kummer.
    Infolge seiner traurigen Stimmung war er weniger zurückhaltend, als er es sein sollte. »Ich glaube, wenn nicht«, antwortete er, »zwingt der Drache mich zum Seppuku.«
    Nun drehte sie ihm ruckartig das Gesicht zu. Ihr Blick schien sich in seine Augen zu brennen, in das natürliche Auge ebenso wie in die artifizielle Prothese. Ihr ganzer Körper lohte von Infrarotemissionen. »Warum tun Sie’s dann?«
    »Min…« Es stand außer Frage: er hätte stärker auf der Hut sein müssen. Diese Blöße hätte er sich nicht geben dürfen. Sie lebte schon gefährlich genug, nur weil sie Direktorin der Operativen Abteilung war – und ein durch und durch ehrlicher Mensch. »Welche Alternativen hätte ich denn nach Ihrer Ansicht?«
    »Sie könnten mich hinschicken«, gab sie ohne Zögern mit gepreßter Stimme zur Antwort. »Oder mich ein Team zusammenstellen lassen. Statt einen Cyborg und einen Verräter zu schicken und obendrein Morn Hyland zu opfern« – Min gehörte nicht zu den Frauen, die es davor grauste, Unangenehmes auszusprechen –, »hätten Sie jemanden Vertrauenswürdigen für den Versuch einsetzen sollen, beides durchzuführen, Kassafort zu eliminieren und Morn Hyland zu retten.«
    Sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Es ist selbstmörderischer Wahnsinn, zu dulden, daß sie sich dort herumtreibt«, fügte sie sofort hinzu.
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