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Als Helmut Schmidt einmal ...: Kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Als Helmut Schmidt einmal ...: Kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Titel: Als Helmut Schmidt einmal ...: Kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)
Autoren: Jost Kaiser
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Verständigung oft nicht so, wie sie sein könnte – die Aktivitäten der Bürgerinitiativen jenseits der bestehenden politischen Parteien sind zum Teil aus diesem Defizit entstanden.«
    Früher hatten deutsche Regenten das Parlament, die »Quasselbude«, als staatsgefährdend ausgemacht. Schmidt betrachtet das Quasselfernsehen als zersetzend.
    Doch Schmidt hat die Lösung für den eskalierenden, am Ende kanzlergefährdenden Fernsehkrieg: einmal in der Woche den Kasten aus lassen. Sein väterlicher Rat: »Sie werden feststellen, dass es Sachen gibt, die noch mehr Spaß machen als Fernsehen. So wie übrigens an den autofreien Sonntagen im November 1973 viele erlebt haben, dass es Dinge gibt, die noch mehr Spaß machen als Autofahren.«
    Dinge, die mehr Spaß machen als Autofahren und Fernsehen? – Ohne die Deutschen! Im Jahr der Kanzlerinitiative startet die TV-Klamotte Zwei himmlische Töchter mit Iris Berben und Ingrid Steeger sowie die Krimiserie Starsky und Hutch. Beides Riesenerfolge. Der TV-freie Tag ist ein Rohrkrepierer.
    Wahrscheinlich waren Schmidts TV-Alternativen das Problem: Man solle doch ruhig mal wieder »Mensch ärgere dich nicht« spielen, schlägt der Kanzler vor.

Als Helmut Schmidt einmal …
    … mit VWs und Opels mobilmachen wollte
    30. Oktober 1971. Verteidigungsminister Schmidt hält einen Vortrag zum Thema »Die Sicherheit Europas«.
    Die ist im Wesentlichen stabil. Im Gegensatz zur deutschen Seelenlage im Hinblick auf das Auto, wie sich herausstellt, als Schmidt nach einigem Dahinplätschern folgenden Satz sagt: »Wir werden übrigens im nächsten Jahr irgendwo eine Mobilmachungsübung machen, in der auch die zivilen Pkw, wie sie hier draußen stehen, eingezogen werden, um zu sehen, ob das überhaupt funktioniert.«
    VWs, Opels oder gar Porsche 911er für die Bundeswehr? Staatsbürger in Uniform und im Ford Capri an die Front, um die Russen aufzuhalten? Über Schmidt bricht eine Protestwelle herein.
    Bürger fragen: Darf man jetzt mit seinem Opel Rekord überhaupt in den Herbsturlaub fahren? Werden Soldaten mit dreckigen Stiefeln den schönen Innenteppich des fabrikneuen VW K70 ruinieren?
    Die Mobilmachungsübung (Mob genannt) existiert wirklich – auch das Einziehen von Fahrzeugen soll 1972 geprobt werden, aber »regional begrenzt« und vor allem mit Lkws.
    Das steht im Weißbuch der Bundeswehr, einer Art Almanach der Truppe, ist aber erst jetzt, durch die Betonung Schmidts und entsprechende mediale Verstärkung (Bild- Zeitung), zu einer Angststörung der Deutschen gereift. Die Pressesprecher des Verteidigungsministers brauchen Tage, um die Lage wieder zu beruhigen.
    Schmidt, zu diesem Zeitpunkt Deutschlands beliebtester Politiker, nimmt die Sache mit der ihm nachgesagten Bescheidenheit: »Ich kann ruhig mal ’nen Minuspunkt gebrauchen.«

Als Helmut Schmidt einmal …
    … bei den Beatles Musik machte
    Vielleicht dachten ja einige Bewohner der Abbey-Road kurz vor Weihnachten 1981, die Rest-Beatles seien zurück in ihrem Heimatstudio – obwohl John Lennon erst ein Jahr tot war.
    Statt Paul mit George und Ringo kommt jedoch Helmut mit Christoph und Justus: Helmut Schmidt war vorgefahren, um mit Justus Eschenbach und Christoph Frantz Mozarts F-Dur-Konzert für drei Klaviere und Orchester (Köchelverzeichnis 242) einzuspielen. Die Entourage ist der eines Popstars angemessen: Schmidt kommt, zuvor im Luftwaffen-Learjet angereist, mit fünfzehn Begleitern und Leibwächtern.
    Schmidt spielt samt sechzigköpfigem Orchester das Werk innerhalb von sechs Stunden ein – und braucht damit auch nicht länger als ein Profi.
    Die BBC, die den Tastenmann Schmidt bei der Arbeit gefilmt hat, verkauft das Material anschließend in vierundsechzig Länder.
    Nur in Deutschland wird gemäkelt: Der Spiegel vermutet hinter der Klavieraktion einen Trick Schmidts, um von seinem bröckelnden Image als Macher abzulenken und sich als »Musenjünger« zu präsentieren. Und in der Tat: Kurz darauf, im Jahre 1982, fällt die sozialliberale Koalition ins finale Koma.
    Es ist das letzte Mal, dass Schmidt als Kanzler unterm Weihnachtsbaum und am Klavier sitzt. Nächstes Jahr ist schon Kohl Kanzler, dessen Ehefrau Hannelore gern die Heimorgel bedient.

Als Helmut Schmidt einmal …
    … mit Karl May die Wahl gewann
    Herbst 1980. Die Bundestagswahl steht ins Haus. Helmut Schmidt tourt über die Marktplätze und durch die großen Hallen, um Deutschland vor einem Unglück zu bewahren. Das Unglück heißt Franz Josef Strau ß
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