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Alzheimer und Demenzen

Alzheimer und Demenzen

Titel: Alzheimer und Demenzen
Autoren: Prof. Dr. Sabine Engel
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optische Reize eines runden »Dinges«, das eine bestimmte Größe hat usw. Schnell müssen diese verschiedenen Einzelinformationen zusammengetragen und dieses Mosaik – ebenso schnell – zum Speicher meines Weltwissens getragen werden. Dort muss im »Archiv meines Weltwissens« nachgesehen werden, ob ich so ein rötlichgelbes, glänzendes, rundes, süßlich riechendes Ding dieser Größe schon einmal gesehen habe und wenn ja, was ich damit gemacht und wie ich es genannt habe. Wenn ich im Archiv die Bedeutung gefunden habe »Das ist eine Frucht, man kann sie essen, sie schmeckt mir gut, man nennt sie Apfel«, dann erst entscheidet mein sensorischer Speicher, ob die Tatsache, dass ich dort einen Apfel auf dem Tisch liegen sehe, wichtig genug ist, um sie mir zu merken (d. h. sie über das Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis zu überführen) oder so unwichtig, dass sie gleich wieder gelöscht werden kann.
    Da für die geistige Verarbeitung von Wahrnehmungen eine bestimmte Gehirnregion mitverantwortlich ist, die bei Demenzerkrankungen sehr häufig betroffen ist, haben viele Demenzkranke Schwierigkeiten, bekannte Dinge und Objekte oder Gesichter bekannter Personen zu erkennen.
    Objekt-Agnosie. Man nennt diese Störung Agnosie. Ein Demenzkranker mit Agnosie kann also ein bestimmtes, ihm bekanntes Objekt nicht erkennen und dieses Problem wird nicht durch nachlassende Sehfähigkeit verursacht. Im Falle der Objekt-Agnosie kann der Kranke oftmals Alltagsgegenstände nicht mehr erkennen. Dann sucht er z. B. seinen Schlüsselbund, der direkt vor ihm auf dem Tisch liegt. Er sieht ihn zwar, aber er erkennt das gesehene Objekt nicht als seinen Schlüsselbund, weil bei ihm die Bedeutungszuschreibung »dieses Ding, das aus verschiedenen länglichen Metallstäben besteht, die alle an einem Ring befestigt sind, ist mein Schlüsselbund« nicht mehr gelingt.
    Prosopagnosie. Leidet der Kranke an einer Prosopagnosie, kann er Gesichter nicht erkennen,auch Gesichter von ihm bekannten Personen. Dann erkennt er möglicherweise beim Spaziergang Nachbarn oder ehemalige Kollegen nicht mehr. Bei weit fortgeschrittener Erkrankung erkennt er vielleicht auch Verwandte und vertraute Personen nicht mehr oder zumindest nicht gleich auf Anhieb.
    wichtig
    Daher ist es wichtig, einem Demenzkranken viel Zeit zu lassen, damit er die Suche nach der Bedeutung so lange für sich fortsetzen kann, bis sie möglicherweise doch noch zum Erfolg führt.
Augen und Ohren sind o.k., aber …
    An der verminderten Erkennensleistung liegt es häufig auch, wenn ein Demenzkranker nicht mehr richtig »hört«, obwohl der Arzt sagt, das Gehör funktioniere noch sehr gut (ob mit oder ohne Hörgerät), wenn er nicht mehr richtig sieht, obwohl er – vielleicht mit Brille – eine gute »Sehleistung« hat. Ursache des Problems sind also nicht die Sinnesorgane, d. h. Auge oder Ohr, sondern gestörte und verlangsamte geistige Prozesse.
    Als Angehörige können mich die agnostischen Symptome meines demenzkranken Familienmitglieds sehr verunsichern oder gar schockieren, wenn er z. B. einen ganz »normalen« Alltagsgegenstand nicht mehr erkennt und plötzlich nicht mehr weiß, was er mit dem »Ding« in seiner Hand anfangen soll. Oder wenn er seine eigene Wohnung nicht mehr erkennt und deshalb sagt, dass er gerne nach Hause möchte, obwohl er doch gerade daheim ist!
Orientierungsstörungen
    Unter Orientierung versteht man die Fähigkeit, sich selbst aktuell innerhalb eines zeitlichen, räumlichen, situativen und autobiografischen Rahmens einordnen zu können. Entsprechend dieser Definition gehören zur Orientierung 4 Bereiche:
die zeitliche Orientierung (Datum, Wochentag, Jahr, Jahreszeit)
die räumliche Orientierung (wo bin ich gerade: Stadt, Land, Raum oder Gebäude)
die Orientierung zur aktuellen Situation (wo bin ich gerade? warum bin ich hier? was mache ich hier?)
die Orientierung zur eigenen Person (Alter, aktuelle Lebenssituation, Familienangehörige usw.).
    Um vollständig orientiert zu sein, müssen alle Gedächtnisleistungen funktionieren: Mein sensorischer Speicher muss die Räumlichkeiten um mich herum erkennen, mein Kurzzeitgedächtnis muss das Wissen um das aktuelle Datum und die Wegstrecke, die ich gerade zurückgelegt habe, an das Langzeitgedächtnis weitergegeben haben, ich muss aus meinem Langzeitgedächtnis das Wissen um mein Alter, meine Lebenssituation und meine Familie abrufen können.
Wo ist mein Zuhause?
    Da Gedächtnisstörungen ein zentrales
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