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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman
Autoren: H kan Nesser
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Sie wurden natürlich an die Kandare genommen, aber eines Abends kriegten wir es trotzdem hin. Es war natürlich nicht erlaubt, wir riskierten eine Menge, vor allem sie.«
    »Ihr habt es hingekriegt?«, sagte Barbarotti. »Heißt das … die Verbrüderung ging ein bisschen zu weit?«
    »Ich habe nicht vor, auf Details einzugehen«, erklärte Asunander gereizt. »Wie auch immer, es kam, wie es eben kam, und zwei Tage später fuhr sie nach Dresden zurück. Danach habe ich sie nie mehr wiedergesehen. Dir ist eventuell bekannt, dass es etwas gab, was man den Eisernen Vorhang nannte?
    Barbarotti antwortete nicht. Asunander machte eine Pause und sah aus dem Fenster.
    »Ich mache diesen Job hier nur noch zwei Wochen«, sagte er. »Ich finde, ich kann mir gewisse Freiheiten erlauben.«
    Offenbar erwartete er, dass Barbarotti diese Bemerkung kommentieren oder zumindest irgendetwas sagen würde, und zum ersten Mal überhaupt hatte Barbarotti das Gefühl, seinem Chef auf die Sprünge helfen zu müssen. Dass dieser … ihn irgendwie anflehte?
    »Was ist passiert?«, fragte er. »Ich meine, du musst mir schon erzählen, wie diese Geschichte mit dem zusammenhängt, was zwanzig Jahre – oder wie viel, einundzwanzig Jahre? − später auf Klein-Burma vorgefallen ist.«
    Asunander nickte. Stand von seinem Stuhl auf, drehte eine Runde durchs Zimmer und setzte sich wieder.
    »Wenn ich dir sage, dass dieses Mädchen Regina Peters hieß, klingelt es dann bei dir?«
    »Peters?«, sagte Barbarotti. »Warte mal …«
    »Ich warte«, erwiderte Asunander.
    »Juliana Peters. Ich bin ihr vor einer Woche in Stockholm begegnet. Sie ist mit Billy Helgesson verheiratet, dem Jungen von Klein-Burma.«
    »Stimmt genau«, erklärte Asunander. »Kannst du Ähnlichkeiten erkennen?«
    »Hä?«, sagte Barbarotti.
    »Ähnlichkeiten«, wiederholte Asunander. »Ich habe dich gefragt, ob du irgendwelche Ähnlichkeiten siehst.«
    »Ja, das habe ich gehört«, sagte Barbarotti. »Aber Ähnlichkeiten zwischen was?«
    »Zwischen ihr und mir natürlich«, sagte Asunander. »Sie ist meine Tochter.«
    Fünf Sekunden lang blieb es still. Barbarotti hatte keine Ahnung, was im Kopf des Kommissars vorging, aber in seinem eigenen fühlte es sich ungefähr so an, als wären eine oder vielleicht auch zwei Sicherungen herausgesprungen.
    »Deine Tochter?«, sagte er schließlich. »Ich dachte, du hättest keine Kinder?«
    »Das dachte ich auch«, antwortete Asunander. »Bis vor ein paar Monaten. Da bekam ich nämlich einen Brief von Regina Peters … mit der ich also vor vierundvierzig Jahren ein einziges Mal zusammen war. Es war für mich übrigens nicht das erste Mal, aber fast. Und sie wurde schwanger und brachte im Februar 1969 in Dresden eine Tochter zur Welt, und da ihr … nun ja, da ihr allmählich klar wird, dass sie vielleicht nicht ewig leben wird, findet sie, dass es an der Zeit ist, mich über diesen Umstand aufzuklären. Des Weiteren habe ich erfahren, dass Mutter und Tochter ein ziemlich hartes Leben hatten, inzwischen aber in geordneten Verhältnissen leben. Will sagen, Regina. So hat sie sich wortwörtlich ausgedrückt: ›in geordneten Verhältnissen‹. Auf Deutsch natürlich, aber ich spreche die Sprache.«
    »Hast du dich bei ihr gemeldet?«, fragte Barbarotti. Ich habe gedacht, sie wäre Speerwerferin, dachte er. Aber sie war Sprinterin. Ich muss mich besser konzentrieren.
    Asunander schüttelte den Kopf. »Sie hat sich jeden Kontakt verbeten. Sie hat eine andere Familie und behauptet, das gäbe nur Probleme. Aber sie möchte immerhin, dass ich von Juliana weiß. Nicht zuletzt, weil sie vor Jahren in unser Land gezogen ist.«
    Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Und Juliana?«, fragte Barbarotti. »Hast du … hast du dich mit ihr in Verbindung gesetzt?«
    Ein Ausdruck, den er nie zuvor bei seinem Chef gesehen hatte, legte sich langsam auf Asunanders Gesicht. Sommerhimmel, dachte Barbarotti. Ja, genau – nackt und ohne Schutzwall, ohne diesen kompakten und fast undurchdringlichen Schutzwall, der im Laufe eines ganzen Lebens und in fast vierzig Jahren als Kriminalpolizist entstanden war, nun aber Risse bekam. Es verstrichen einige seltsame Sekunden.
    »Ich weiß nicht, ob ich mich traue«, erklärte Asunander schließlich. »Ich weiß, dass ich es tun muss, aber ich habe beschlossen zu warten, bis ich pensioniert bin.«
    »Vielleicht eine gute Idee«, kommentierte Barbarotti und schluckte.
    »Ich habe sie rasch ausfindig
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