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ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)

ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)

Titel: ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
Autoren: Maxime Chattam
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gewichen. Er bemerkte nicht, dass seine Stimmung ständig umschlug. Ein Erwachsener hätte erkannt, dass er kurz vor dem Nervenzusammenbruch stand.
    Matt verließ die Wohnung und ging zu Maâts Tür. Er klopfte mehrmals und rief:
    »Maât! Ich bin’s, der kleine Matt! Bitte, mach auf!«
    Seltsamerweise überkam ihn jetzt, während er im Dunkeln wartete, eine Welle von Erinnerungen an seine frühere Babysitterin, die manchmal sogar seine Tagesmutter gewesen war. Sie hatte ihm immer gesagt, dass sie wie füreinander geschaffen waren. Nur Maât konnte Matt verstehen. In den letzten Monaten – seit seiner Rückkehr aus den Ferien mit Ted – war er ihr eher aus dem Weg gegangen, weil ihre zärtliche Fürsorge wieder das Kind aus ihm machte, das er gewesen war und nicht länger sein wollte. In diesem Moment allerdings hätte er alles gegeben, um von ihr in die Arme genommen zu werden.
    Er klopfte und rief noch eine Weile, dann beschloss er zu gehen.
    Er lief auf die Tür zum Treppenhaus zu und stieß sie auf. Die Stufen waren in tiefe Finsternis getaucht. Kein Licht, kein Laut, außer dem Heulen des Windes, der unter den Türen durchzog.
    »Jetzt kannst du beweisen, wie tapfer du bist«, redete Matt sich zu und knipste die Taschenlampe an.
    Mit einer Hand am Geländer machte er sich auf den Weg nach unten. Das Schwert war unpraktisch, es schaukelte bei jedem Schritt, und sein Gewicht schien mit jeder Bewegung zuzunehmen. Matt fing an, laut mit sich selbst zu sprechen, um sich zu beruhigen.
    »Ich gehe zuerst zu Tobias. Dann zu Newton, und vielleicht treffe ich unterwegs ja Leute.«
    Die Lampe warf einen weißen Lichtkegel vor seine Füße, und Matt bemerkte schnell, was ihm am unheimlichsten war: alles, was er nicht sah. Und in diesem Treppenhaus sah er rein gar nichts. Über den Treppenabsätzen prangten fette rote Zahlen: 19 … 18 … 17 …
    Plötzlich knarrte ein paar Stockwerke tiefer eine Tür und fiel ins Schloss.
    Matt blieb stehen.
    »Ist da jemand?«, fragte er halbherzig.
    Keine Antwort. Nur das ewige Heulen des Windes.
    »Ist da jemand?«, wiederholte er, diesmal etwas lauter. »Ich bin Matt Carter, aus der Wohnung 2306.«
    Seine Stimme hallte zwischen den Betonwänden des dreißig Stockwerke hohen Treppenhauses wider; es klang, als würden ein Dutzend Jungen die gleiche Frage stellen.
    Noch immer keine Antwort.
    Schließlich ging Matt mit gespitzten Ohren weiter. Hatte der Wind die Tür aufgedrückt? Wahrscheinlich.
    16 … 15 … 14 …
    Matt war fast auf dem nächsten Treppenabsatz angelangt, als ihn ein Knurren mitten im Schritt innehalten ließ. Er richtete seine Lampe in die Richtung, aus der das Geräusch kam, und erblickte einen weißen Pudel.
    »Was machst du denn da? Hast du dich verlaufen?«
    Der Pudel saß da und starrte ihn aus seinen runden schwarzen Knopfaugen an.
    Sobald Matt einen Schritt auf ihn zu machte, hob der Hund die Lefzen und fletschte seine kleinen spitzen Zähne.
    »Schon gut, ich tu dir ja nichts! Immer mit der Ruhe! Brav!«
    Da stürzte sich der Pudel auf ihn. Matt machte einen Satz zur Seite, während sich der Hund in seiner Jeans verbiss und knurrte; ein kehliges Knurren, wie Matt es noch nie gehört hatte. Es klang überhaupt nicht nach einem Hund, vor allem nicht nach einem so kleinen.
    Erschrocken schleuderte Matt sein Bein nach vorn, um ihn abzuschütteln. Das kleine Monster plumpste zu Boden, und in einem rettenden und zugleich grausamen Reflex versetzte Matt ihm einen Tritt, der es unter dem Geländer hindurch in eine dreizehn Stockwerke tiefe Leere katapultierte.
    Er schlug sich die Hand vor den Mund, als er einen schrecklichen Aufprall vernahm, ein weiches, dumpfes Klatschen. Der Hund hatte nicht einmal gequiekt.
    »Was habe ich getan?«, fragte er sich schockiert.
    Er hatte gerade einen Pudel getötet. Die Reue packte ihn so heftig, dass er beinahe angefangen hätte zu weinen, doch dann besann er sich darauf, wie es dazu gekommen war. Der Hund hatte ihn angegriffen. Er hatte sich nur verteidigt. Ja, es war »Notwehr«, wie es in den Gerichtsverhandlungen im Fernsehen immer hieß. Matt schüttelte sich, atmete tief durch und machte sich wieder auf.
    Als er im Erdgeschoss ankam, versuchte er krampfhaft, die blutige Leiche des Hundes zu ignorieren. Er schaute weg und betrat die Eingangshalle.
    Kein Mensch weit und breit. Die Türen waren zu. Kaum hatte Matt eine davon geöffnet, ergoss sich eine Schneelawine auf seine Füße, und ein eiskalter Wind biss ihm ins
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