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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Michael Sears
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Auge behalten. Manchmal musst du jemandem mehr Spielraum geben, manchmal musst du jemanden im Zaum halten oder ganz zurückpfeifen. Das sind Ermessensfragen. Einst nannte man es Führung.
    Aber die Wall Street hatte sich in Modelle verliebt. Nicht in solche wie Angie, sondern in Black-Box-Modelle, in den Algoritmus-Handel. Diese Black Boxes griffen Zahlen auf, kauten sie durch, nahmen sie in die Mangel von t-Statistiken, stellten Standardabweichungen fest und spuckten andere Zahlen wieder aus. Und da es kluge Köpfe waren, die diese Black Boxes entwickelten – und damit, wie ich zugeben muss, teilweise riesige Gewinne einfuhren –, machten nach und nach alle mit. All das führte zu einer bürokratischen Herrschaft der Bildschirme – nicht mehr Händler hatten das Sagen, sondern Programmierer und Mathematiker, die uns andere überwachten und sicherstellten, dass wir nichts taten, was ihre Black Boxes hätte irritieren können.
    Ich war von Anfang an gegen diese Risikobegrenzungen gewesen. Sie waren mir von derselben Riege alter Glucken aufgezwungen worden, die meinten, sie könnten die Aufsichtsräte beschwichtigen, indem sie meinen Handlungsspielraum einschränkten. Mein Chef verstand das. Er wusste, worauf es bei dem Spiel ankam. Aber in jenem Meeting hatte er den Mund gehalten und mich im Regen stehen lassen.
    Ich hatte mich bereit erklären müssen, mich an etliche weitere sinnlose, noch striktere Richtlinien zu halten, erst dann hatten sie uns gehen lassen. Wieder hatte das Formale über das Inhaltliche gesiegt.
    Im Fahrstuhl knöpfte ich mir meinen Chef vor.
    »Warum hast du mich so hängen lassen, David? Ich hab die ganze Zeit darauf gewartet, dass du mir zur Seite springst!«
    Er antwortete leise und eindringlich. »Du bist gerade nochmal davongekommen, Jason. Wenn die Firma gut läuft, sind die Macher am Ruder – das weißt du. Aber es läuft nicht gut. Deshalb übernehmen die Nadelstreifen. Die vergangenen Quartale waren schwierig, und der Vorstand sucht einen, der die Schuld dafür auf sich nimmt.«
    »Ach, komm. Du weißt genau, dass das Zyklen sind. Das haben wir doch alles schon durch. Nicht mehr lange, und wir werden es ihnen zeigen!«
    »Der Vorstand wäre jetzt froh über ein paar anständige Geschäfte. Deine Mannschaft ist gut, Jason, das wissen alle. Wenn du dich ruhig verhältst und ihr wieder zuverlässig Geld macht, wenigstens im kleinen Rahmen, kommt alles in Ordnung.«
    Das machte mich stutzig. »Und wenn nicht?«
    »Dann werden die alten Säcke dich dem Vorstand als Opferlamm servieren, und ich werde dir nicht helfen können.«
    Gerade hatte ich Angie ein neues Spielzeug gekauft – einen Sechzigtausend-Dollar-Cadillac Escalade. Sie hatte ihn haben wollen, um mit ihrer Fashion-World-Clicque raus zu dem Haus in Montauk zu fahren. Allerdings saß sie nicht gern selbst am Steuer. Also fuhr ich. Als der Sommer halb vorbei war, sollte sie schon jedes Interesse an der großen Maschine verloren haben. Schrägerweise hatte sie das Ganze als eine Art Sparmaßnahme ihrerseits dargestellt; so musste sie nicht jedes Mal, wenn sie mit dem Strandhaus angeben wollte, eine Limousine mieten. Aber ihr teure Geschenke zu machen – einfach so, um ihr habgieriges und launisches Wesen zu befriedigen – gehörte damals zu dem Bild, das ich mir von mir selbst aufgebaut hatte. Für mein Selbstverständnis war es essenziell, dass ich ihr das weiterhin bieten konnte. Und deshalb brauchte ich einen Job – einen fetten Job. Mit einem fetten Bonus.
    »Ich verstehe.« Es kam überhaupt nicht infrage, dass ein Haufen hohler Nadelstreifen mich ausbremste. »Danke, dass du mich warnst, David. Keine Sorge. Ich krieg das hin.«
    Ich schaute im Handelsraum vorbei. Wir lagen für den Tag bei unter einer Million. Das hieß, nur zwei Millionen plus für den ganzen Monat. Für zwölf erfahrene Händler eine schwache Vorstellung. Sie hatten sich gar nicht so schlecht gehalten, die meisten Abschlüsse warfen einen vernünftigen Gewinn ab. Einer allerdings nicht. Es war ein großer Trade mit einer Zentralbank in Nahost. Mein Händler hatte sich auf dem falschen Fuß erwischen lassen und zwei Millionen versenkt, bevor er sich einmal um sich selbst drehen konnte. Ich konnte weder das Geschäft selbst rückgängig machen noch jene, die er im Anschluss getätigt hatte, um die kleine Katastrophe irgendwie auszugleichen. Aber ich konnte die Fälligkeit ändern. Von in drei Tagen auf in 368 Tagen. Das Ergebnis des Tages würde um eine
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