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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag
Autoren: Elizabeth Peters
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Loyalität jeder echten Engländerin gewiß sein sollte. Überflüssig zu erwähnen, daß der Stifter – den ich im folgenden als den Grafen von Liverpool bezeichnen werde – mit jener besagten, vornehmen Dame blutsverwandt war. Wie Emerson es ausdrücken würde, und das tat er zur Genüge: Sie hatte zu viele Nachfahren, direkte und indirekte, die durch die Welt geisterten und in Schwierigkeiten gerieten.
    Falls der Graf gehofft hatte, sich dem üblen Einfluß seines ägyptischen Souvenirs zu entziehen, so hatte er zu lange gezögert. Kurz nach seiner Schenkung erlitt er einen tödlichen Jagdunfall.
    »Geschah dem Halunken ganz recht!« knurrte Emerson, der meine Abneigung gegen blutrünstige Sportarten teilt. »Vernünftige Mumie; intelligenter Kadaver. Sein Sohn ist ebenfalls nicht ungeschoren davongekommen. Er scheint ein scheußlicher junger Flegel zu sein, der an einer dieser scheußlichen, abartigen Krankheiten leidet. Ein klarer Fall von ausgleichender Gerechtigkeit. Hervorragende Mumie!«
    »Um welche Krankheit handelt es sich dabei, Emerson?«
    Emerson hatte sich einem weiteren Zeitungsartikel zugewandt. Er ratterte ihn laut herunter. »Eine anständige Frau stellt solche Fragen nicht, Peabody.«
    »Oh«, meinte ich. » Diese scheußliche, abartige Krankheit. Die würde sicherlich selbst die Yell nicht öffentlich bekanntgeben.«
    »Es gibt unterschwellige Hinweise, Peabody, Euphemismen«, erwiderte Emerson gönnerhaft. »Und jeder, der den jungen Mann und seine Herkunft kennt, kann die richtigen Schlüsse ziehen.«
    »Das ist also das Ausmaß des gräßlichen Einflusses der Mumie? Ein Jagdunfall, ein Fall von einer – äh – Krankheit und ein natürlicher Tod aufgrund von Herzversagen?«
    »Die übliche Anzahl zartbesaiteter Damen ist dabei in Ohnmacht gefallen«, erwiderte Emerson zynisch. »Und die parapsychologischen Ermittler haben Botschaften aus dem Jenseits empfangen. Hmhm. Vermutlich kann man es der leichtgläubigen Öffentlichkeit kaum zum Vorwurf machen, wenn unser ehrenwerter Verwalter ägyptischer und assyrischer Kunstschätze sie zum Narren hält.«
    »Wallis Budge? Ach komm, Emerson, nicht einmal Budge würde –«
    »Er würde. Er hat es bereits getan. Dieser Bursche würde vor nichts zurückschrecken, um seinen Namen abgedruckt zu sehen. Wie ein solch hirnrissiger Idiot diese Position bekleiden … HÖLLE UND VERDAMMNIS!«
    Kein Kunstgriff des Buchdruckers, nicht einmal Versalien, können die Inbrunst dieses Wutschreis verdeutlichen. Emerson ist bei seinen ägyptischen Arbeitern unter dem bewundernden Spitznamen Vater der Flüche bekannt. Lautstärke und Wortwahl haben ihm diesen Titel eingebracht; doch dieser Schrei war selbst für Emersons Maßstäbe so außerordentlich, daß die Katze Bastet, die sich leidlich an seine Ausbrüche gewöhnt hatte, vor Schreck hochsprang und in die Wanne plumpste.
    Die Einzelheiten der nun folgenden Szene lasse ich besser unerwähnt. Meinen Bemühungen, die sich zur Wehr setzende Katze zu retten, wurde mit hysterischem Widerstand begegnet; Wasser platschte über den Wannenrand auf den Boden; Emerson eilte zur Rettung; wie ein auftauchender Wal sprang Bastet mit einem Riesensatz aus dem Wasser und floh – fauchend, spritzend und klatschnaß. Sie und Emerson trafen im Badezimmereingang aufeinander.
    Die sich daran anschließende Stille wurde von der servilen Stimme des Safragi, unseres Zimmerkellners, unterbrochen, der uns vom Hotelflur aus seine Hilfe anbot. Emerson, der in einer Pfütze Seifenwasser am Boden saß, atmete tief ein. Zwei seiner Hemdknöpfe sprangen ab und fielen ins Wasser. Mit überaus beherrschter Stimme beruhigte er den Bediensteten, dann starrte er mich an.
    »Ich hoffe doch, daß du nicht verletzt bist, Peabody. Diese Kratzspuren …«
    »Es hat schon aufgehört zu bluten. Bastet trifft keine Schuld.«
    »Aber vermutlich mich«, meinte Emerson sanft.
    »Also, mein Lieber, das habe ich nicht gesagt. Willst du nicht aufstehen?«
    »Nein«, erwiderte Emerson.
    Er hielt immer noch die Zeitung in der Hand. Langsam und entschlossen trennte er die durchnäßten Seiten auf der Suche nach dem Artikel, der für seinen Wutanfall verantwortlich zeichnete. Durch die Stille hörte ich Bastet, die sich unter dem Bett verkrochen hatte und leise fluchend fauchte. (Wenn Sie mich fragen, warum ich wußte, daß sie fluchte, haben Sie vermutlich noch nie eine Katze besessen.)
    Während ich meinen in einer Pfütze auf dem Badezimmerboden sitzenden Gatten
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