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Altern verboten

Altern verboten

Titel: Altern verboten
Autoren: Jo Zybell
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Minuten später betrat Bergen wieder die Zentrale. Er wirkte vollkommen entspannt und ließ sich in seinen Sessel fallen. Bald perlten Pianoakkorde durch die Kommandozentrale. Zum erstenmal fand Veron die Musik schön. »Bergen an alle. Es ist soweit. Sollten sich unsere Wege trennen, wünsche ich Ihnen Glück und Frieden. Leben Sie wohl!«
    Calibo Veron ging zu seinem Kommandeur. Sein Roboter Heinrich trat zur Seite. »Folgende Männer und Frauen haben den Dienst auf Ihrem Flaggschiff quittiert, mein Subgeneral …« Merican Bergen brachte seinen Sessel in Sitzstellung, die Musik wurde leiser, Veron nannte die Namen.
    »Und Sie, Veron?«
    »Ich bleibe und folgende Männer und Frauen ebenfalls …«
    Kurz darauf nahm die JOHANN SEBASTIAN BACH Fahrt auf. Die BRÜSSEL unter Ralbur Robinson und die TROJA unter Sibyrian Cludwich schlossen sich ihr an. Am Rande des Maligniz-Systems sprang der kleine Verband mit unbekanntem Ziel ins Hyperuniversum …
     
    *
     
    Im Sternengeglitzer hinter der Frontkuppel war Doxa IV kaum noch von den Fixsternen seiner Umgebung zu unterscheiden. Auf dem Viquafeld sah Venus drei schwarze Hufeisen, etwa so groß wie ihr Daumennagel. Wenn sie den Angaben der Instrumente auf der Konsole glauben konnte, waren die Verfolger noch über drei Millionen Kilometer entfernt. »Wir schaffen es!« Der Einäugige im Kommandantensessel ballte die Fäuste. Ein Vogel hockte über ihm auf der Lehnenkante. »Verdammt noch mal – wir schaffen es …!«
    Der Vogel hatte schwarzes Gefieder. Mit einer Mischung aus Furcht und Faszination behielt Venus ihn im Auge. Ihre Eltern hatten ihr von ähnlichen Geschöpfen berichtet. Venus hatte sie sich anders vorgestellt.
    »KRV-Triebwerke aktivieren!« rief der Mann im Kommandantensessel. Sein Haar war dicht und weiß und sein Gesicht wie gemeißelt. Das schwarze Ding in seiner linken Augenhöhle verlieh ihm etwas Unheimliches. Er kam ihr nur wenig jünger vor als ihr Vater. Seine Stimme allerdings schien ihr älter zu sein. Diese Stimme klang heiser und rauh. Sie solle ihn Yaku nennen, hatte er gesagt. Aus irgendeinem Grund vertraute Venus ihm. Wahrscheinlich weil er ihre letzte Hoffnung war. Sollte er sich als Lügner entpuppen, würde sie ihn töten.
    Sie brach eine Ampulle auf, stach die Kanüle hinein und zog die vorletzte Dosis Serophium auf. Plutejo lag zitternd und zuckend und mit Schaum vor dem Mund unter dem Sessel vor der Navigationskonsole. Sie krempelte ihm den Jackenärmel am rechten Arm hoch, band den Oberarm knapp über dem Ellenbogen mit dem Waffenriemen ab und setzte die Spritze. Sekunden später hörte Plutejo auf zu zittern und zu zucken. Venus wischte ihm Schleim und Schaum aus dem Gesicht, Er setzte sich auf und blickte um sich, als wäre er aus einem schlimmen Traum erwacht. »Wo fliegen wir hin?« krächzte er.
    »Scheißegal!« rief der Weißhaarige im Kommandantensessel. »Weg von hier, Hauptsache weg!«
    »Wir müssen zur Erde«, sagte Venus.
    Der Mann namens Yaku stieß ein grimmiges Lachen aus. »Ihr seid ja übergeschnappt! Aber warum nicht? Ich hätte mal ein ernstes Wort mit George dem siebenundsiebzigsten zu reden! Aber erst müssen wir die Scheißkerle von der Sicherheit abhängen …!«
    Die Geschwister sahen sich an. »Wer ist der Kerl?« Plutejo hielt sich am Sessel fest. »Und was ist das für ein schwarzes Tier?« Er langte nach dem Arm seiner Schwester. Angst weitete seine Augen. Er hatte gegen Roboter und schwerbewaffnete Sicherheitsoffiziere gekämpft, er hatte einen Frachter geentert und notgelandet, er war in einem Beiboot einer Flotte von Polizeigleitern entkommen – und nun fürchtete er sich vor einem Vogel.
    »Reiß dich zusammen, Bruder!« herrschte Venus ihn an. »Das Vogeltier heißt Moses; ein Kolkrabe. Und der Mann darunter scheint ein Freund zu sein …«
    »Yaku, mein Sohn, nenn mich Yaku! Wir springen …!« Wie ein wildes Tier schrie er, schrie sich seine Erleichterung und seinen Triumph aus dem Leib. Venus packte das Spritzenbesteck in ihre Beintasche. »Es geht ins Hyperuniversum …!« Der Mann, der Yaku genannt werden wollte, schüttelte die Fäuste.
    »Ist er verrückt?« Plutejo legte den Arm um seine Schwester, mehr um sich bei ihr festzuhalten als sie zu trösten.
    »Vielleicht.« Venus fixierte das Viquafeld unter der Frontkuppel. Die vielen kleinen schwarzen Hufeisen verschwammen, dann erloschen sie. Zwei Klingen aus blendend weißem Licht schossen rechts und links der Frontkuppel in die Flugrichtung.
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