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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms
Autoren: Elizabeth Peters
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hinzu: »Weiß der Himmel, warum.«
    Er sollte es bald erfahren.
    Eine Bemerkung seines Vaters weckte ihn aus dem Tagtraum von dem schönsten, aber auch schrecklichsten Tag in seinem ganzen Leben.
    »Wie bitte, Sir?«
    »Du warst meilenweit fort«, erkundigte sich sein Vater neugierig. »Wo?«
    »Eher Monate. In der Nacht, in der die Zwillinge geboren wurden.«
    Emerson schauderte. »Das möchte ich nicht noch einmal durchmachen müssen.«
    »Du hast es doch gar nicht durchmachen müssen«, versetzte Ramses. »Sie war es doch. Und ich habe mir verflucht viel anhören müssen.«
    »Hat sie dich richtig beschimpft?«
    »Nach allen Regeln der Kunst.« Unwillkürlich erschauernd fügte Ramses hinzu: »Ich habe noch nie so etwas Fürchterliches gesehen. Wie Frauen das durchstehen können, und dann tun sie es wieder …«
    »Sie wollten mich nicht zu deiner Mutter lassen. Sonst wäre ich selbstverständlich dabei gewesen, weißt du, selbst wenn sie mich verteufelt hätte. Und das hätte sie auch«, schloss Emerson nachdenklich.
    »Ich weiß.« Er legte seinem Vater eine Hand auf die Schulter. Emerson, dessen viktorianische Erziehung keine Gefühlsbekundungen unter Männern duldete, ließ die Geste kopfschüttelnd über sich ergehen und wechselte das Thema.
    Ihre Mitarbeiter hatten sich eingefunden. Durchweg erfahrene Männer, die seit Jahren für sie tätig waren, und allesamt Angehörige ihres verstorbenen Rais Abdullah. Als Erster begrüßte sie der neue Vormann Selim. Obschon Abdullahs jüngster Sohn, machte ihm diese Position niemand streitig, denn er besaß die gleiche Autorität und vermutlich sogar noch mehr Kompetenz als sein Vater. Direkt hinter ihm stand sein Cousin Daoud. Statt Selims Gruß zu erwidern, starrte Emerson, die Hände in die Hüften gestemmt und den Kopf gereckt, zu der Anhöhe im Osten des Dorfes.
    »Da oben ist jemand«, murmelte er. »In der Nähe von unserem Grab.«
    Das Sonnenlicht überstrahlte den steil ansteigenden Bergkamm. Irgendetwas bewegte sich dort oben, doch trotz seiner sprichwörtlichen Adleraugen vermochte Ramses auf die Entfernung hin keine Details auszumachen. »Vermutlich einer der unermüdlichen Grabräuber von Kurna«, meinte er. »Der vergeblich hofft, dass wir bei der Grabräumung irgendwas übersehen haben.« Das war der zweite Aufsehen erregende Zwischenfall gewesen: das Mumienversteck und die Grabbeigaben der Prinzessinnen und Gottesgemahlinnen aus der Spätperiode. Genau genommen war es gar nicht Emersons Grab, sondern das von seinem guten Freund und Kollegen, dem Amerikaner Cyrus Vandergelt, mit dem sie in jener Saison getauscht hatten; sie hatten das Dorf übernommen und Cyrus die Felsengräber überlassen. Nicht einmal Emerson neidete ihm die Entdeckung, denn Cyrus hatte jahrelang erfolglos in Theben gegraben, und ein solcher Fund war die Erfüllung seines Lebenstraums. Da Cyrus’ Stiefsohn und Assistent Bertie das verschollene Grab lokalisiert hatte, rechtfertigte das ihre Ansprüche umso mehr. Ramses war bei etlichen bemerkenswerten Entdeckungen zugegen gewesen – sein Vater hatte einen untrüglichen Instinkt für dergleichen –, trotzdem würde er seinen ersten Eindruck von der in den Felsen verborgenen Grabkammer nie vergessen. Diese war vom Boden bis zur Decke mit Sarkophagen, Kanopen und Truhen voller Juwelen und reich bestickter Roben gefüllt gewesen. Alle hatten Cyrus nach Kräften geholfen, das Grab freizulegen und die teilweise äußerst empfindlichen Objekte abzutransportieren. Diese Aufgabe genoss Priorität vor allen anderen Projekten, da die Grabplünderer von Theben wie Geier darauf lauerten, mit einigen der Artefakte zu verschwinden. Es hatte Monate gedauert, alles zu katalogisieren, und die Restaurierungsarbeiten dauerten noch an.
    »Schick einen der Männer hinauf, um ihn zu verjagen«, knurrte Emerson, sein Blick weiterhin auf den winzigen Punkt geheftet.
    Selim verdrehte die Augen und grinste, indes überließ er es Ramses, die Sache abzubiegen. »Warum diese Mühe? Da oben ist nichts mehr. Wenn der Kerl so blöd ist, Kopf und Kragen zu riskieren, lass ihn doch.«
    »Es könnte ein verfluchter Tourist sein«, brummelte Emerson.
    Ramses wünschte, seine Mutter hätte sie begleitet, statt mit Fatima Haushaltsangelegenheiten zu besprechen. Sie hätte die Diskussion mit ein paar zündenden Argumenten beendet. »Wir dürfen keine Touristen verjagen, solange sie uns nicht bei der Arbeit stören«, gab er zu bedenken. »Du hast es während der
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