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Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages
Autoren: Robert Hültner
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deutschen Volk unbedingt wieder Ehre, Pflichterfüllung und Opfermut beibringen möchte.«
    »Nazen?«
    »Aus dir wird direkt noch was, Paulchen.«
    »Sie werdens ja wissen«, zischte Kajetan. »Und nennens mich nicht Paulchen, ja?«
    »Das darf doch nicht wahr sein, du elende Mimose! Kapierst du nicht? Wir hocken gemeinsam im Dreck, Kollege! Würdest du also endlich aufhören, die beleidigte Leberwurst zu geben? Und mit deiner blöden Siezerei? Und mir vor allem erklären, wieso du mich schon wieder in einen Schlamassel bringen musst? Die Kerle hatten keinen Dunst, dass ich von hinten ins Haus bin, nachdem ich mir ausrechnen konnte, dass vorne einer von den Kerlen Schmiere steht. Ich wollte mich schon wieder verdrücken, als ich sehen muss, wie du Einfallspinsel auf das Haus zugehst!« Er schnaubte. »Ich hätte dich abknallen lassen sollen, jawohl! Dann säße ich jetzt nicht in der Tinte!«
    Kajetan schwieg verärgert. Die Wand hinter seinem Rücken vibrierte. Über ihm dröhnten Hammerschläge.
    »Sie stemmen die Wand auf, um an den Tresor zu kommen«, erklärte Kull flüsternd. »Scheint aber nicht so einfach zu sein. Zu unserem Glück, denn so lang sind wir noch einigermaßen sicher. Vermutlich treiben sich in der einen oder anderen Ziegelei in der Nähe noch Leute herum. Die Kerle können nicht riskieren, dass von ihnen jemand die Polizei …«
    Kajetan unterbrach hastig: »Aber das ist komisch …«
    »Was?«
    »Es müsst noch mindestens ein Arbeiter auf dem Gelände sein.«
    »Quatsch. Davon hab ich nichts bemerkt. Die Kerle werden abgewartet haben, bis er Feierabend macht.«
    »Feierabend, Blödsinn. Ich hab vorhin Rauch gesehen. Das heißt, dass der Brennofen in Betrieb ist. Und wenn er das ist, muss er Tag und Nacht beheizt werden! Mindestens ein Heizer muss noch drüben sein.«
    Kull schwieg einen Moment. Dann sagte er verdrossen: »Dann ist zu befürchten, dass sie ihn gleich zu Beginn ausgeschaltet haben, um nicht gestört zu werden…«
    Er ächzte leise.
    »Was ist?«
    »Nichts«, sagte Kull erstickt. »Ne kleine Schramme. Der Querschläger von vorhin.«
    Er atmete tief durch. Dann sagte er: »Und du? Du wolltest diesem Fürst den Mord an deiner Bauersfrau anhängen, bist aber nicht weitergekommen, stimmts? Hast dann aber rausgekriegt, dass unser Major von Lindenfeld nicht bloß sein früherer Kommandeur war, sondern einer dem anderen auf irgendeine Weise verpflichtet sein muss.«
    Kajetan bejahte unwillig. »Und du?«
    »Warum ich hier bin? Vielleicht, weil unser Freund auch auf meiner Hochzeit tanzt?«
    Kajetan erinnerte sich. »Der Absturz?«
    »Es war Sabotage, wie vermutet. Es sollte eine Menge Geld ins Ausland geschafft werden, gute hunderttausend. Lindenfeld hat einen Plan ausgeheckt, um sich die Summe zu klemmen. Geholfen hat ihm dabei, dass er der Verbindungsmann zwischen meinem Auftraggeber in Berlin und einem ›Schutzbund für das Deutschtum im Ausland‹ war. Nie davon gehört?«
    »Schutzbund?«
    »Ja. Schon komisch, was? Schutzbund, Schutzstaffel – dauernd sind die Kerle sich am schützen. Müssen ja permanent in verschissenen Hosen herumlaufen. Wahrscheinlich haben sie sich deshalb die braune Farbe für ihre Uniform ausgesucht. Damit es nicht auffällt, wie ihnen die Kacke aus der Hose schwappt.«
    Kajetan entfuhr ein leises Lachen.
    »Wenns nur ein Witz wär, Paulchen«, seufzte Kull. »Wenns nur einer wär.«
    »Paul«, sagte Kajetan. »Ich heiß Paul.«
    Kulls seufzte leise auf. Sein Profil hob sich gegen den schwachen Lichtschein, der vom Fenster in das geräumige Büro drang.
    »Und weiter?«, setzte Kajetan nach.
    Der Ermittler atmete rasselnd. »Lindenfeld stand mit seiner Ziegelei kurz vor dem Bankrott. Also wanzt er sich an die Nazis ran, macht ihnen vor, eigentlich auf ihrer Seite zu stehen, steckt ihnen die Information vom bevorstehenden Transfer zu und unterbreitet ihnen einen Plan, wie sie an die Pinke kommen können. Sein Vorschlag lautet, dass ein als Bordmechaniker eingeschleuster Parteigenosse den Flug begleiten und den Flugzeugführer zwingen sollte, die Flugroute zu ändern und irgendwo auf einem Feld im Chiemgau zu landen, wo die Herrschaften das Geld in aller Ruhe aus der Maschine holen könnten.«
    »Hm«, machte Kajetan. »Und was hat er davon?«
    »Das war ja auch nur der erste Teil seines Plans. Die Nazis mussten natürlich darauf achten, dass der Verdacht nicht auf sie fällt. In den Schlagzeilen als ordinäres Raubgesindel entlarvt zu werden, wäre
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