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Altenberger Requiem

Altenberger Requiem

Titel: Altenberger Requiem
Autoren: Oliver Buslau
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einen Computer, an dem man durch Webseiten so schnell blätterte wie durch die Illustrierte beim Zahnarzt. Eine Bar mit allem Schnick und Schnack für die Herstellung raffinierter Cocktails. Eine Einbauküche, die immerhin gut aussah, von der ich aber nur besagte Kaffeemaschine und die Mikrowelle benutzte - Letztere vor allem, um mir Tiefkühlpizzen aufzutauen. Im Gefrierschrank hatte ich Unmengen davon gehortet.
    Draußen erwartete mich ein Garten mit parkähnlicher Rasenfläche, drinnen, am Ende der Wendeltreppe, die vom Wohnzimmer in den ersten Stock hinaufführte, ein Gästezimmer, das ungefähr halb so groß war wie meine ganze Wuppertaler Wohnung.
    Was mich betraf, hätte ich in diesem Moment an keinem anderen Ort der Welt sein wollen. Ich war im Paradies, und ich hatte nichts anderes zu tun, als darauf aufzupassen, dass es niemand klaute.
    Seit drei Tagen war ich Haushüter statt Detektiv.
    Manni, durch irgendein undurchsichtiges geschäftliches Manöver zu Geld gekommen, kajolte irgendwo auf den Malediven herum und hatte fest vor, frühestens in drei Wochen zurückzukommen.
    Einundzwanzig Tage. Tausend Sender. Ich rechnete kurz und kam auf knapp fünfzig Sender am Tag. Bei zehn Stunden Fernsehen machte das fünf pro Stunde. Ich brach die Kalkulation ab. Schließlich sollte es ja nicht in Arbeit ausarten.
    Ich übersprang ein paar Telefonsexkanäle, streifte Astro-TV, wo eine dicke Dame Karten legte, und verweilte ein wenig bei einer Wiederholung der ZDF-Hitparade, wo ein Schönling mit Plüschfrisur, blauem Samtjackett und einem riesigen Fliegenpropeller an der Gurgel gerade seinen Auftritt hatte. Das Mikro, das er sich vor die Lippen hielt, war ebenfalls von gewaltiger Größe. Ein graues Kabel entsprang ihm. Der Sänger hatte es dekorativ zu einem Kreis geschlungen.
    Freddy Breck. Das musste mindestens fünfunddreißig Jahre her sein …
    Bei Marianne Rosenberg, Katja Ebstein oder Vicky Leandros hätte ich ja eine Weile zugehört, aber jetzt drückte ich auf »Mute«, und in dem Moment der Stille, in dem der Star der Schlagercharts der Siebziger stumm weitersang, hörte ich, wie sich von der Hauptstraße her ein Fahrzeug näherte.
    Mannis Haus stand etwas abseits der schnurgeraden Straße zwischen Mettmann und Wülfrath. Rundherum blickte man weit über Felder und sanfte Höhen, darüber spannte sich der blaue Himmel. Jedenfalls tagsüber, wenn die Sonne schien. Jetzt zeigte die Digitalangabe am Receiver dreiundzwanzig Uhr sechsunddreißig.
    Ich ging hinüber in die Küche, deren Fenster zur Auffahrt hinausging. Ein Blick genügte, und ich erkannte, dass zwei Scheinwerfer herankamen.
    Das Sträßchen stieß schnurgerade etwa zweihundert Meter von der Landstraße auf das Haus zu. Es war von Büschen gesäumt und endete auf einem kleinen Vorplatz mit weißem Kies direkt vor der Haustür.
    Durch das geschlossene Fenster war der Motor des Wagens zu hören - und die Reifen, die auf den Steinen knirschten.
    Das Auto kam zum Stehen, aber niemand stieg aus.
    Wer konnte das sein?
    Manni hatte mir ausdrücklich zu verstehen gegeben, dass niemand wusste, dass er hier wohnte.
    Auch ich hatte meinen Aufenthaltsort geheim gehalten. Der Anrufbeantworter in meinem Büro erklärte jedem, der meine Nummer wählte, dass ich für drei Wochen nicht zu erreichen sei. Ich hatte im Moment keine Aufträge nötig. Manni ließ mich in seinem Haus wohnen und zahlte mir zusätzlich einen Hunni täglich. Ich sollte nur verhindern, dass jemand einbrach.
    Ob genau das jetzt geschehen würde?
    Ohne Licht zu machen, huschte ich ins Gästezimmer. Dort hatte ich im Wäschefach des Schranks meine Neun-Millimeter-Beretta deponiert. Ich tastete mich an der glatten Oberfläche des Fünf-Meter-Ungetüms entlang, zog die Waffe aus dem Fach und steckte sie ein. Dann machte ich mich auf den Weg zum Keller. Als ich an der Diele vorbeikam, nahm ich den Schlüssel der Außentür mit, der hier griffbereit an einem Haken hing.
    Ich streckte die Hand zum Lichtschalter aus und zögerte. Es war besser, alles dunkel zu lassen. Vorsichtig tastete ich mich an den Wänden entlang.
    Manni hatte mich, als ich den Job antrat, natürlich herumgeführt. Meiner Erinnerung nach war es hier ziemlich aufgeräumt. Ein einziger Raum war verschlossen. Manni hatte mir erklärt, dass dort die Dinge drin waren, die mich nichts angingen.
    Es hatte mir einen kleinen Stich versetzt, als er das gesagt hatte; schließlich hielt ich mich für einen Menschen, zu dem man Vertrauen
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