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Am Malanger Fjord

Am Malanger Fjord

Titel: Am Malanger Fjord
Autoren: Theodor Muegge
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mag.«
»Wie heißt er?« fragte Hvaland.
»Henrik Jansen soll er heißen«, erwiderte der Landrichter, »und ganz in Eurer Nähe wohnen.«
»Ist es der aufgeblasene Schuft?« schrie der Kaufmann. »Dacht ich doch, daß er es sein müßte. Wiegelt seit einiger Zeit mir die Leute auf, grinst mich an, wenn er mich sieht, und hat sonderbare Reden geführt, daß er bald an meinem Tische sitzen wollte, und ich müßte ihn bedienen.«
»Er scheint ein Trunkenbold und ein Narr zu sein«, sagte Stureson.
»Straft ihn, daß er zur Vernunft kommt!« rief der Kaufmann.
»Sorgt nicht«, lächelte der Landrichter, »ich will ihn mürbe machen. Aber meine liebe Mary sieht ängstlich und ernst aus«, fuhr er fort. »Mein Geschäft für den Vormittag ist beendet, was übriggeblieben, mögen meine Schreiber abtun. Was gibt es nun, womit ich dich erfreuen kann? Hast du nichts gefunden auf dem Markt, das du dir wünschen würdest?«
Die Braut schüttelte den Kopf, aber ihre Freundinnen konnten sich nicht so bescheiden zurückhalten.
»Es ist etwas da, Herr Sorenskriver«, sagte die Keckste, »das niemand kaufen kann außer der Herr Sorenskriver!«
»Was ist es?«
»Ein Federmantel, den eine Königin tragen könnte!«
»Dann muß ihn Mary besitzen«, rief der Landrichter, »wo ist er?«
»Ein Lappe hat ihn zu verkaufen, ein sonderbares, häßliches Geschöpf. Er muß die Lepra haben, sein ganzes Gesicht ist bepflastert und steckt samt dem Hals in dichten Binden.«
»Mag er haben, was er will«, sagte Stureson, »er mag es behalten, aber den Mantel soll er uns lassen.«
»Laßt ihm den auch«, fiel Hvaland ein. »Es ist ein unverschämter Bursche, achtzig Spezies hat er gefordert!«
»Und wären es hundert«, rief Stureson, »wenn er Mary gefällt, ist er mir nicht zu teuer!«
Die jungen Mädchen richteten beifällige und bewundernde Blicke auf den Bräutigam. Wie war Mary zu beneiden um diese Liebe!
»Wo finden wir den Wundermantel?« fragte Stureson. »Er wird doch nicht schon verkauft sein?«
»Seid ohne Sorge«, sagte Hvaland lachend, »so leicht wird der gaunerische Landstreicher ihn nicht los. Die ihn etwa haben möchten, warten bis Abend, bis auf den letzten Glockenschlag, und bieten dann zwanzig bis fünfundzwanzig Taler, wofür er ihn gern losschlägt, um nicht ohne Geld nach Haus zu kommen. Rat Euch, daß Ihr es ebenso macht.«
Aber Stureson wollte davon nichts wissen. »Komm«, sagte er zu Mary, »laß den Vater die Reste seiner Vorräte verkaufen. Der Handel geht gut, wie ich sehe, und an solchen Tagen tut eine Handvoll Spezies mehr oder weniger keinen Schaden.«
Hvaland schmunzelte dazu und machte sein pfiffiges Gesicht. »Nun meinetwegen«, rief er den Davoneilenden nach, »gebt dem Schelm, was er haben will, und meinen Segen obenein, wenn er ihn gebrauchen kann!«
Der Sorenskriver durchstrich den Markt nach allen Seiten und tat mancherlei Fragen an bekannte Leute nach dem Lappen mit dem schönen Federkragen. Viele erinnerten sich, ihn da und dort gesehen zu haben, aber nirgends war er zu finden. Es war inzwischen später geworden, und die befriedigten Käufer überließen sich den Genüssen, die in manchen Buden und an vielen Feuerstellen ihnen dargeboten wurden.
Die jungen Mädchen waren inzwischen mit Mary weitergegangen, während Stureson, von einigen Kaufleuten und Lehnsmännern aufgehalten, Antwort auf ein paar Streit- und Rechtsfragen geben sollte. Als er sich losmachte, sah er Marys weißes Gewand ganz am Ende des Marktes und niemanden bei ihr.
»Wo sind deine Freundinnen?« fragte er, als er sie erreichte.
»Sie haben sich zerstreut, um an anderen Stellen nach dem Mann zu suchen, der sich nicht finden läßt.«
»So laß uns umkehren«, sagte Stureson. »Wonach siehst du, Mary?«
Er folgte ihren Blicken, welche sich auf die Schlucht richteten, aus der die Malself hervorbrach, weiß schäumend und über große Felsenblöcke sprudelnd, welche ihren Lauf hemmten. Wald zog von beiden Seiten an den hohen Fjellen hinunter in das enge Tal des Stromes, die jähen Wände sahen wie das offene Tor einer Felsenburg aus.
»Da ist er!« schrie Mary auf.
»Wo?« sagte Stureson. »Wer?«
Sie riß sich von seiner Hand los, und ohne auf seinen Ruf zu achten, lief sie mit flüchtiger Schnelle über den Moosboden den Steinen zu.
»Bist du rasend?« rief er ihr nach. »Halt, Mary, halt ein! Es ist sumpfig und naß! Zurück da, zurück zu mir! – Aber was ist das? – Bei Gott – da ist er –«
Dieser letzte Ausruf galt einem Lappen,
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