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Am Malanger Fjord

Am Malanger Fjord

Titel: Am Malanger Fjord
Autoren: Theodor Muegge
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dem Saal in den Garten führte. Hier war die schönste Aussicht auf Gebirge und Meer. Das ganze reizende Panorama, die umgletscherten Felsen der hohen Jauren, welche am Himmel zu schweben schienen, und das bunte Menschentreiben auf den grünen Ufern des Fjords, alles bot sich den Augen des Paares.
»Bist du es denn zufrieden, meine liebe Mary«, sagte Stureson im zärtlichsten Tone, »daß der Priester deine Hand in die meinige legt?«
»Ich bin es zufrieden«, erwiderte Mary ernsthaft, »und bitte meinen Schöpfer, daß er mir die Kraft verleiht, dich recht gut und glücklich zu machen.«
»Ei, das klingt recht fromm«, sagte Stureson lächelnd, »und Propst Stockfleth könnte nicht besser die Pflichten einer treuen und ergebenen Gattin schildern. Aber ich verlange mehr von dir, meine Mary! Du sollst mich lieben, mich verstehen, mir unlöslich anhängen, und ich will dich dafür so hoch erheben, wie ich immer vermag!«
Ihre tiefen braunen Augen sahen furchtsam, aber doch bestimmt zu ihm auf. »Ich denke«, sagte sie, »alles zu sein, was du von mir forderst, und verlange nichts dafür als das, was ein Mann seiner Frau immer geben soll.«
»Ach, deine Rätsel«, fiel Stureson ein. »So sage mir, was du verlangst, was dein genügsames Herz begehrt!«
»Mein Herz«, erwiderte sie lächelnd, »will, daß du es achtest und gütig mit ihm umgehst. Du hast in der großen Welt gelebt, viel erfahren und viele weit schönere und klügere Frauen kennengelernt. Ich habe nichts als mein natürliches Empfinden für das Rechte und Gute wie für das Ungerechte und Harte. Du willst, daß ich dich liebe und verstehe. Ich will mich bemühen. Aber zeige du mir den Weg, daß ich dich verstehen und lieben lerne, durch deine Handlungen, deine Güte, durch die Achtung, die alle guten Menschen dir zollen.«
»Du gutes Kind«, sagte Stureson, und seine Stimme drückte ein Gemisch von Spott, Mitleid und Teilnahme aus, »du hast ja recht. Wahre Liebe ist immer auf Achtung begründet, alles andere ist Täuschung, ein flüchtiger Rausch der Sinne, und man kann nur achten, was sich über das Gewöhnliche erhebt. Und dies gedenke ich ohnehin zu tun.«
»Ich wünschte mir«, antwortete sie, eingeschüchtert vom Klang seiner Stimme, »Gutes zu tun und durch dich Gutes zu fördern. Du bist angesehen in deinem Amt und kannst für Leidende und Unterdrückte viel tun. Holmböe hat manches bewirkt. Dies Haus, in welchem wir wohnen, besitzt ein gesegnetes Andenken. Aber Holmböe war zu arm, er konnte nicht ausführen, was er begonnen. Du wirst reich sein, meines Vaters großes Vermögen wird dich in den Stand setzen, viel Glück und Freude um dich zu verbreiten.«
»Wenn ich dich recht verstehe«, erwiderte der Landrichter, »so meinst du, daß ich mein Leben so gemeinnützlich anwenden soll wie mein Vorgänger? Daß ich Lappen zähme, den Boden bebauen, Kolonien errichten, Versuche machen soll, was hier gedeiht und wächst, und ähnliche Experimente?«
»So schön und reich und noch reicher möge dein Leben sein«, sagte Mary mit leuchtenden Blicken, »dann will ich getreulich alles mit dir teilen.«
Stureson lachte laut auf. »Ich will Hals und Kragen wetten«, rief er, »wenn nicht alles, was du mir gesagt hast, aus Stockfleths Kopf in dein weiches Köpfchen übergeströmt ist! Das sind seine Lehren – ich höre seine Grundsätze! Aber glaube mir, teure Mary, die Welt ist anders, als diese phantastischen Tugendbolde sie ausmalen. – O wende dich nicht ab und zürne mir nicht«, fuhr er fort, »wir wollen ja Gutes tun, soviel wir können, und ich will dich nicht hindern, deinem schönen Mitleid zu folgen. Aber wenn du meinst, ich müsse mein Leben hier zubringen, um Holmböes Narrheiten weiterzuführen oder Stockfleths Schüler und Bewunderer zu werden, so muß ich dir widersprechen.«
Er schlang den Arm um sie und deutete auf das bunte Gewühl am Fjord. »Laß doch diese Leute hier alle ihr Leben führen, wie sie es gewohnt sind; laß sie bei ihren Kabeljauen, ihren Tranfässern, ihren Rentieren, ihren Hütten und Booten leben, wie es Gott bestimmt hat. Wir werden mit aller unserer Mühe, mit allen unseren Opfern nichts daran ändern können. Was hat denn Stockfleth bewirkt, der seit zwanzig Jahren durch die Wüsten läuft? Was hat Holmböe bewirkt und vor ihm manche wackeren Männer, die alle bessern und bekehren wollten? Sieh diese zottige, gierige Masse an, sie ist so roh und schlecht, wie sie immer war. – Nein, so gemein soll unser Dasein nicht
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