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Am Anfang des Weges

Am Anfang des Weges

Titel: Am Anfang des Weges
Autoren: Richard Paul Evans
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das Morgen noch weniger vorhersagen können als über das Wetter. Das Zaudern ist der Dieb der Träume.
    Alan Christoffersens Tagebuch
    McKale und ich heirateten jung, auch wenn es mir damals gar nicht so vorkam. Vermutlich weil ich das Gefühl hatte, als hätte ich mein ganzes Leben darauf gewartet und nun endlich weiterkommen wollte. Wir nahmen uns eine Wohnung in Pasadena, nur drei Meilen entfernt von dem Ort, an dem wir aufgewachsen waren. McKale fand eine Stelle als Anwaltssekretärin in einer kleinen Kanzlei, und ich begann ein Studium am Art Center College of Design, nur eine Busfahrt von unserem Zuhause entfernt.
    Es waren gute Jahre. Wir hatten unsere Auseinandersetzungen – eine Ehe muss sich erst einpendeln –, aber sie hielten nie wirklich lange an. Wie könnte man auch einem Menschen wehtun, den man mehr liebt als sich selbst? Es ist, als würde man sich selbst mit der Faust gegen den Kopf schlagen. Ich lernte, mich zu entschuldigen, auch wenn sie mir dabei meist zuvorkam. Manchmal hatte ich den Verdacht, dass wir uns eigentlich nur stritten wegen des Spaßes, den die Versöhnung bedeutete.
    Am meisten stritten wir uns wegen der Kinderfrage. McKale wollte sofort eine Familie gründen. Ich war dagegen, und da ich die Logistik und unsere Finanzen auf meiner Seite hatte, war das eine Auseinandersetzung, die ich jedes Mal gewann. »Lass uns wenigstens warten, bis ich mit dem Studium fertig bin«, sagte ich.
    Kaum dass ich meinen College-Abschluss in der Tasche und meinen ersten festen Job an Land gezogen hatte, brachte McKale das Thema wieder zur Sprache, und wieder sagte ich ihr, dass ich noch nicht bereit dafür sei. Ich wollte warten, bis das Leben etwas sicherer war. Was für ein Dummkopf ich doch war!
    Ich arbeitete ungefähr drei Jahre für Conan Cross Advertising, bevor ich mich im Oktober 2005 entschied, meinen eigenen Laden aufzumachen. Noch in derselben Woche startete ich eine stadtweite Plakatkampagne, um Werbung für mich zu machen. Auf den Plakaten stand:
    AL CHRISTOFFERSEN MACHT RANDALE.
    Das Plakat sorgte vor Ort für ein wenig Furore, und ich bekam sogar einen Anruf von einem Anwalt, der mir damit drohte, mich im Auftrag eines Mandanten zu verklagen, der denselben Namen hatte wie ich. Nach drei Wochen nahm ich eine kleine Änderung an dem Plakat vor. Jetzt stand darauf:
    AL CHRISTOFFERSEN MACHT REKLAME.
    (Wenn Sie geistig gesunde Werbeideen brauchen,
rufen Sie Al an.)
    Die Kampagne brachte mir noch einen ADDY und drei sehr große Kunden ein. Bislang hatte ich gedacht, mein bisheriger Arbeitgeber hätte einen Ausbeuterbetrieb geführt, doch die Arbeit dort war ein Kaffeekränzchen im Vergleich dazu, selbstständig zu sein. Ich verbrachte den ganzen Tag damit, Kunden zu werben und zu treffen, und die meisten Abende damit, die Aufträge auszuführen. Mehrmals die Woche brachte mir McKale das Abendessen ins Büro. Dann saßen wir auf dem Boden meines Büros und erzählten uns bei chinesischem Take-away-Essen, wie unser Tag gelaufen war.
    Je größer meine Agentur wurde, desto klarer wurde auch, dass ich Hilfe brauchte. Eines Tages kam diese Hilfe in mein Büro spaziert. Kyle Craig, ein Mann mit zwei Vornamen, war früher Vertreter beim lokalen Fernsehsender gewesen. Ich hatte etwas Zeit auf seinem Sender gekauft, und er hatte den kometenhaften Aufstieg meiner Agentur mitverfolgt. Er machte mir ein Angebot: Für ein Gehalt und fünfzehn Prozent der Firma würde er die Kundenkontakte und die Medienkäufe übernehmen, sodass ich mich auf das Marketing und die Konzeption der Werbekampagnen konzentrieren könnte. Es war genau das, was ich brauchte.
    Kyle war gut gekleidet, ehrgeizig und charmant: ein Verkäufer par excellence. Er war die Art Typ, der einem Eskimo einen Kühlschrank verkaufen konnte.
    McKale mochte Kyle nicht besonders. Sie vertraute ihm nicht. Sie erzählte mir, dass er mit ihr geflirtet hätte, als sie sich das erste Mal begegnet seien. Ich tat es mit einem Schulterzucken ab. »Das ist einfach so seine Art«, sagte ich. »Er ist harmlos.« Die Wahrheit war: Ich mochte Kyle. Wir waren draufgängerische Werbetypen – junge, gewitzte, glattzüngige Jungs, die hart arbeiteten und Spaß dabei hatten.
    Zum Beispiel, als wir einmal von den hohen Tieren in der Bezirksverwaltung von Seattle gebeten wurden, eine Werbeidee für ihren chronisch unhippen Bezirksjahrmarkt auszuarbeiten. Im Jahr zuvor hatte es auf dem Jahrmarkt eine Schießerei zwischen verfeindeten Gangs gegeben, und die
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