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Alte Feinde Thriller

Titel: Alte Feinde Thriller
Autoren: Duane Louis
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öffnete sich die Tür zu 2-C einen Spaltbreit. Ein verschlafen dreinblickender Junge von etwa elf Jahren mit einem widerborstigen roten Haarschopf, bekleidet mit einem seltsam altmodischen Schlafoverall, spähte zu mir heraus.
    »Wer sind Sie?«, fragte er.
    »Ich bin niemand«, sagte ich. »Leg dich wieder hin.«
    »Kommen Sie aus dem Büro vom Doktor? Ist meine Mom auch da oben?«
    Oh Gott. Seine Mutter war Erna. Ich wollte nicht derjenige sein, von dem er erfuhr, dass seine Mutter oben, aber im Moment etwas beschäftigt war. Dann wurde mir etwas klar.
    »Halt«, sagte ich. »Du kannst mich sehen, oder?«
    Der Junge kniff misstrauisch die Augen zusammen.
    »Sind Sie einer von Docs Patienten?«
    »Nein. Ich bin gerade eingezogen.«
    »Wo?«
    »Oben.«
    »Oben wohnt keiner. Keiner außer dem Doktor. Und
der wohnt auch nicht da. Das ist nur sein Büro. Wer sind Sie?«
    »Ich bin echt verwirrt und ratlos, und so langsam beschleicht mich das Gefühl, das alles ist ein einziger endloser, total abgefahrener Traum. Was meinst du? Glaubst du, dass wir beide gerade träumen?«
    Er riss die Augen auf. Und knallte rasch die Tür zu.
    Okay. Ich fasste nochmal zusammen: Ich war nicht vollkommen unsichtbar. Und ich befand mich im richtigen Wohnblock.
    Und auch wieder nicht.
    Ich musste dringend an die frische Luft. Vielleicht weckte mich das ja auf. Ich konnte mir unten im Kiosk ein kleines Kühles genehmigen, während ich darauf wartete, dass mein Bewusstsein zurückkehrte. Es wäre doch nett, auf diese Weise den Rest eines Traums zu verbringen, oder?
    Ich trat aus der Haustür und rechnete damit, auf die feucht-schwüle Luft des frühen Junis zu treffen. Doch stattdessen durchfuhr meinen Körper ein eiskalter Windhauch. Meine Güte, war die Temperatur gerade mal eben um dreißig Grad gefallen?
    Dann blickte ich die Frankford Avenue hinunter. Mein Gehirn brauchte ein paar Sekunden, um zu erfassen, was ich da vor mir hatte.
     
    Autos.
    Sehr, sehr alte Autos.

     
    Längs der Frankford Avenue parkten Buicks, Cadillacs, Dodges, Fords und Pontiacs. Alles alte Modelle, die man außer in den Kriminalstreifen aus den Siebzigern sonst nirgends mehr zu sehen kriegte. Riesige Blöcke amerikanischen Stahls. So als hätte man alle anderen Autos für eine Siebziger-Muscle-Car-Show von der Straße entfernt. Doch das ergab keinen Sinn. Wenn man eine Show mit alten Autos veranstaltete, dann nicht unter der Hochbahn.
    Erneut durchfuhr meinen Körper ein heftiger Windstoß eiskalter Luft, so dass mir die Augen tränten. Ich hatte noch nie einen derart lebhaften Traum gehabt.
    Das hier war immer noch die Frankford Avenue - mehr oder weniger. Über mir verlief immer noch die Hochbahn, doch sie stand auf den grünen Trägern, die man Ende der Achtziger abgerissen hatte. Die Schaufenster waren alle ungesichert - es war nicht ein Metallrollladen zu sehen. Und es gab lauter unterschiedliche Geschäfte. Süßwarenläden, Geschäfte für Kinderbekleidung und unabhängige Drogeriemärkte; und in den Fenstern klebten handgeschriebene Verkaufsschilder aus Papier, auf denen die Namen der neuen Produkte und die Preise standen.
    Noch irritierender allerdings war die Tatsache, dass der Block meines Großvaters nicht mehr einem kaputtes Lächeln glich. Alle acht Gebäude standen da und bildeten einen kompletten Block. Es gab ein Diner. Ein Geschäft für Damenunterwäsche. Die alte ursprüngliche Hochbahnhaltestelle, mit dem Pizzastand
darunter. Der Kiosk im Erdgeschoss war verschwunden; stattdessen befand sich dort ein altmodischer Lebensmittelladen.
    Also war das hier tatsächlich ein Traum. Ich träumte von dem Frankford, das ich aus meiner Kindheit kannte.
    Doch es waren keine verschwommenen, vergilbten Polaroid-Kindheitserinnerungen. Das hier war Frankford bei Nacht, dabei durfte ich als Kind nie so spätabends noch auf die Straße.
    Ich dachte kurz daran, wieder ins Haus zu gehen, um in irgendeinem imaginären Wandschrank nach ein paar Traumklamotten zu suchen und draußen die Gegend zu erkunden. Aber obwohl mir kalt war, konnte ich dem Verlangen nicht widerstehen, jetzt gleich auf Erkundungstour zu gehen.
    Ich lief wie betäubt durch die Gegend. Die Frankford Avenue wirkte beengter, als ich sie in Erinnerung hatte, und die Hochbahn über mir nicht ganz so hoch. Es gab keine leeren Schaufenster. Und kaum Graffiti. Das Ganze wirkte wie eine Frankford-Filmkulisse, dem nachempfunden, wie es in glücklicheren Tagen gewesen sein musste. Hatte meine Erinnerung
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