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Am Dienstag sah der Rabbi rot

Am Dienstag sah der Rabbi rot

Titel: Am Dienstag sah der Rabbi rot
Autoren: Harry Kemelman
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dass das so ist, weil er sich seiner Unschuld gewiss ist. Wenn ich ihn wieder sehe, würde ich ihm gern sagen, dass auch Sie guten Mutes sind.»
    Sie starrte ihn an, dann plötzlich verstand sie ihn. Sie sagte leise und mit beherrschter Stimme: «Ja, sagen Sie ihm das. Danke.»
    Statt Miriam, als er nach Hause kam, seinen Mantel zu geben und sie wie üblich flüchtig auf die Wange zu küssen, umarmte er sie und küsste sie fest auf den Mund.
    «Nanu», sagte sie staunend, «wie kommt denn das?»
    «Ich hab einen unerfreulichen Tag hinter mir, aber ich hab dabei gelernt, dass ich dich sehr liebe.»
    «Wenn du das gelernt hast, musst du mir alles erzählen.»
    «Ich kann nicht.»
    «Dann will ich dir wenigstens einen Whisky holen.»
    «Nein, aber eine Tasse Kaffee hätte ich gern.»
    «Ich auch.» Sie ging in die Küche und setzte Wasser auf.
    Er band die Schuhe auf und schleuderte sie fort, dann schob er sich ein Kissen zurecht und legte sich lang auf den Diwan. Aber dann klingelte das Telefon, und er musste aufstehen. Es war der Assistant District Attorney.
    «Ja, Mr. Ames. Was kann ich für Sie tun?»
    «Sergeant Schroeder war gerade bei mir. Er ist ziemlich wütend auf Sie. Und ich bin auch nicht gerade entzückt.»
    «Es tut mir Leid, das zu hören», sagte der Rabbi. «Ist es ein generelles Gefühl, oder glaubt er, ich hätte was Bestimmtes getan?»
    Ames kicherte anerkennend. «Am liebsten hätte er es, wenn ich Sie als Hauptzeugen verhaften ließe. Es geht um etwas, was Sie vermutlich eine Unterlassungssünde nennen würden. Eine Kathy Dunlop hat Sie besucht und Ihnen Informationen gegeben, die mit unserem Fall zu tun haben. Er findet, Sie hätten das der Polizei melden müssen.»
    «Aha. Sie ist also mit ihrer Geschichte auch zu Ihnen gekommen?»
    «Ja, das ist sie.»
    «Ich habe darüber nachgedacht», sagte der Rabbi, «und befunden, dass der Polizei wenig mit einer unbelegbaren Geschichte gedient wäre, während meine Meldung einer Angelegenheit, für die ich mich verantwortlich fühle, sehr schaden würde. Ich habe eins gegen das andere abgewogen und beschlossen, vorläufig nicht davon zu berichten.»
    «So, haben Sie das? Um was geht es denn, Rabbi?»
    «Die Beziehung zwischen Mr. und Mrs. Fine. Ich habe die beiden getraut, wissen Sie.»
    «Sie hatten Angst, Schroeder könnte zu Mrs. Fine gehen?» Es folgte eine Pause. «Gut, Rabbi, ich nehme Ihnen das ab. Aber was ist mit Ihrem kleinen Ausflug zum Excelsior ? Da handelt es sich um eine reine Polizeiangelegenheit.»
    «Auch dafür habe ich eine Rechtfertigung.»
    «Sparen Sie sie sich, Rabbi. Treffen wir uns doch morgen nach Ihrer Vorlesung im Apartment von Hendryx. Dort können Sie mir dann alles erzählen. Und, Rabbi», fügte er hinzu, «ich hoffe, dass Ihre Geschichte gut ist.»
    Er legte auf, als Miriam gerade mit dem Tablett ins Zimmer kam. «Noch mehr Ärger?», fragte sie besorgt.
    «Nichts Ernstes. Und nichts, worüber ich mir vor morgen Gedanken machen müsste. Heute freue ich mich auf einen ruhigen Abend zu Hause.»
    Sie hörte ein Auto und trat ans Fenster.
    «Oh, David, jetzt hält ein Streifenwagen vor dem Haus.»
    Und gleich darauf klopfte es auch schon energisch. Miriam öffnete die Tür. Der Polizist tippte an seine Mütze und sagte: «Guten Tag, Mrs. Small. Ich hab Ihnen die Karten für den Polizeiball gebracht.»
    «Ach, liefern Sie die jetzt persönlich ab?», fragte der Rabbi.
    «Der Chef meint, es wäre gut für unsere Kontakte mit den Bürgern. Wissen Sie, so lernen wir die Leute kennen. Kontakte zu den Bürgern sind jetzt bei uns im Revier die große Mode.»
    «Na, ich finde das eine sehr gute Idee», sagte Miriam. «Warum machen Sie keine Nägel mit Köpfen und kommen auf einen Kaffee herein?»
    «Das ist sehr freundlich von Ihnen, Mrs. Small, aber mein Kollege sitzt im Wagen.»
    «Dann holen Sie ihn doch rein.»
    «Bei der Polizei sind Public Relations jetzt der letzte Schrei», sagte der erste Beamte noch einmal, als er und sein Kollege auf den Stuhlkanten saßen und die Kaffeetassen vorsichtig auf den Knien balancierten. «Es geht alles auf das Konto der jungen Leute, die uns ‹Schweine› und was sonst nicht alles nennen. Und wenn man dann einen von ihnen verhaften muss, schreien sie gleich von Polizeibrutalität. Und darum soll dieser Feldzug dazu dienen, dass die Leute die Polizei kennen lernen und dann eher unterstützen. Vermutlich hat es schon einen Sinn, aber ich persönlich meine, dass die, die keinen Ärger machen,
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