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Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor

Titel: Amelia Peabody 10: Die Hüter von Luxor
Autoren: Elizabeth Peters
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die sonore Stimme, die ihm den Ruf eines der begnadetsten Redner Englands eingebracht hatte. »Meine Herren, Damen und … äh, ich bitte … um Ihre Aufmerksamkeit. Unter der Bedingung, daß Sie sich friedlich und unverzüglich von meinem Anwesen entfernen, erkläre ich mich einverstanden, mir die Petition meiner alten Freundin Mrs. Markham anzuhören. Wachtmeister, kümmern Sie sich darum, daß Ihre Männer wieder ihre Arbeit aufnehmen.«
    Bevor die Tür mit einem entschiedenen Knall ins Schloß fiel, nahm ich hinter ihm noch einen mit Blumen überladenen Hut wahr.
    Mrs. Pankhurst durchbrach als erste das Schweigen. »Also dann«, sagte sie triumphierend. »Habe ich euch nicht gesagt, daß Mrs. Markham Erfolg haben würde? Kommen Sie, meine Damen, wir wollen in allen Ehren den Abzug antreten.« Und das taten sie auch. Die aufgrund des zivilisierten Ausgangs enttäuschte Menge folgte ihrem Beispiel, und schließlich blieben nur noch mein Sohn, ich und ein einsamer Polizist übrig, der die verbogenen Eingangstore zuzog und dann erneut Posten davor bezog.
    »Sollen wir gehen, Mutter?« Ramses nahm meinen Arm.
    »Hmmm«, machte ich.
    »Wie bitte?«
    »Hast du irgend etwas Ungewöhnliches bemerkt hinsichtlich …«
    »Hinsichtlich was?«
    Ich beschloß, meine merkwürdige Eingebung für mich zu behalten. Wenn Ramses nichts Ungewöhnliches bemerkt hatte, hatte ich mich vermutlich geirrt.
    Ich hätte es besser wissen sollen. Ich irre mich nur selten. Mein einziger Trost für dieses Versäumnis ist die Tatsache, daß mir die Polizei mit Sicherheit nicht geglaubt hätte, selbst wenn ich Ramses auf meiner Seite gewußt hätte. Die zur Überzeugung der Behörden benötigte Zeitspanne hätte ohnehin dazu geführt, daß das Verbrechen längst verübt worden wäre.
    Als wir unser Haus erreichten, war es bereits dunkel, und es regnete leicht. Gargery hatte nach mir Ausschau gehalten; er riß die Tür noch vor meinem Läuten auf und verkündete in anklagendem Ton, daß der Rest der Familie in der Bibliothek auf uns wartete. »Oh, kommen wir zu spät zum Tee?« fragte ich, während ich ihm meinen Schirm, Umhang und Hut reichte.
    »Ja, Madam. Der Professor wirkt ziemlich aufgelöst. Hätten wir gewußt, daß Mr. Ramses bei Ihnen ist, hätten wir uns keine Sorgen gemacht.«
    »Verzeihen Sie mein Versäumnis, Sie nicht informiert zu haben«, sagte Ramses und legte seinen Hut auf den Stapel in Gargerys Armen.
    Falls das sarkastisch gemeint gewesen war, erzielte es bei Gargery keine Wirkung. Er hatte an einigen unserer kleinen Abenteuer teilgehabt und sie überaus genossen. Jetzt glaubte er, für uns verantwortlich zu sein, und schmollte, wenn wir ihn über unsere Aktivitäten nicht in Kenntnis setzten. Ein eingeschnappter Butler ist eine verfluchte Plage, aber meiner Ansicht nach war diese Unannehmlichkeit ein geringer Preis für seine Loyalität und Treue. Ohne uns vorher umzukleiden, traten wir aufgrund von Gargerys verstohlenem Hinweis unverzüglich ein und fanden die anderen um den Tisch versammelt vor. Murrend begrüßte mich mein geschätzter Ehemann. »Du kommst verdammt spät, Peabody. Was hat dich aufgehalten?«
    Niemand von uns wartet gern auf verspätete Familienmitglieder, deshalb hatte Nefret bereits zur Teekanne gegriffen. Sie trug eines ihrer bestickten ägyptischen Gewänder, die sie in ihrer Freizeit bevorzugt, und hatte ihr rotgoldenes Haar mit einem Band zurückgebunden.
    Genaugenommen war sie weder unsere Adoptivtochter noch ein Pflegekind, da sie im vergangenen Jahr volljährig geworden war und – dank dem Drängen meines geliebten Emerson auf die Rechte dieser jungen Frau - jetzt das von ihrem Großvater ererbte Vermögen verwaltete. Sie hatte keine weiteren Anverwandten, und Emerson und ich liebten sie wie unsere eigene Tochter. Im Alter von dreizehn Jahren hatten wir sie aus einer entlegenen nubischen Oase gerettet, wo sie seit ihrer Geburt gelebt hatte, und es war ihr nicht leichtgefallen, sich den Konventionen eines modernen England anzupassen.
    Es war auch nicht einfach für mich gewesen. Manchmal fragte ich mich, warum der Himmel mich mit zwei der schwierigsten Kinder gesegnet hatte, die sich eine Mutter nur vorstellen kann. Ramses hätte seit frühester Kindheit wirklich jeder Mutter den letzten Nerv rauben können; in mancher Hinsicht verhielt er sich erschreckend frühreif, manchmal allerdings auch unglaublich normal. (Zum Normalverhalten eines Jungen zähle ich jede Menge Schmutz und die völlige
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