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Am Fluss des Schicksals Roman

Titel: Am Fluss des Schicksals Roman
Autoren: Elizabeth Haran
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gelang ihm tatsächlich, die Räder der Vorderachse vom Boden zu heben. Zuerst hielt Joe ihn für einen betrunkenen Angeber, erkannte aber gleich darauf, dass es sich um eine Kraftprobe handelte. Joe sah aber auch, dass Ned einen verzweifelten und traurigen Eindruck machte und seine Anstrengungen verspottet wurden. Bevor er sich verletzen konnte, trat Joe auf ihn zu und fragte ihn, ob er als Matrose für ihn arbeiten wolle – ein Angebot, das Ned mit sichtlicher Erleichterung und Dankbarkeit annahm. Sie vereinbarten ein Treffen im Hotel, um alles Weitere zu besprechen.
    Allerdings tauchte Ned Gilford nicht zum vereinbarten Zeitpunkt auf und hatte auch keine Nachricht bei Mrs Hepburn hinterlassen, die das Hotelpersonal beaufsichtigte. Joe war enttäuscht; er war sicher gewesen, dass Ned ihn nicht im Stich ließ.
    »Vielleicht ist er aufgehalten worden«, sagte Joe am nächsten Morgen zu Mary, nachdem sie vom Einkauf der Vorräte zurückgekehrt war, die aufs Schiff gebracht werden sollten, darunter Grundnahrungsmittel für die Speisekammer sowie Tischwäsche und Geschirr.
    »Oder jemand hat ihm ein besseres Angebot gemacht«, entgegnete Mary.
    »Tja, leider können wir nicht länger warten«, sagte Joe. Sie konnten sich keine weitere Nacht in dem Hotel leisten, zumal nicht nur das Zimmer, sondern alles in Echuca dreimal so teuer war wie auf den Goldfeldern.
    Vor ihrer Abreise hinterließ Joe bei Brontë Hepburn eine Nachricht: Für den Fall, dass Ned doch noch auftauchte, sollte er sich am Flussufer in der Nähe der Werft bei ihnen einfinden.
    Joe und Mary mieteten sich eine Kutsche, um mit ihrer Reisekiste, den Koffern und den Vorräten zur Werft zu gelangen. Auf ihrer Fahrt entlang des Flusses, auf dem Schaufelraddampfer in jeder Form und Größe zu bewundern waren, kamen sie an einem Ponton vorüber, der Silas Hepburn gehörte, wie der Kutscher ihnen erzählte. Hunderte von Schafen waren darauf zusammengepfercht, um von New South Wales hinüber nach Victoria transportiert zu werden.
    »Schlachtvieh für hungrige Goldsucher«, bemerkte der Kutscher.
    »Wie hoch ist die Transportgebühr, die Mr Hepburn von den Viehtreibern verlangt?«, fragte Joe.
    »Bei den Schafen hängt es von der Anzahl ab. Bei Rindern verlangt er zwischen drei und sechs Pennys pro Tier, bei Pferden sechs Pennys.«
    »Da wäre es besser, ans andere Ufer zu schwimmen«, sagte Joe, empört über diesen Wucher.
    »Oh, auch das kostet. In diesem Fall verlangt Silas Hepburn einen Penny pro Tier für die Bereitstellung erfahrener Fährmänner, die sie hinübergeleiten. Die Fährmänner behaupten, sämtliche Strömungen und Untiefen zu kennen, und erzählen so manche Schauermärchen, um zweifelnde Viehzüchter zu überzeugen. Dabei wissen die Züchter, dass sie hereingelegt werden, aber sie können es sich nicht leisten, ein Risiko einzugehen.«
    Joes erster Eindruck, dass Silas Hepburn ein gerissenerGeschäftsmann war, bestätigte sich – was er dem Kutscher auch sagte.
    »Ja, für einen ehemaligen Sträfling aus Port Arthur hat er sich ganz schön gemausert«, erwiderte der Kutscher und lachte beim Anblick der verdutzten Gesichter Joes und Marys laut auf.

    Als Joe den Raddampfer am Dock der Werft erblickte, rief er: »Das ist er!« Auch wenn es bestimmt nicht das größte Schiff auf dem Fluss sein würde, fiel es wegen seiner breiten, schrägen, nach oben gewölbten Radkästen für die Schaufelräder auf – eine Idee, die Joe und Ezra gekommen war, als sie die Baupläne entworfen hatten.
    »Bist du sicher, dass es unser Dampfer ist?«, fragte Mary.
    Joe nickte bloß und lächelte.
    Mary ließ sich von der Begeisterung ihres Mannes anstecken. »Ich kann es gar nicht abwarten, an Bord zu gehen.«
    Zügig lud Joe ihr Gepäck und ihre Vorräte aus der Kutsche. Nachdem der Kutscher bezahlt worden war und sich wieder auf den Weg gemacht hatte, stellte Joe das Gepäck am Flussufer ab, nahm den Arm seiner Frau und sagte: »Komm, schauen wir uns unser neues Zuhause an.« Wie lange hatte er diesem Tag entgegengefiebert! Der Himmel war bewölkt, und es sah nach Regen aus, aber selbst ein heftiger Wolkenbruch hätte Joes Stimmung nicht trüben können.
    Mary hielt inne. »Dürfen wir denn einfach so an Bord?«, meinte sie unsicher. »Müssen wir nicht zuerst die Erlaubnis einholen?«
    Joe lachte. Mary hatte eine angeborene Scheu vor Autoritätspersonen, und das Leben auf den Goldfeldern hatte ihre Furcht nur noch verstärkt. Er wusste, dass es Zeit brauchte,
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