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Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel]

Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel]

Titel: Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel]
Autoren: KBV Verlags- und Mediengesellschaft
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Als sie die Mauer, die das Burggelände umrahmte, passiert hatten und die Kirche vor sich sahen, meinte Gustav: »Danke, es geht schon besser. Tut mir leid, wenn ich euch den Museumsbesuch verdorben habe.«
    »Ach was«, meinte Lorenz. »Du hast doch bezahlt.«
    Gustav grinste müde. »Vielleicht setzen wir uns in der Kirche etwas hin, wenn sie auf ist.«
    »Ja, das wäre schön«, antwortete Bärbel. »Und liegt da nicht einer der Grafen mit seiner Frau beerdigt?«
    »Genau«, bestätigte Lorenz. »Die Kirche ist die Ruhestätte von Wilhelm dem Vierten und seiner Gattin Ricarda von Geldern. Dieser Wilhelm ist derjenige, der die beiden Erzbischöfe in das Verlies gesteckt hat.«
    Lorenz öffnete das patinagrüne, mit biblischen Motiven verzierte Portal der Kirche. Die massive Kupfertür ließ sich nur schwer bewegen. Dann trat Gustav, gestützt durch Bärbel, ein. Lorenz folgte ihnen in das dunkle Innere des romanischen Bauwerks. Gleich im Eingangsbereich stießen sie auf das verwitterte Hochgrab des einstigen Fürstenpaares. Gustav setzte sich auf einen einfachen Holzstuhl, der dort wie zufällig vergessen stand. Bärbel bewunderte die beiden lebensgroßen Liegestatuen, die allerdings kaum noch Details erkennen ließen. Sieben Jahrhunderte hatten ihre Spuren im Stein hinterlassen. Mit Mühe konnte Bärbel erkennen, dass die vordere Figur die Gräfin Ricarda darstellte und die hintere ihren Mann Wilhelm.
    Lorenz ging einige Schritte in das Hauptschiff der Kirche hinein und setzte sich in die hinterste Bank. Als sich seine Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten, sah er, dass sie nicht die einzigen Besucher waren. In einer der mittleren Reihen, links vor dem Beichtstuhl, wo kaum Licht hinfiel, saßen zwei Männer. Sie flüsterten leise miteinander. Einer der Männer kam Lorenz wie ein Priester vor. Er schien beruhigend auf den anderen Mann einzureden.
    Lorenz schloss die Augen und ließ die Atmosphäre der alten Kirche auf sich wirken. Der Geruch von altem Stein, vielleicht auch Staub, lag in der Luft. Lorenz atmete tief ein. Die Luft stand scheinbar völlig bewegungslos in der geweihten Halle. Auf der Haut spürte er eine gewisse Kühle. Die Kirche schien alles, was der Herbst bereits an Winterahnungen in sich barg, zu vereinen. Dazu kam die Akustik, die jedes noch so kleine Geräusch zu etwas Bedeutsamem erhob. Das leise Tuscheln der beiden Männer, das Murmeln von Bärbel, die versuchte, die lateinische Inschrift des Fürstengrabes zu entziffern, ja, sogar das etwas gepresste Atmen von Gustav, der hinter ihm auf dem einsamen Stuhl saß und sich ausruhte.
    Lorenz war schon lange nicht mehr in einer Kirche gewesen, seit der Beerdigung seiner Frau Maria nicht mehr. Jene Kirche hatte sich an jenem Tage ganz anders gegeben. Voller Menschen, laut, irgendwo inmitten der Masse er selbst, wie betäubt. Eine einfache Frau war sie gewesen, keine Berühmtheit. Doch die Messe war gut besucht. Den Pfarrer schien es zu freuen, offenbar einer seiner besseren Arbeitstage. In all den Jahren ihrer Ehe – Lorenz rechnete kurz nach, es waren zweiundfünfzig gewesen – war er nur sehr selten in die Kirche gegangen. Und immer war es Maria, die ihn dazu überredet hatte. Dann war er zum ersten Mal allein dort, und doch war sie es schon wieder, die ihn in das Gotteshaus geführt hatte. Damals war er froh gewesen, als die Messe aus war und man endlich zum Friedhof zog, um das unvermeidliche Ritual hinter sich zu bringen. Dabei hatte er gedacht, er würde niemals wieder eine Kirche betreten.
    »Lorenz, wie hältst du's mit der Religion?« Bärbel setzte sich neben ihn.
    »Weiß nicht. Ich frage sie nicht nach unserer Beziehung, und sie spricht mich auch nicht ungefragt an.«
    »Entschuldigung, ich lass dich allein«, sagte Bärbel und wollte wieder aufstehen.
    »Nein, so war das nicht gemeint«, sagte Lorenz schnell und legte seine Hand auf ihre. »Bleib sitzen, du dummes Mädchen.« Und nach einer Pause, in der Lorenz nichts hörte außer seinem eigenen Atem, fragte er: »Wie geht’s Gustav?«
    »Nicht so schlecht, dass du ihn nicht selber fragen könntest«, antwortete Gustav und setzte sich neben die beiden.
    »So so, anschleichen kann er sich also auch schon wieder«, grummelte Lorenz. »Dann können wir ja wohl weitergehen, oder?«
    »Meinetwegen schon«, sagte Gustav und stand wieder auf, kaum dass er sich gesetzt hatte.
    »Gut«, meinte Bärbel und stand auch auf. »Gehen wir. Es ist auch ein bisschen kühl hier zum
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