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Am Anfang des Weges

Am Anfang des Weges

Titel: Am Anfang des Weges
Autoren: Richard Paul Evans
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weiß noch, wie sie mich nach einer ihrer Verabredungen einmal fragte: »Warum wollen Männer uns immer besitzen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht«, antwortete ich, während ich sie mehr als alles andere auf der Welt besitzen wollte.
    Die Sache mit ihr und den Jungs ähnelte einem Baseballspiel: Einer war immer am Schlagholz, einer als nächster Batter an der Reihe, und ein paar Dutzend Jungen warteten auf der Spielerbank, in der Hoffnung, mit meiner besten Freundin die Bases zu umrunden. Ich fühlte mich eher wie ein Hotdog-Verkäufer auf der Tribüne als wie einer der Spieler.
    Wenn sie mich im Hinblick auf einem bestimmten Jungen um Rat fragte, gab ich ihr immer mal eine erstaunlich eigennützige Antwort, doch sie sah mich nur mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an. Ich war erbärmlich. Einmal sagte sie zu mir, dass ich, wenn sie einmal heiratete, ihre Brautjungfer sein müsse, da ich ja ihr bester Freund sei. Das hieße, dass ich mir die Beine rasieren müsste, und was ich von Chiffon hielte? Ich weiß nicht, ob sie mich absichtlich so quälte oder ob es für sie ganz natürlich war.
    Mit sechzehn änderte sich die Sache. Ich hatte einen Wachstumsschub hingelegt, und das andere Geschlecht zeigte auf einmal Interesse an mir. Das hatte eine interessante Wirkung auf McKale. Während sie es immer genossen hatte, ihre Verabredungen in allen grausamen Details mit mir zu erörtern, wollte sie von meinen nie etwas hören. Sie entwickelte eine Frag-nichts-sag-nichts-Strategie. Ich weiß noch, wie ich eines Nachmittags im Herbst mit McKale auf der Veranda vor ihrem Haus stand und mit ihr redete, als zwei Mädchen vorbeikamen, um mich zu besuchen. Sie gesellten sich zu uns. Eine von ihnen hatte eine Schwäche für mich, und beide flirteten mit mir, was das Zeug hielt. McKale stürmte ins Haus und knallte die Tür hinter sich zu.
    »Was hat die denn für ein Problem?«, fragte eines der Mädchen.
    »Eifersüchtig«, sagte das andere. Ich weiß noch, dass ich ein warmes Aufwallen von Hoffnung verspürte.
    Trotzdem, falls sie romantische Gefühle für mich hegte, verbarg sie sie gut, und die meiste Zeit litt ich im Stillen. Und das mit gutem Grund. McKale war meine beste Freundin, und es gibt keine bessere Methode, eine Freundschaft zu ruinieren, als jemandem seine Liebe zu erklären, der dafür nicht empfänglich ist. Zum Glück musste ich das nie tun.
    Eines warmen Junitages – es war mein siebzehnter Geburtstag – lagen wir zusammen in der Hängematte in ihrem Garten. Sie lag mir gegenüber, und ihre winzigen, nackten Füßen berührten meine Schultern. Wir wiegten uns sanft hin und her und diskutierten darüber, wo die Beatles jetzt wären, wenn es Yoko nicht gegeben hätte, als sie auf einmal sagte: »Du weißt aber schon, dass wir eines Tages heiraten werden.«
    Ich weiß nicht, woher sie diese Neuigkeit hatte – ich weiß nur noch, dass sich ein gewaltiges Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitete. Ich versuchte, mich cool zu geben. »Meinst du?«
    »Ich weiß es.«
    »Woher weißt du das denn?«
    »Weil du so wahnsinnig verliebt in mich bist, dass du es kaum aushältst.«
    Leugnen schien zwecklos. »Ist dir das aufgefallen?«
    »Aber ja«, sagte sie nüchtern. »Allen fällt es auf. Dem Postboten fällt es auf.«
    Ich kam mir wie ein Idiot vor.
    Ihre Stimme wurde sanfter. »Und die Sache ist die … Mir geht es genauso mit dir.«
    Sie schwang die Beine über den Rand der Hängematte und setzte sich auf, hielt ihr Gesicht nah vor meines. Ich sah zu ihr hoch, und sie starrte mich mit feuchten Augen an. »Du weißt doch, dass ich dich liebe, oder? Ich könnte niemals ohne dich leben.«
    Ich fühlte mich so, wie sich ein Lottospieler fühlen muss, wenn alle seine Zahlen gezogen werden. In diesem Augenblick verwandelte sich eine Freundschaft von sieben Jahren in etwas anderes. Wir küssten uns, und diesmal konnte ich spüren, dass es ihr gefiel. Es sollte der zweitschönste Tag in meinem Leben sein. Unser Hochzeitstag war mein schönster.
    Es gibt ein Problem, wenn man seine Traumfrau heiratet. Du bist ist immer in Sorge, dass sie dich eines Tages durchschaut und dich verlässt. Oder noch schlimmer, dass irgendjemand Besseres daherkommt und sie dir wegnimmt. In meinem Fall war es nicht irgendjemand. Und es war auch nicht irgendetwas Besseres.

Drittes Kapitel
    Die Annahme, Zeit zu haben, ist einer der größten Irrtümer der Menschheit. Wir sagen uns, dass es immer ein Morgen geben wird, obwohl wir über
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