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Am Anfang war das Chaos

Am Anfang war das Chaos

Titel: Am Anfang war das Chaos
Autoren: Hans Kneifel
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schnell und mit sicheren Schritten.
    Das Summen riß ab, kam wieder, schien einzelne Worte in einer unbekannten Sprache bilden zu wollen. Die Eindringlinge sprangen die Treppe hinauf, und rings um sie prasselten die Geschosse der Untoten auf den Stein.
    »Vater. Schlage auf die Spinne ein!« drängte Ilfa.
    Ihr Weg war mit den Überresten der dünnen Beine markiert. In dem Gewirr der Spinnenbeine klafften große Lücken. Die besonders langen Sprungglieder hatten zuerst daran glauben müssen. Auf der Hälfte der Treppe angelangt, warf Helmond einen raschen Blick über die Schulter.
    Die Untoten, die der Hexe zu folgen versuchten, waren auf der untersten Stufe stehengeblieben.
    Ihre mächtigen Körper schwankten hin und her. Die Rüstungen knirschten und senkten sich. Langsam begannen die Untoten zu zerbröckeln und sich aufzulösen. Die Krieger, die ihrer Herrin ins Freie folgen wollten, starben zum zweitenmal.
    »Wir sind entkommen, Helmond!« schrie Ilfa freudig auf. »Schnell, zurück zu unserem Lager.«
    »Wir sind noch lange nicht in Sicherheit«, grollte Helmond und führte wieder einen Hieb gegen die Spinne. Die drei Flüchtenden standen jetzt in der Kammer mit den zauberischen Geräten. Mythor war aus seiner Trägheit erwacht. Seine Hände zogen und zerrten an seiner Peinigerin, und hin und wieder zuckte das Bündel der Beine zusammen. Die Facettenaugen des Spinnenkopfs trübten sich.
    Wieder summte Yorne zornig auf. Dann ertönte ihre Stimme. Sie war hell und von irrsinniger Wut erfüllt.
    » Ich verfluche dich, Mythor. Nie sollst du aus dem Kelch der Erinnerung trinken dürfen! «
    Die Stacheln einiger Spinnenbeine erreichten seinen Körper. Während sie rannten und hasteten und den Kuppelbau durch die schmale Tür verließen, mußten die Flüchtenden mit ansehen, wie Yorne dem Gefangenen Stiche versetzte. Eine grünliche Flüssigkeit lief aus den Stacheln heraus, die sich ins Fleisch des Körpers senkten. Mythor schien nichts zu spüren, denn er rannte vor Ilfa einher und prallte nach zehn, fünfzehn Schritten gegen eine Wand duftender Pflanzen.
    Wieder traf ein kraftvoller Hieb die Riesenspinne.
    Der Schlag fegte sie vom Oberkörper Mythors. Ilfa sah entsetzt, wie das Bündel aus zuckenden Spinnenbeinen in Helmonds Richtung flog. Die Knochenspinne landete auf seiner Brust und verkrallte sich augenblicklich darin.
    Helmond hieb mit der Waffe verzweifelt auf das Untier ein. Aber er konnte sich nicht mehr aus der tödlichen Umklammerung befreien. Als das Zucken der knöchernen Spinnenbeine erstarb, war auch in Helmond kein Leben mehr. Er war ohne einen Laut gestorben.
    »Vater!«
    Ilfas Hand zuckte in Helmonds Richtung. Aber dann wandte er sich ab. Für Helmond, den einst so gefürchteten Rottenführer, kam jede Hilfe zu spät.
    Ilfa packte Mythors Hand und zog ihn mit sich. Der Weg zwischen den Pflanzen, abseits der überall lastenden Dunkelheit, ließ bei Ilfa nur flüchtige Freude aufkommen. Nach dem Gestank unterhalb des Erdbodens war jeder Atemzug in der betäubenden Luft ein Zeichen eines neugewonnenen Lebens. Aber noch war der Schmerz über den soeben erlittenen Verlust zu groß.
    Vor der Mauer war Mythor stehengeblieben. Er starrte leeren Blicks darauf.
    »Nur zu. Geradeaus weiter. Die Mauer ist nur ein Trugbild«, sagte Ilfa und schob Mythor weiter. Er streckte zögernd die Hand aus, aber als nach und nach seine Finger und der ganze Arm in der Mauer versanken, wagte er den nächsten Schritt und verschwand vor Ilfas Augen. Ilfa folgte ihm.
    »Mich hat ein großer, grauer Wolf hierher gebracht«, sagte Ilfa. Mythor begann zu schwanken und lallte:
    »Wolf. Ich habe… keinen… Wolf.«
    Er ist müde, dachte Ilfa. Überdies hatte Yornes Spinnenhaupt den Fremden gestochen. Vielleicht hat er Gift im Körper. Ilfa zuckte die Schultern und zerrte Mythor mit sich. Als er stolperte, fing Ilfa ihn auf, um ihn vor einem Sturz zu bewahren.
    »Nur wir beide haben überlebt«, sagte Ilfa und legte sich Mythors Arm um die Schulter. »Ich bringe dich zu unserem Lager.«
    »Lager…«
    Während sie den Weg, den Ilfa inzwischen sehr genau kannte, zurücklegten, wurde Mythor immer langsamer. Durch Ilfas Gedanken zuckten die richtigen und falschen Bedeutungen vieler Worte, die Yorne und die anderen ausgestoßen hatten.
    Kelch der Erinnerung? Jungfrau? Gebrochener Zauberbann? Kein Schatz in den Ruinen? War Mythor sein richtiger Name? Und dann die schreckliche Verwandlung von Yorne!
    Mythor stolperte mitten in dem dunklen
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